Für Sebastian Vettel und Co. sind blaue Flaggen ein Segen, da sie das Überrunden enorm erleichtern - Für die kleinen Teams werden sie dagegen zur Qual
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Blaue Flaggen gehören für die kleinen Teams der Formel 1 zum Alltag. Sie fordern die langsamen Fahrzeuge auf, ein schnelleres Auto zur Überrundung vorbeizulassen. Für Teams wie Marussia und Caterham sind sie eine schwere Bürde, die den Kampf um die hinteren Plätze zusätzlich erschwert. "Wenn du blaue Flaggen bekommst, dann ist Überholen praktisch unmöglich. Das ist entscheidend für uns", erklärt Marussia-Pilot Max Chilton gegenüber 'Motorsport-Total.com'.
Sein Teamkollege Jules Bianchi stimmt ein: "Natürlich ist es schwierig. Der Tempounterschied zwischen uns und den Führenden ist recht groß. Deshalb ist es knifflig." Er versuche dennoch stets, sein Bestes zu geben, um nicht im Weg zu stehen: "Trotzdem darf man nicht sechs Sekunden verlieren, nur weil man die Führenden vorbeilässt. Man muss es so gut wie möglich machen, darf sie aber nicht übersehen", so der Franzose.
Erst am Sonntag hatten sich Jenson Button und Martin Whitmarsh nach dem Rennen am Nürburgring über das Verhalten der beiden Caterhams während einer Überrundung beschwert. Einer der Betroffenen, Giedo van der Garde, hält die Kritik für überzogen: "Natürlich verstehe ich, dass er sich manchmal beschwert, weil er etwas Zeit verliert. Andererseits muss man auch respektieren, dass auch wir um Positionen kämpfen." Er habe nicht das Gefühl gehabt, Button zu sehr aufgehalten zu haben, generell seien die Überrundungen im Rennen aus seiner Sicht unproblematisch abgelaufen, so der Caterham-Pilot.
Blaue Flaggen bestimmen Taktik
"Natürlich wären wir gern so schnell wie er, denn dann kämen wir erst gar nicht in die Verlegenheit, überrundet zu werden", gibt van der Garde zu bedenken. Unterstützung erhält er dabei auch von der direkten Konkurrenz: "Die Topteams müssen sich nicht damit befassen, aber wir können eine Strafe bekommen, wenn wir die Führenden aufhalten", stimmt Marussias Chilton dem Niederländer zu.
Die Problematik der blauen Flaggen gehe laut Chilton soweit, dass die kleinen Teams ihre Strategie völlig darauf abstimmen müssen: "Man muss so lange wie möglich so schnell wie möglich fahren, damit man nicht die blauen Flaggen bekommt. Die optimalen Zeitpunkte für einen Boxenstopp sind daher nicht, wenn wir sie eigentlich machen würden, sondern zu einem Zeitpunkt, mit dem wir so lange wie möglich keine blauen Flaggen gezeigt bekommen." Attackieren und verteidigen könne man während einer Überrundung nämlich nicht. Auf dem Nürburgring habe das Safety-Car geholfen, "denn wir wurden nur einmal überrundet", erinnert sich Chilton.
Die Tricks der Kleinen
Um etwas weniger Zeit zu verlieren, versucht der Brite, die Ideallinie bei der Überrundung nicht zu verlassen: "Man macht langsamer, damit die Führenden neben der Rennlinie überholen können, und damit gleichzeitig deine Reifen sauber bleiben." Trotzdem müsse man manchmal neben die Idealspur und sammle dadurch viel Gummi auf, das einen bei den nächsten beiden Bremszonen behindere, so Chilton. Außerdem gehe die Temperatur der Reifen dadurch in den Keller: "Es ist sehr schwierig, sie wieder auf Temperatur zu bekommen."
Wie viel Zeit man im Endeffekt durch die blauen Flaggen verliert, hängt für Chilton auch von der jeweiligen Rennstrecke ab: "Auf einigen Kursen ist es einfacher, aber ich weiß nicht warum. Auf anderen Strecken verliert man viel Zeit, sobald man blaue Flaggen gezeigt bekommt." Bei Straßenkursen sei der Zeitverlust besonders hoch, verrät der Marussia-Pilot: "Auf Strecken wie Barcelona und Spa geht man auf der Geraden nur kurz vom Gas. Schnelle und flüssige Strecken sind diesbezüglich einfacher als enge und kurvige."