Nach Saisonende wollte Teamchef Ross Brawn bekanntgeben, ob er bei Mercedes weitermacht - Die Entscheidung dürfte gegen die Silberpfeile ausgefallen sein
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Laut übereinstimmender Medienberichte wird Mercedes-Teamchef Ross Brawn im Laufe des heutigen Tages offiziell seinen Abschied verkünden. Der Brite hat dem Team am Mittwoch mitgeteilt, dass er sich aus Brackley zurückziehen wird, und hat gestern in der Fabrik der Silberpfeile seine Abschiedsrede gehalten. Bereits beim Saisonfinale in Sao Paulo hatte Brawn angekündigt, dass eine Bekanntgabe unmittelbar bevorstehe. Auf die Frage von 'Sky Sports F1', ob er 2014 öfter seinem Hobby, dem Angeln, frönen wird, meinte er: "Wir werden sehen. Wir werden jeden in Kürze aufklären. Aber es wird ein ziemlich aufregendes Jahr, deswegen müssen wir sehen, was passiert."
Der Aufsichtsrats-Vorsitzende von Mercedes, Niki Lauda, hatte lange versucht, Brawn doch noch an Bord zu halten. "Ich versuche alles, um ihn zu ermutigen und zu motivieren, dass er bleibt", sagte der Österreicher noch in Brasilien. "Ich möchte, dass er weitermacht, aber es ist nicht meine Entscheidung, es liegt an ihm. Wenn er bleibt, dann als Teamchef. Sonst kommt nichts in Frage - oder er zieht sich zurück."
Lowe und Wolff als neue Doppelspitze
Genau das ist nun der Fall. An seine Stelle tritt eine Doppelspitze aus Ex-McLaren-Technikchef Paddy Lowe, der für die Technik verantwortlich zeichnet, und dem geschäftsführenden Direktor Toto Wolff, der sich um die wirtschaftlichen Belange des Rennstalls kümmert. Das Engagement von Lowe wurde bereits im Frühjahr fixiert - daher ist nun kein Platz mehr für Brawn in Brackley, der aber zunächst um seinen Posten gekämpft hatte.
Schließlich erkannten Wolff und Lauda, wie wichtig Brawn als Identifikationsfigur für die Mannschaft in Brackley ist, die im vergangenen Jahrzehnt zahlreiche Besitzer- und Führungswechsel über sich ergehen lassen musste: In den 1990er-Jahren leitete Ex-Villeneuve-Manager Craig Pollock das BAR-Team, dann übernahm David Richards, der im Zuge der Honda-Übernahme wiederum von Nick Fry abgelöst wurde.
2008 wurde Brawn, der davor die Ferrari-Technikverantwortung trug, von den Japanern engagiert, um den erfolglosen Rennstall wieder auf Vordermann zu bringen. Er merkte rasch, dass mit dem nicht unter seiner Leitung entstandenen Auto nichts zu gewinnen war. Aus diesem Grund bündelte er alle Energien und konzentrierte diese auf die Reglementrevolution 2009.
Teamretter nimmt Auszeit
Honda zog trotzdem mit Saisonende 2008 den Stecker, Brawn rettete das Team und wurde sensationell mit Jenson Button Weltmeister. Eckpfeiler des Erfolgs war der geniale Doppeldiffusor, der dem Team einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz verlieh. Als Mercedes 2010 das Team übernahm, blieben trotz des Engagements von Rekord-Weltmeister Michael Schumacher die Erfolge aus, was Brawn dazu veranlasste, die Technikabteilung aufzustocken und das Team umzustrukturieren.
2012 bescherte Nico Rosberg dem Team den ersten Sieg, 2013 zeigte man sich vor allem im Qualifying deutlich erstarkt und gewann drei weitere Rennen. Der zweite Platz in der Konstrukteurs-WM sorgt nun doch noch für einen versöhnlichen Ausklang der Mercedes-Ära unter Brawn. Wie es mit ihm weitergeht, ist unklar. In den vergangenen Wochen wurde er mit Honda und Ferrari in Verbindung gebracht. Der 59-Jährige will aber zunächst eine Auszeit von der Formel 1 nehmen, ehe er sich neu orientiert. Dem Mercedes-Rennstall soll er in diesem Zeitraum als Berater zur Verfügung stehen, wenn sein Rat benötigt wird.