Boullier: "Wahre Hackordnung sehen wir ab Barcelona"

, 01.03.2014

Nach seinem kurzfristigen Wechsel von Lotus zu McLaren spricht Eric Boullier über seine Aufgabe bei den Briten und die Ziele für die Saison 2014

McLaren geht nach einer mäßigen Formel-1-Saison 2013 mit veränderten Strukturen in das neue Jahr in der Königsklasse. Nachdem Ron Dennis das Ruder des Rennteams wieder an sich gerissen hatte, musste der bisherige Teamchef Martin Whitmarsh gehen. Seinen Posten erhielt Ex-Lotus-Rennleiter Eric Boullier, der sich nun zwar nicht mehr Teamchef nennen darf, aber als Renndirektor von McLaren weiterhin die Verantwortung an der Boxenmauer tragen wird.

"Ich mache zu 100 Prozent den gleichen Job wie bei Lotus, nur der Titel ist ein anderer", erklärt Boullier im Interview mit 'Formula1.com'. "Wir haben das mit Ron Dennis diskutiert. Der Titel Teamchef ist nicht mehr zeitgemäß, er stammt aus früheren Tagen. Das war eben damals der Teamgründer oder Teameigner. Heutzutage sind Formel-1-Mannschaften große Organisationen." Und in einer solchen Struktur könne es mit einem "Alleinherrscher" nicht mehr funktionieren.

"Ich werde an 19 Rennwochenenden und an allen Testtagen nicht in Woking sein. Dann kann ich den Job nicht allein umfassend erledigen. Daher teile ich mir die Arbeit mit Jonathan Neale. Er macht die Bereiche IT, Recht und Finanzen und ich betreute das Racing und das Ingenieurswesen", schildert der Franzose die Arbeitsteilung bei McLaren. "An der Strecke arbeite ich also absolut so wie ein Teamchef. Wenn ich in Woking bin, dann kümmere ich mich um meine Bereiche."

Blick auf Renault: Da wundert sich der Fachmann

Boullier wechselte im Winter recht plötzlich von Enstone nach Woking. "Ron Dennis ist ein Charakterkopf, ohne Zweifel. Er ist ein Racer, ich bin ein Racer. Das passt zusammen, da ist die Basis", meint er. Aber nicht nur die gemeinsame Leidenschaft für den Rennsport sei ausschlaggebend gewesen. Boullier hatte sich in seiner Lotus-Zeit den Respekt erarbeitet, weil er mit bescheidenen Mitteln sportliche Erfolge realisieren konnte. "Vielleicht hilft es, wenn man diesbezüglich ein gewisses Talent hat", meint er.

Angesichts der aktuellen Geschehnisse bei den Testfahrten kann Boullier froh sein, den Wechsel vollzogen zu haben. Der neue McLaren MP4-29 läuft unter anderem Dank des guten Mercedes-Antriebs viel besser als der Lotus E22, der immer wieder vom fragilen Renault-Antrieb gestoppt wird. Schadenfreude beim Franzosen? Fehlanzeige. "Ich bin gewissermaßen enttäuscht, möchte das aber jetzt nicht kommentieren", sagt er diplomatisch.

"Lasst es mich von anderer Seite betrachten. Ich bin erstaunt über Mercedes - wie weit sie sind und wie tief sie jetzt schon ins Detail gehen", erklärt Boullier, ergänzt aber dann doch noch einige Worte zum Thema Renault: "Wenn man betrachtet, dass Renault solche Teams wie Red Bull und Lotus als Zugpferde hat und gleichzeitig einer der Initiatoren der Einführung der neuen Antriebe war, dann wundert sich doch jeder, in welcher Situation sich Renault nun befindet."

Die Partnerteams des französischen Herstellers gehen wegen der bislang geringen Laufleistung kaum als Favoriten in die ersten Rennen der Saison. "Zuverlässigkeit wird sicherlich eine Rolle spielen. Wir werden wohl in Melbourne einige Ausfälle erleben. Bei den ersten Überseerennen wird die Standfestigkeit zum entscheidenden Faktor. Ab dem Grand Prix in Barcelona werden wir erst die wahre Hackordnung sehen können", meint Boullier. Kämpferisch fügt er an: "Ich will Rennen gewinnen, mindestens eines."

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