Der Red-Bull-Teamchef bezweifelt, dass Lewis Hamilton und Nico Rosberg langfristig noch Teamkollegen sein können - Teamorder sollte dennoch kein Thema sein
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Welche Konsequenzen hat der neuerliche Mercedes-Crash von Spielberg? Nachdem die beiden Piloten Nico Rosberg und Lewis Hamilton beim Grand Prix von Österreich am vergangenen Wochenende erneut für Silber-Schrott sorgten, platzte den Verantwortlichen der Kragen. Teamboss Toto Wolff und Aufsichtsratschef Niki Lauda kündigten an, Maßnahmen zu treffen, um weitere Kollisionen künftig zu vermeiden. "Wenn die beiden es nicht begreifen, dass sie sich nicht ins Auto fahren sollen, werden wir für sie nachdenken müssen", so die unmissverständliche Ansage Wolffs.
Als erste Konsequenz steht in den kommenden Tagen ein klärendes Gespräch zwischen der Teamführung und den beiden Piloten an. Noch vor dem Großen Preis von Großbritannien am kommenden Wochenende in Silverstone werden die Mercedes-Bosse ihre Fahrer ins Gebet nehmen. Angenehm dürfte dieses Treffen weder für Rosberg noch für Hamilton werden - besonders Wolff war die Wut nach dem Spielberg-Vorfall deutlich anzumerken. Nachdem er durchklingen ließ, dass er die Hauptschuld am jüngsten Crash eher beim Deutschen sieht, darf der sich wohl auf einiges gefasst machen.
Noch offen ist, ob es tatsächlich zu einer Teamorder kommt, wie von dem Österreicher bereits angedroht. Mindestens genauso spannend ist allerdings die Frage, wie beide Piloten mittelfristig mit der erneuten Eskalation im Team umgehen. Nachdem es 2014 beim Belgien-Grand-Prix in Spa das erste Mal zwischen ihnen knallte und im Anschluss Rosberg von Wolff und Lauda offen als der Schuldige ausgemacht wurde, fiel der bis zu diesem Zeitpunkt in der Weltmeisterschaft führende Deutsche in ein Loch. In den folgenden Rennen wirkte er gehemmt, Hamilton zog in der WM-Wertung vorbei und gewann schließlich den Titel.
Konkurrenz verfolgt Entwicklung bei Mercedes gebannt
Passiert nun ähnliches, könnte Hamilton erneut der Profiteur des Teamkollegen-Crashs sein und bald schon die WM-Führung zum ersten Mal in dieser Saison übernehmen. Oder hält Rosberg trotz der offen angedrohten Konsequenzen weiter kompromisslos dagegen? - Dann allerdings droht die ohnehin kaum mehr zu kontrollierende Situation endgültig aus den Fugen zu geraten. Auch bei der Konkurrenz der Silbernen verfolgt man die Entwicklung gebannt und macht sich seine Gedanken.
Red-Bull-Teamchef Christian Horner ist der Meinung, dass der Deckel bei Mercedes nur noch schwer auf den Topf zu bekommen ist: "Es ist natürlich schwierig. So sehr die Jungs auch betonen, was für Teamplayer sie sind, am Ende fahren sie für sich selbst und es geht dabei um den größten Preis im Motorsport", so der Engländer. Und so spricht er mit Blick auf die langfristigen Konsequenzen das aus, was am Sonntag viele im Fahrerlager in Österreich dachten: "Mercedes muss sich überlegen, wie sinnvoll es ist, längerfristig mit dieser Fahrerpaarung als Team zusammenzuarbeiten."
Pikant ist diese Aussage insbesondere für Rosberg, der mitten in den Verhandlungen über eine Verlängerung seines Vertrags mit den Mercedes-Bossen steht. Vor dem Spielberg-Wochenende hieß es allerorts, dass man kurz vor einer Einigung stünde und der 31-Jährige wohl auch in den kommenden beiden Jahren im Silberpfeil um den WM-Titel fahren würde. Gilt dies nun auch nach dem Desaster vom Red-Bull-Ring noch - oder denken nun auch Wolff und Lauda über die von Horner angesprochenen Konsequenzen nach?
Nach Spielberg: Ist Rosbergs Verhandlungsposition geschwächt?
Stärker wurde die Verhandlungsbasis für Rosberg und seinen Wortführer Gerhard Berger nach dem Österreich-Vorfall sicherlich nicht. Oder verliert der Deutsche allmählich selbst die Lust, nachdem er zum wiederholten Mal von seinen Chefs als Hauptschuldiger ausgemacht wurde. Dass er mit deren Meinung nicht konform geht, zeigte er bereits in Spielberg. "Auf der Innenseite war ich in der stärkeren Position", gab er sich nach dem Crash trotzig - und hatte wohl noch in bester Erinnerung, wie Wolff nach dem Kanada-Grand-Prix das harte Manöver Hamiltons in der ersten Kurve verteidigte: "Wenn du innen bist, diktierst du die Linie", sagte der Österreicher im Juni.
Man darf also gespannt sein, wie es bereits in den kommenden Tagen beim Weltmeisterschafts-Team weitergeht. Durch den dichtgedrängten Formel-1-Kalender 2016 kommt es noch in diesem Juli vor der Sommerpause zu drei weiteren Grands Prix mit jeder Menge Zündstoff.
Im Sinne der Fans und Zuschauer wäre es sicherlich, wenn Mercedes auf die angedrohte Stallregie verzichtet und die beiden WM-Führenden weiter frei fahren lässt, wie auch Horner findet: "Ich glaube, ihr Abstand zum Rest des Feldes ist groß genug. Warum sollten sie so etwas (Teamorder; Anm. d. Red.) also in Betracht ziehen? Für die Formel 1 ist es gut, zwei Teamkollegen zu haben, die vielleicht nicht die besten Freunde sind", so der Red-Bull-Boss abschließend.