Der Rosberg-Berater ist beeindruckt, dass sein Schützling sich dagegen entschied, bei Mercedes Kasse zu machen - Sein Alter mache eine Rückkehr wahrscheinlicher
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Gerhard Berger kann sich vorstellen, dass der zurückgetretene Formel-1-Weltmeister Nico Rosberg eines Tages als Aktiver in die Königsklasse zurückkehrt. Der Österreicher, der seinen hinfälligen Mercedes-Vertrag aushandelte, sieht ihm als Familienvater die Decke auf den Kopf fallen. Bei 'ServusTV' meint Berger: "Kann sein, dass es in zwei oder drei Jahren so weit ist, dass er sagt: 'Ich möchte nicht mehr zu Hause sitzen.' Ich könnte mir vorstellen, dass er irgendwann schwach wird."
Die karrieretechnische Vollbremsung ist mit Überzeugung und Willenskraft verbunden. Ihm selbst sei es ähnlich gegangen, als er den Helm an den Nagel gehängt hätte - nicht nur am ersten Tag als Frührentner, sondern immer wieder. "Wenn man Spitzensportler und so intensiv in seiner Welt ist, ist es unheimlich schwierig, aus ihr herauszutreten", weiß Berger. "Es hält an und kommt immer in Wellen." Rosberg wäre nicht der erste Weltmeister, der aus dem Ruhestand ins Cockpit zurückkehrt.
Ein ähnliches Comeback wagten zuvor etwa Niki Lauda, Alan Jones, Alain Prost, Nigel Mansell und natürlich Michael Schumacher. Zwei von ihnen holten sich die Krone wieder, für die anderen verlief das Unterfangen aber weniger ruhmreich. "Bei Nico wird es besonders schwierig, weil er noch so jung ist", vergleicht Berger. "Wenn man ein gewisses Alter erreicht hat, wo es deshalb nicht mehr möglich ist, erledigt sich das eine oder andere. Wenn man 32 ist und sieht, wie Burschen mit 36 oder 37 rumfahren..."
Dann ist die Versuchung umso größer. Doch Nico Rosbergs Rücktritt sei einer, der von besonderer Willensstärke geprägt sei, eben weil er sich ins gemachte Nest hätte setzen können. "Es ist ein Zeichen einer ganz starken Persönlichkeit, wenn man so einen Vertrag über zwei Jahre mit einem Spitzenauto in der Tasche hat", sagt Berger. "Wenn du eine Verschnaufpause brauchst, hättest du eine ruhigere Saison einlegen, ein Jahr später wieder angreifen und das Geld mitnehmen können."
Doch Abkassieren und im Schongang durch die Formel 1 tuckern ist nicht Rosbergs Sache. Umso mehr Verständnis bringt Berger für den radikalen Schritt auf. "Man wird nicht zermürbt, aber man darf den ständigen Druck nicht vergessen", erklärt er über die Situation, sich das Team mit einem pfeilschnellen Stallgefährten wie Lewis Hamilton, der auf der Rennstrecke und im Teamduell keine Freunde kennt, zu teilen. "Körperliche und mentale Anstrengung, 120-prozentiger Einsatz", sagt Berger. "Da bleibt nichts für dich selbst, für die Familie oder für die Freunde übrig."
Nichtsdestotrotz war der Rücktritt für Berger eine Überraschung: "Ich habe einen halben Tag vorher eine SMS bekommen, in der er gesagt hat: 'Ich höre auf.' Da habe ich ein bisschen schmunzeln müssen. Ich habe gar nicht richtig gewusst, was ich mit der Nachricht anfangen sollte." Er zieht vor so viel Konsequenz den Hut und hat kein Verständnis dafür, dass Mercedes' Team-Aufsichtsrat Niki Lauda verstimmt reagierte. "Überhaupt nicht", winkt Berger ab und spielt auf den Abgang seines Landsmanns an: "Ich habe zu Niki gesagt: 'Du hast es noch schlimmer gemacht! Du hast mitten in der Saison nach dem Training aufgehört und gesagt, du wolltest nicht mehr im Kreis fahren!'"