McLarens Rennleiter Eric Boullier erklärt, warum der MP4-30 nicht verbessert werden kann, solange es noch Probleme mit dem Antriebsstrang von Honda gibt
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Die Wintertests waren für McLaren-Honda ohne Frage ein echtes Debakel. Lediglich 1.751 Kilometer konnte das Team aus Woking zurücklegen. Selbst Force India absolvierte im Winter mit 3.114 Kilometern fast die doppelte Distanz - obwohl das finanziell angeschlagene Team den ersten Test in Jerez komplett auslassen musste. Zu allem Überfluss überschattete in Barcelona auch noch der mysteriöse Unfall von Fernando Alonso die ohnehin komplett desaströsen Tests.
Die größten Probleme bereitete dabei der Antriebsstrang des neuen Motorenpartners Honda. "Es gibt (bei den Tests; Anm. d. Red.) leider eine bestimmte Reihenfolge und bis der Antrieb nicht funktioniert, können wir auch das Auto nicht weiterentwickeln", erklärt Rennleiter Eric Boullier gegenüber 'Autosport'. Während die anderen Teams in Barcelona bereits neue Teile für ihre Boliden testen konnten, musste McLaren den MP4-30 also überhaupt erst einmal ans Laufen bekommen.
"Es stimmt, dass wir neben dem Motor noch einige weitere Probleme mit der Zuverlässigkeit haben", räumt Boullier ein und erklärt: "Weil wir nicht genug Kilometer gesammelt haben, können wir nicht behaupten, dass wir alle Probleme, die das Chassis betreffen, bereits entdeckt haben." Folglich müsste es bei den ersten Rennen der neuen Saison das Ziel für McLaren sein, bereits in den Trainings so viele Kilometer wie möglich abzuspulen.
Vier Antriebe eine "große Herausforderung"
Doch genau dort liegt ein weiteres Problem begraben. Denn im Jahr 2015 sind pro Saison nur noch vier Antriebsstränge pro Fahrer erlaubt. Wird eine beliebige fünfte Antriebskomponente verwendet, drohen Strafversetzungen in der Startaufstellung. Für McLaren und Honda eine gefährliche Zwickmühle: Verbraucht man bereits zu Saisonbeginn zu viele Teile zu Testzwecken, drohen in der zweiten Saisonhälfte reihenweise Strafen.
Auf der anderen Seite hat das Team aus Woking weitere Testzeit bitter nötig. "Wir bereiten uns mit Honda darauf vor, nur vier Antriebe pro Saison einzusetzen. Allerdings haben wir im vergangenen Jahr gesehen, dass es bereits mit fünf oder sechs große Schwierigkeiten gab. Vier werden also eine große Herausforderung sein", räumt Boullier ein, ergänzt jedoch: "Ich glaube aber nicht, dass das nur für uns gelten wird."
Tatsächlich ist das Bild der Testfahrten durchaus etwas verzerrt. Honda ist in dieser Saison der einzige neue Motorenhersteller in der Formel 1. Mercedes, Renault und Ferrari absolvierten ihr "Lernjahr" bereits 2014. Und da steht McLaren-Honda mit seinen 1.751 Kilometern tatsächlich gar nicht so schlecht da. Zum Vergleich: Red Bull, das im vergangenen Jahr immerhin drei Rennen gewinnen konnte, legte 2014 im Winter lediglich 1.707 Kilometer zurück - Also weniger als McLaren in diesem Jahr.
McLaren wie Phönix aus der Asche?
Trotzdem erscheint es unrealistisch, dass McLaren sich 2015 ähnlich steigern kann, wie es die Bullen vor einem Jahr schafften. Denn zum einen hatte Motorenhersteller Renault mit Red Bull, Toro Rosso, Lotus und Caterham damals gleich vier Kunden, also deutlich mehr Erfahrungswerte, auf denen man während der Saison aufbauen konnte. Honda bleiben in diesem Jahr hingegen lediglich die wenigen Daten, die man gemeinsam mit McLaren sammeln konnte.
Zum anderen waren die Voraussetzungen vor einem Jahr für alle drei Motorenhersteller gleich. Auch Mercedes und Ferrari mussten bei Null beginnen und diverse Kinderkrankheiten ausmerzen. In diesem Jahr verfügen alle Honda-Konkurrenten bereits über die Erfahrung von einer kompletten Saison, was sich bei den Tests auch in den Zahlen widerspiegelte. So gelangen Red Bull 2015 satte 4.352 Kilometer, also deutlich mehr als doppelt so viel wie noch im vergangenen Winter.
Selbst wenn Honda seine Schwierigkeiten also bald in den Griff bekommen sollte, würde man der Konkurrenz in Sachen Erfahrung noch immer klar hinterherhinken. In der Saison 2015 dürfte es für die Japaner und McLaren also in erster Linie darum gehen, eine gute Basis für die kommenden Jahre zu schaffen. Alles darüber hinaus wäre angesichts der momentanen Situation wohl eine faustdicke Überraschung.