Ross Brawn erteilt Spekulationen über eine mögliche Rückkehr zu Ferrari eine Absage und erklärt, warum er 2013 nicht an den WM-Titel glaubt
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Nicht erst seit der Brandrede von Luca di Montezemolo nach dem Großen Preis in Ungarn ist bei Ferrari Feuer unter dem Dach. Nachdem der WM-Zug auch in dieser Saison ohne Ferrari abzufahren droht, steht vor allem Teamchef Stefano Domenicali in der Kritik. Erst in der vergangenen Woche musste sich Domenicali von seinem Boss via Zeitungsinterview vorwerfen lassen, er sei im Umgang mit den Mitarbeitern nicht hart genug und sei am Verlust von zwei WM-Titel zumindest mitschuldig.
Nachdem der Teamchef schon im vergangenen Winter auf der Kippe stand, schossen nach den jüngsten Äußerungen von di Montezemolo in italienischen Medien Spekulationen über eine mögliche Ablösung Domenicalis ins Kraut. Auch ein denkbarer Nachfolger wurde präsentiert: Ross Brawn. Doch der Mercedes-Teamchef winkt angesprochen auf eine mögliche Rückkehr nach Italien ab. "Offen gesagt: Ich habe niemals mit Ferrari über eine Rückkehr gesprochen", sagt Brawn der italienischen Sport-Tageszeitung 'Gazetta dello sport'.
Dabei ist diese Spekulation weniger weit hergeholt, als sie auf den ersten Blick erscheint, denn auch Brawn sitzt bei Mercedes nicht fest im Sattel. Gerüchte, der vor kurzem von McLaren gewechselte Paddy Lowe solle die Nachfolge Brawns antreten, halten sich hartnäckig. Brawn sieht den neuen Mitarbeiter aber nicht als Bedrohung an. "Ich bin bei Mercedes gut aufgehoben. Wir machen einen großartigen Job, und auch der Einstieg von Paddy Lowe ändert nichts an meiner Situation", so der Brite.
Von unüberlegten Personalentscheidungen rät Brawn seinem ehemaligen Team ab: "Eines der Erfolgsgeheimnisse im Rennsport lautet Stabilität. Wir von Mercedes sind jetzt wieder konkurrenzfähig, weil wir vor 18 Monaten mit der Arbeit begonnen haben." Zudem habe Ferrari mit James Allison, der ab September eine Doppelspitze mit dem bisher allein-verantwortlichen Technischen Direktor Pat Fry bildet, genau den richtigen Mann geholt. "Er ist erstklassig, verfügt über einen exzellenten Charakter und kommt mit allen gut zurecht", sagt Brawn. "Außerdem hat er schon für Ferrari gearbeitet und kann daher direkt einsteigen."
Trotz des jüngsten Erfolgs von Lewis Hamilton in Ungarn ist der WM-Titel für Brawn nach wie vor ein mittelfristiges Ziel "Für uns ist das ein Übergangsjahr, in dem wir mit Blick auf 2014 die richtigen Schritte unternehmen müssen." Wenn sich die Chance zum Titelgewinn tatsächlich ergeben sollte, wolle Mercedes diese zwar nutzen, aber laut Brawn dürfte dies "sehr schwierig werden, denn Red Bull ist konstant und Sebastian Vettel macht keine großen Fehler."
Vorwürfe von di Montezemolo, der die Erfolge von Mercedes in erster Linie dem geheimen Reifentest im Mai in Barcelona zuschreibt, lassen Brawn kalt: "Ich erinnere mich, dass wir gerade erst in Ungarn mit Reifen gewonnen haben, die wir vorher noch nie benutzt haben", erwidert der Teamchef, der dem Ferrari-Präsidenten seine Verbal-Attacke aber nicht über nimmt: "Ich weiß, wie enthusiastisch Luca ist und verstehe seinen Gefühlsausbruch."
Obwohl auch bei Mercedes die Vorbereitung für 2014 schon auf Hochtouren läuft, hat das Team auch für diese Saison noch einige Neuerungen auf Lager. So bestätigt Brawn, dass sein Team weiterhin an der Entwicklung eines Doppel-DRS arbeitet, welches zuletzt auch von Lotus eingesetzt worden war. Einen Termin für ein Renndebüt des passiven Systems steht aber noch nicht fest. "Wir sind noch in der Entwicklungsphase. Ehrlich gesagt weiß ich noch nicht, wann wir es einsetzen können", so Brawn.