Warum man bei Force India die Erfolge von Sauber abwertet, worauf man diese zurückführt und wieso sich sogar McLaren vor den Schweizern in Acht nehmen muss
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Sauber ist weiter auf dem Vormarsch: Ganze 16 WM-Punkte spielten Nico Hülkenberg und Esteban Gutierrez in Suzuka ein. Da klingelt die Kasse in Hinwil, denn in der Konstrukteurs-WM hat man nun Toro Rosso endgültig abgehängt und macht nun Jagd auf Force India - und jeder Positionsgewinn sorgt dafür, dass Sauber nächstes Jahr ein größeres Kuchenstück von Bernie Ecclestones TV-Geldern kassiert. Dabei hatte sich die kleine Red-Bull-Truppe im Vorfeld des Japan-Grand-Prix noch im Vorteil gesehen, ging aber schließlich leer aus.
Jetzt zittert Force India vor dem Angriff der Schweizer. Nur noch 17 Punkte sind es, die man Guthaben auf das Team von Monisha Kaltenborn hat. Wenn Sauber so weitermacht, zieht man in zwei Rennen am indischen Rennstall mit Sitz in Silverstone vorbei - und in dieser Saison stehen noch vier Grands Prix auf dem Programm. Denn die Bilanz von Force India liest sich ernüchternd: In den vergangenen sieben Rennen holte man nur noch mickrige drei Punkte, bei Sauber waren es 39.
Pirelli durchkreuzte Force Indias Plan
Das Problem der Inder: Rund um das Silverstone-Rennen, als man noch hervorragend in Schuss war, entschied man, die Entwicklung für 2013 einzustellen und früher als die Konkurrenz die Konzentration auf 2014 zu legen - das Jahr der großen Reglement-Revolution. Mit dieser Strategie wollte man sicherstellen, dass man kommende Saison zu einem regelmäßigen Podestkandidaten aufsteigt.
Wähnte man sich in Silverstone also zu sehr in Sicherheit? Offensichtlich, die Hauptursache für die Fehleinschätzung dürfte aber der überraschende Wechsel von Pirelli auf die Vorjahres-Reifenkonstruktion gewesen sein, der durch die Reifenexplosionen beim Grand Prix von Großbritannien ausgelöst wurde. Dadurch war der Vorteil von Force India dahin, denn das Team von Vijay Mallya hatte sich bei den Wintertests so gut wie kaum ein anderes Team auf die neuen Pneus eingestellt.
Dazu kommt, dass bei Sauber just in dem Moment der Knoten platzte: Durch den Wechsel auf das alte Auspuffsystem und die neuen alten Pirelli-Pneus funktionierte der mutige C32, der bereits als Fehlkonstruktion abgetan wurde, plötzlich - Sauber mutierte wie bereits im Vorjahr zum Favoritenschreck.
Ärger wegen Pirellis Reifenwechsel
Force Indias Sportdirektor Otmar Szafnauer ärgert sich nun über die Verschiebung des Kräfteverhältnisses und hat die Reifen als Schuldigen ausgemacht. "Seit Pirelli die 2012er-Reifenkonstruktionen gebracht hat, läuft bei uns nichts mehr", erklärt er gegenüber 'auto motor und sport'. "Sauber hat davon profitiert. Bei uns leidet die ganze Aerodynamik."
Wie man die Situation noch drehen könnte? "Wir müssten unser Auto jetzt in den Windkanal stellen, um zu reagieren, doch das geht nicht mehr. Der Kanal ist mit dem 2014er Auto belegt". Force India hat sich dazu entschlossen, nicht von seinem Plan für 2014 abzurücken, schließlich könnte sich ein guter Start in die neue Formel-1-Ära auch in den Folgejahren auszahlen - dafür opfert man nun die Saison 2013.
Nicht ohne Verbitterung. "Es gibt kein Sauber-Wunder. Es gibt nur Pirelli", grollt Szafnauer gegenüber dem 'Blick'. "Das ist die ganze Erklärung für die momentane Situation." Er fühlt sich auf die falsche Fährte gelockt: "In Silverstone hieß es noch, dass die Reifenkonstruktion nicht gewechselt werde. Zwei Rennen später kehrte Pirelli mit den alten Mischungen zurück."
Sauber nun mit zwei Eisen im Feuer
Angst vor Sauber habe man aber "sicher keine", sagt Szafnauer. "Die müssen noch richtig beißen. In Japan profitierten sie ja auch von Hamiltons Ausfall." Der Blick auf die Entwicklung in der Konstrukteurs-WM müsste ihm allerdings zeigen, dass sein Team schon viel Glück oder einen Genieblitz bräuchte, um sich gegen Sauber wehren zu können.
Zumal Sauber durch die Fortschritte beim Auto nun kein Ein-Mann-Team mehr ist: Auch Rookie Gutierrez, der nun viel mehr Vertrauen in den Boliden und in seine eigenen Fähigkeiten hat, kommt zu Saisonende immer besser in Schuss und sicherte sich in Japan seine ersten WM-Punkte der Saison.
Sogar McLaren in Reichweite
Teamchefin Kaltenborn mahnt ihr Team aber nun dazu an, aus Euphorie nicht die Konzentration zu verlieren: "Die Ergebnisse verleihen uns Zuversicht, wir sollten aber vorsichtig sein. Man weiß nie, wann ein anderes Team mit beiden Autos punktet. Da kann es ganz schnell gehen, dass uns ein Team wieder überholt, das wir derzeit hinter uns haben. Wir dürfen uns keine Fehler erlauben, sondern müssen alles tun, damit es so gut weiterläuft wie zuletzt."
Wenn der Plan der Österreicherin aufgeht, dann sollte man sich sogar in Woking warm anziehen. Vier Saisonrennen vor Schluss fehlen Sauber 38 WM-Punkte auf das fünftplatzierte McLaren-Team. Bei den vergangenen zwei Rennen musste man sich mit einstelligen Punktesummen zufrieden geben - ein Armutszeugnis für das einstige Topteam. Sauber holte in Südkorea und Japan zwölf sowie 14 Zähler - hält der Trend an, könnte die finanzschwache Schweizer Truppe noch die große Sensation schaffen und zum Riesentöter werden.