Der McLaren-Pilot hatte bereits damit gerechnet, dass die "Chrompfeile" nicht in Topform sind - Auch bei Regen und mit leerem Tank hat er wenig Hoffnung
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Dass es früh am Wochenende schon Verlierer geben würde, war klar, bevor der Formel-1-Tross zum Saisonauftakt nach Melbourne reiste. Dass es aber die McLaren-Truppe treffen würde, kommt zumindest für Außenstehende überraschend. Jenson Button war als Elfter im Gesamtergebnis am Freitag 2,386 Sekunden hinter der Spitze zurück. Im Interview räumt ein frustrierter Ex-Weltmeister ein, dass sein Team bei den Wintertests nicht mit offenen Karten gespielt hat und nie auf Augenhöhe Red Bulls war.
Frage: "Jenson, wie war der Trainingsauftakt?"
Jenson Button: "Es war wie im vergangen Jahr, nur langsamer. Was mein Gefühl angeht - und es ist sicher nicht gut - bezüglich des Grips auf der Vorderachse angeht, sind wir nicht weit ab vom Schuss. Das ist trotzdem das größte Problem. Wir müssen daran arbeiten, um herauszufinden, warum sich das Auto in der Form befindet. Die kürzeren Stints waren nicht perfekt, keine Frage. Wir sind zwei beziehungsweise 2,4 Sekunden von der Spitze entfernt, aber ich wäre überrascht, ich wäre glücklich, morgen unter den Top 10 zu sein."
"Heute war nicht der beste Tag, aber mit einer langen Nacht und der Arbeit mit dem Datenmaterial können wir sicherstellen, dass das Auto das tut, was es tun soll. Wir können etwas finden, Verbesserungen für Samstag erreichen. Der dritte Qualifyingabschnitt wird aber eine hohe Hürde. Es ist derzeit nicht einfach, aber es ist mehr drin."
Trugschluss Barcelona
Frage: "Glaubst du wirklich, dass es so schlecht aussieht?"
Button: "Ich bin der Meinung, dass noch eine Menge Arbeit zu erledigen ist. Das entspricht nicht dem, wie wir uns den Saisonstart ausgemalt hatten. Aber noch ist nichts verloren: Wir sind gut darin, die Dinge auf den Kopf zu stellen. Es war schwierig, ja, aber so schlimm ist es auch wieder nicht. Wir müssen das Datenmaterial analysieren, das wird helfen, zu verstehen, wo wir stehen und was wir zu tun haben."
Frage: "Würdest du sagen, die Dinge sind nicht nach Plan gelaufen?"
Button: "Was ist schon ein Plan? Man hofft immer, ein schnelles und konkurrenzfähiges Auto zu haben. Der Wagen selbst - in Abtrieb - ich weiß nicht, wo die anderen stehen. Aber wir müssen etwas unternehmen. Es ist aber nicht das einzige Problem."
Frage: "Bist du überrascht?"
Button: "Ich habe beim Abschlusstest in Barcelona nicht geglaubt, dass wir konkurrenzfähig wären. Wir können noch hier das Auto stark verbessern. Egal, wo man in der Startaufstellung steht, man will Fortschritte und mehr Grip. Wir brauchen mehr davon. Wir können uns mit diesem Auto besser schlagen, als wir es heute getan haben."
"Es wird eine lange Nacht"
"Natürlich hofft man immer, wenn es zum ersten Rennen geht. Es ist wärmer, das Blatt könnte sich plötzlich zu unseren Gunsten wenden. Im Moment ist das nicht passiert. Das Auto fährt sich deutlich schlechter, als wir das erwartet haben, auch Martin (Whitmarsh, McLaren-Teamchef, Anm. d. Red.) hat das bereits eingeräumt. In einem Formel-1-Auto ist ruhige Straßenlage so wichtig. Wenn das Auto rutscht, funktioniert der Abtrieb nicht richtig."
Frage: "Nach der ersten Testbestzeit wurdet ihr noch zu den WM-Favoriten gezählt. Was ist denn danach passiert?"
Button: "Wir sind mit wenig Sprit gefahren."
Frage: "Im vergangenen Jahr habt ihr ein paar Last-Minute-Änderungen vorgenommen und wart dann doch noch bei der Musik dabei."
Button: "Damals hatten wir ein Setup, das wir so nicht geplant hatten. Am ersten Testtag waren wir auch schnell, aber das war eine Abstimmung, mit der man nicht ernsthaft arbeiten kann. Wir schauen jetzt, ob das Auto tut, was es tun soll, besonders bei Abtrieb und Aufhängung. Wenn ja, wird es eine lange Nacht."
Reifen konstanter als gedacht
Frage: "Was war aus Fahrersicht das Hauptproblem?"
Button: "Man will immer mehr Grip im Motorsport, aber es gibt andere Probleme, die wir zu lösen haben, bevor wir anfangen, uns darüber den Kopf zu zerbrechen. Das Setup zählt dazu."
Frage: "Kannst du als Fahrer denn gar nichts ausrichten?"
Button: "Nein, wir sind weit weg von den Spitzenzeiten. 2,4 Sekunden auf Sebastian (Vettel, Anm. d. Red.). Er mag eine gute Runde hingelegt haben, ich vielleicht keine sehr gute."
Frage: "Könnte es mit weniger Sprit an Bord besser laufen?"
Button: "Nein, auch da haben wir noch Probleme. Egal, ob viel oder wenig Sprit."
Frage: "Welchen Eindruck von den Pirelli-Reifen hast du?"
Button: "Sie sind wesentlich konstanter, als wir gedacht haben. Wir dachten, sie würden nach einer Runde körnen, aber sie halten länger. Der superweiche Pneu ist empfindlich, aber nicht so, wie wir uns das ausgemalt hatten. Der mittlere Reifen ist sehr konstant. Es wird keine vier Boxenstopps geben, es läuft auf zwei oder drei hinaus."
Frage: "In Melbourne gilt es als wichtig, aus einer vorderen Startposition ins Rennen zu gehen. Darauf müsst ihr vielleicht verzichten."
Button: "Noch ist nicht gesagt, dass wir nicht unter den Top 10 stehen. Es soll morgen regnen und vielleicht klappt es ja besser."
2013 auf Topniveau
Frage: "Kannst du dir also vorstellen, dass der Wagen zumindest im Regen funktioniert?"
Button: "Ich weiß nicht, wie sich das Auto auf nasser Fahrbahn verhält. Aus irgendeinem Grund ist es hier gar nicht gut. Wir haben in Barcelona schon die ersten Signale in diese Richtung vernommen, aber hier ist die Fahrbahn viel unebener. Wir haben eine Menge verschiedener Dinge ausprobiert, hoffentlich finden wir etwas, was uns einen Schritt voranbringt."
Frage: "WM-Punkte wären schon ein gutes Ergebnis?"
Button: "Ja, wären sie, gemessen an dem, was wir heute gesehen haben. Klappt es nicht, muss man das Maximum aus dem herausholen, was man hat. Im Moment fühlt es sich genau so an. Aber in der Nacht gibt es Möglichkeiten, etwas zu unternehmen. Trotzdem ist das hart, wenn man aus einem Rennauto steigt, ist man immer emotional. Morgen bin ich erholt, wenn ich mich durch das Datenmaterial arbeite und finde hoffentlich etwas."
Frage: "Müsst ihr eure Erwartungen jetzt zurückschrauben?"
Button: "Sie waren doch gar nicht so hoch, als wir hier angekommen sind. In Barcelona hatte ich das Gefühl, ein vernünftiges Setup zu haben, aber bei den Rundenzeiten waren wir doch weit weg. Man könnte das an der reduzierten Fahrtzeit aufhängen, aber es gab diese Lücke. Die haben wir auch heute wieder gesehen, sogar noch etwas größer, als wir vermutet hatten. Wir haben aber noch nicht alles herausgeholt."