Nico Hülkenberg steht auf der Wunschliste von Lotus-Teamchef Eric Boullier weit oben - Tausch Räikkönen gegen Alonso offenbar keine Variante
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Die Spatzen pfeifen seit Samstagabend von den Dächern, dass Kimi Räikkönen 2014 zu Ferrari zurückkehren wird. Zwar steht eine offizielle Bestätigung dafür noch aus, doch im Formel-1-Paddock wird längst nur noch darüber diskutiert, welche Kettenreaktion ein solcher Sensationscoup auf dem Transfermarkt nach sich ziehen könnte.
Denn wenn Räikkönen wirklich zu Ferrari geht, muss sich a) Felipe Massa eine neue Beschäftigung und b) Lotus einen neuen Fahrer suchen. Teamchef Eric Boullier glaubt zwar, dass "noch nichts unter Dach und Fach" ist, wie ihm Räikkönen versichert habe, aber der Franzose verlässt sich im Haifischbecken Formel 1 lieber nicht auf leere Worte: "Wir haben einen Plan B", bestätigt er auf Anfrage von 'Motorsport-Total.com'.
Und der heißt Nico Hülkenberg! "Nico hatte hier ein tolles Wochenende", eröffnet Boullier den Flirt mit dem Deutschen. "Wir wissen, dass er ein guter Fahrer ist. Ich kenne ihn seit langer Zeit, er ist wirklich schnell. Soweit ich weiß, steht Nico aber auch bei Ferrari auf der Liste." Tatsache ist: Hülkenberg-Manager Werner Heinz war sowohl in Ungarn wie auch in Belgien zu Gesprächen in der Lotus-Hospitality.
Hülkenberg punktet, Gegner schwächeln
Für Hülkenberg hätte das Timing seiner starken Performance beim Grand Prix von Italien (Dritter im Qualifying, Fünfter im Rennen) nicht besser sein können. Denn während seine direkten Konkurrenten auf dem Transfermarkt, Adrian Sutil und Paul di Resta, mit dem schwächelnden Force India keine Akzente setzen konnten, überraschte er ausgerechnet in der heißesten Phase der "Silly Season" mit seinem besten Saisonergebnis.
"Das Timing war nicht so schlecht. Ein gutes Resultat wie dieses ist immer willkommen und wichtig", lächelt Hülkenberg, der hinsichtlich seiner Zukunft "sehr entspannt" ist: "Ich habe hier einen ordentlichen Job gemacht. Ich habe 100 Prozent erzielt, mehr kann ich nicht tun. Auch im Vorjahr war meine Leistung konstant gut. Mehr Einfluss habe ich darauf nicht. Die Entscheidungen liegen nicht in meiner Hand."
Sondern in der von Räikkönen. "Kimi ist in der Situation, dass er entscheiden kann", gibt Boullier zu. "Bei uns weiß er, was er hat. Wenn er das Team wechselt, dann weiß er nicht genau, was er bekommt." Auf jeden Fall Fernando Alonso und Santander als Widersacher im internen Ferrari-Machtkampf, aber vermutlich auch ein schnelleres Auto. Denn ob Lotus 2014 konkurrenzfähig sein wird, ist angesichts der finanziellen Probleme ungewiss.
Kann Boullier Räikkönens Forderungen erfüllen?
Daher verlangt Räikkönen Garantien von Boullier, die dieser bisher nicht zusagen konnte. Vor allem geht es um finanzielles Engagement seitens des möglichen Investors Infinity, der bereits vor Wochen offiziell bekannt gegeben wurde, die entsprechenden Verträge aber immer noch nicht unterzeichnet hat. "Ich denke, dass man vor Singapur mehr erfahren wird. Da wird wohl eine Entscheidung fallen", meint Boullier.
"Wir müssen Kimi darlegen, wie wir uns in Zukunft aufstellen und wie wir seine Vorstellungen erfüllen können. Das ist meine Aufgabe", erklärt er. "Dann schauen wir mal, ob es dem entspricht, was er möchte, und ob er das damit erreichen kann, was er sich vorstellt. Dann gibt es eine Entscheidung. Wir wollen auch unsere Bindung zu Renault stärken. Das ist aus technischer Sicht wichtig, könnte aber auch finanziell wichtig werden. Das spielt mit rein."
Selbst wenn Räikkönen längst weg sein sollte, hat die finanzielle Absicherung für Boullier Priorität: "Wir arbeiten hart daran, dass Team finanziell langfristig abzusichern. Es liegt zuallererst einmal in meiner Verantwortung, dafür zu sorgen, dass wir das Team auf dem Stand halten können, auf dem es nun ist. Selbst wenn ich dadurch dann nicht freie Hand bei der Fahrerwahl habe, geht das immer vor", sagt er.
Tausch Räikkönen gegen Alonso?
Erst danach soll die Frage nach dem Räikkönen-Nachfolger geklärt werden. Die wilde Spekulation, wonach Alonso im Tausch erneut zum ehemaligen Benetton-Team zurückkehren könnte, verweist Boullier übrigens lachend ins Reich der Fabeln: "Davon habe ich nun wirklich noch nie gehört! Ich wäre glücklich, Kimi zu behalten." Aber: "Wenn Kimi zu Ferrari geht und Fernando bei uns anfragt, warum nicht?"
Realistischer ist: Sollte Räikkönen gehen, kommt Hülkenberg - und bleibt Romain Grosjean. Auf die Frage von 'Motorsport-Total.com', ob es dessen Chancen auf einen Verbleib im Team erhöhe, wenn Räikkönen zu Ferrari wechseln sollte, um 2014 Kontinuität zu gewährleisten, antwortet Boullier fest entschlossen: "Ist doch logisch! Dann kann es für Romain einfacher sein, bei uns zu bleiben."
"Es wäre schön, wenn wir schon in Singapur etwas verkünden könnten. Das ist auch durchaus realistisch", glaubt der 39-Jährige. Große Hektik verspürt er aber keine, was die Fahrerentscheidung angeht: "Wir können es in Ruhe angehen. Wenn einmal der zweite Platz bei Ferrari vergeben ist, dann sind wir anschließend wohl für alle Kandidaten die erste Adresse. Also können wir abwarten."