Bottas: "Hätten eigentlich weiter vorn landen sollen"

, 16.03.2014

Williams zeigt sich nach Platz sechs für Valtteri Bottas in Melbourne zwar mit der eigenen Pace zufrieden, hadert aber etwas mit dem Rennverlauf

Williams ist so gut wie zurück in der Spitzengruppe der Formel 1, auch wenn das der sechste Platz von Valtteri Bottas beim Großen Preis von Australien nicht zwingend nahelegen würde. De facto hat der britische Traditionsrennstall aber durch das heutige Ergebnis bereits mehr Punkte geholt als im gesamten Jahr 2013. Während Williams vergangenes Jahr noch auf magere fünf WM-Zähler kam, holte man in Melbourne bereits derer acht - gleichzeitig das beste Karriereergebnis für Pilot Bottas.

Trotzdem wäre für Williams unter Umständen wohl mehr drin gewesen. Felipe Massa wurde direkt beim Start von Caterham-Fahrer Kamui Kobayashi abgeschossen, musste das Rennen daraufhin beenden. Teamkollege Bottas legte seinerseits eine bemerkenswerte Pace an den Tag und kämpfte sich bis hinter den fünftplatzierten Fernando Alonso vor. In Runde 10 leistete sich der Finne jedoch einen kleinen Fehler und berührte mit dem rechten Hinterrad die Mauer. Dadurch verlor er seinen Reifen, konnte sich aber an die Box retten und weiterfahren.

Glücklicherweise hatte die Aufhängung durch den Kuss mit der Streckenbegrenzung keinen großen Schaden davongetragen: "Mehr oder weniger, ja. Ich hatte ein bisschen mehr Untersteuern, aber das hat die Rundenzeit kaum beeinflusst", erklärt Bottas. Durch die selbstverschuldete Safety-Car-Phase konnte der 24-Jährige direkt wieder aufschließen und startete eine beachtliche Aufholjagd, die schließlich wieder auf Position sechs mündete. "Ich habe einfach versucht, mich wieder zurückzukämpfen und meinen Fehler so gut es ging wieder gutzumachen."

Wie ein Alptraum

"Wir müssen jetzt sehen, wie viel wir dadurch wirklich verloren haben, aber ich habe alles gegeben", meint Bottas. Dafür lobt die stellvertretende Teamchefin Claire Williams ihren Piloten: "Valtteri ist so ein sicherer Fahrer - so cool, entspannt und gefasst. Ich glaube, er hat heute über 20 Autos überholt, was echt phänomenal war." Trotz seiner persönlichen Formel-1-Bestleistung ist Bottas aber nicht vollends zufrieden: "Es ist wegen meiner Fehler nicht perfekt gelaufen. Wir hätten eigentlich weiter vorn landen sollen. Ich bin eigentlich happy, aber das stärkste Gefühl ist der Ärger über meinen Fehler. Ich war in dem Moment wirklich wütend auf mich selbst."

"Ich dachte, das muss doch wohl ein schlechter Traum sein, aber so war es leider nicht", hadert der Williams-Pilot weiter. "Dann habe ich gehofft, dass ich zumindest weitermachen kann, und das konnten wir zum Glück. Ich muss mich zusammenreißen, dass mir so etwas nicht wieder passiert." Wie viel mehr ohne jenen Fehler drin gewesen wäre, konnte Bottas kurz nach Rennschluss noch nicht abschätzen: "Ich habe die Resultate noch nicht wirklich gesehen, keine Ahnung, wie weit die anderen weg waren. Ich muss daraus lernen, und bin mir auch sicher, dass ich diese Art Fehler nicht noch einmal machen werde", erklärt er gegenüber 'Sky Sports F1'.

Trotz der guten Leistung konnte das Williams-Team seine Ziele für den Saisonauftakt nicht erreichen: "Unser Ziel war, zumindest mit einem Auto auf dem Podium zu landen. Aber auf jeden Fall beide Autos in den Punkten, das hatten wir angepeilt", so Bottas. Williams kann das bestätigen: "Heute hatten wir gehofft, ordentlich Punkte mit beiden Autos zu sammeln, und für Felipe war es so enttäuschend, dass er in der ersten Kurve bereits abgeschossen wurde. Aber Valtteri hat ein fantastisches Rennen abgeliefert."

Spritverbrauch kein Thema

Technik-Direktor Pat Symonds ist da geteilter Meinung: "Es war eine Achterbahnfahrt bei Valtteri. Er ist sehr schnell, aber ein kleiner Fehler hat uns eine Menge gekostet." Williams hatte schon am Samstag nicht alle Erwartungen erfüllen können, landete auf den Startplätzen neun und zehn. Hinzu kam eine Strafrückversetzung für Bottas von fünf Positionen. "Das Qualifying gestern war wirklich enttäuschend für uns alle. Hätten wir aber vergangene Saison zwei Autos in den Top 10 gehabt, hätte das anders ausgesehen", relativiert die Tochter von Teamchef Frank Williams.

Mit dem Spritverbrauch hatte die Mannschaft aus Grove keinerlei Probleme. "Nein, nicht wirklich", stellt Bottas klar, "wegen des Safety-Cars. So konnten wir ein bisschen Sprit sparen, dadurch konnte ich die ganze Zeit pushen." Zudem wurde die zusätzliche Einführungsrunde vor Rennstart bereits von der Renndistanz abgezogen, wodurch weiterer Kraftstoff eingespart werden konnte. Auch sonst habe die Runde keine Nachteile mit sich gebracht, erklärt Symonds: "Das war kein Problem. Die Temperaturen waren heute nicht allzu hoch. Wir haben solche Sachen in der Hitze von Bahrain natürlich getestet."

Felipe Massa ist seinerseits erst einmal bedient: "Ich bin natürlich sehr enttäuscht, schließlich hatte ich heute das Auto, um vielleicht das Podium zu erreichen. Aber der Unfall in Kurve 1 hat mein Rennen ruiniert. Ich hatte extra versucht, keinerlei Risiken beim Start einzugehen, wurde dann aber von Kobayashi, der zu spät bremste, abgeschossen. Ich hatte keine Chance, ihm noch irgendwie auszuweichen", klagt der Brasilianer, der sich seinen ersten Williams-Grand-Prix sicherlich anders vorgestellt hatte.

Viel gelernt

"Es ist wirklich sehr schade, aber es gibt eine Menge positiver Dinge, die das Team aus diesem Wochenende mitnehmen kann - gerade mit Blick auf die Pace und Zuverlässigkeit. Ich konzentriere mich nun auf das nächste Rennen, um dort hoffentlich ein starkes Resultat einzufahren", so Massa. Auch Bottas hat im Albert Park viel gelernt: "Ja, sehr viel. Diese ganzen Rennmodi oder etwa das Verteidigen und Angreifen. Wir haben viele Daten sammeln können, auch von den Reifen. Und auch für mich habe ich einiges gelernt, was die Fahrweise angeht - zum Beispiel, nicht gegen die Wand zu fahren (lacht; Anm. d. Red.)."

Die starke Performance des FW36 ist nicht zuletzt das Ergebnis einer positiven Entwicklung des Williams-Teams, die sich über viele Monate hingezogen hat. "Wir sind jetzt ein anderes Team, das Auto ist viel besser. Jeder gibt noch viel mehr Gas als zuvor, wir sind definitiv auf dem richtigen Weg", strahlt Bottas. "Wir haben jetzt schon fast doppelt so viele Punkte wie im vergangenen Jahr, die Jungs haben einfach einen fantastischen Job im Winter gemacht. Dafür danke ich jedem in der Fabrik und auch den Mercedes-Jungs aus Brixworth (die den Motor gebaut haben; Anm. d. Red.). Es wird eine gute Saison."

Claire Williams pflichtet ihm bei: "Es hat sich so viel getan bei uns - nicht nur im Winter, sondern auch über die vergangenen zwölf Monate hinweg. Als wir vor einem Jahr merkten, wo wir stehen, haben wir realisiert, dass wir einige generelle Veränderungen vornehmen müssen. Wir mussten unser Potenzial an Ingenieuren besser ausnutzen. Außerdem haben wir uns für Mercedes-Aggregate entschieden und Felipe Massa ins Team geholt, was echt fantastisch ist. Es war viel Arbeit, und ich hoffe, dass sich die in dieser Saison auszahlt."

Eine neue Denkweise

Doch nicht nur strukturell, sondern auch psychologisch ist das Team aus Grove 2014 ein anderes. "Ja, wir haben ebenso versucht, die Denkweise der Leute zu verändern", verdeutlicht Williams. "Es war ja nicht nur 2013 so durchwachsen, wir haben einige schlechte Saisons hinter uns, und das demoralisiert die Leute. Wir haben versucht, sie glauben zu machen, dass wir wieder Rennen gewinnen können. Da gab es eine große Veränderung."

Trotz alledem hat die stellvertretende Teamchefin während eines Rennens immer noch Schweiß auf der Stirn: "Man ist immer ein bisschen nervös, wenn man seine Autos da rumfahren sieht, weil du einfach keine Kontrolle über sie hast. Immer, wenn du deinen Fahrer hinter jemandem rausziehen siehst (zum Überholen; Anm. d. Red.), dann hoffst du einfach, dass er heil vorbeikommt." Das hat Bottas heute optimal gelöst. Der Finne blickt nun nach vorn: "Wir haben immer noch 18 Rennen, um uns zu beweisen." Die nächste Chance wartet schon in zwei Wochen in Malaysia.

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