Die stellvertretende Williams-Teamchefin erzählt unter anderem, was sie von ihrem Vater gelernt hat und warum sie keine weibliche Verstärkung braucht
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Auch wenn das Williams-Team in den fünf bisherigen Rennen noch keinen einzigen WM-Punkt einfahren konnte, ist die stellvertretende Teamchefin Claire Williams von ihrer neuen Position, die sie seit Mitte April diesen Jahres ausübt, begeistert: "Ich liebe meinen neuen Job. Ich bin so glücklich. Ich sage das jetzt schon länger, aber es ist wirklich wahr", schwärmt die 36-Jährige gegenüber 'Formula1.com'. Es sei auch deshalb etwas Besonderes, so die Britin, weil es nur wenig Teamchefs in der Formel 1 gibt: "Ein Teil davon zu sein ist erstaunlich", fügt sie hinzu.
Die Tochter von Teamchef Frank Williams betont vor allem die Aufgaben, die nach dem unglücklichen Saisonstart nicht nur auf sie zukommen: "Es gibt eine Menge zu lernen und eine Menge Verantwortung. Wir als Team stehen vielen Herausforderungen gegenüber", betont sie, "aber ich kann es kaum erwarten, diese anzugehen. Hoffentlich kann ich Eindruck hinterlassen, das Team verbessern und dabei helfen, uns voranzutreiben."
Die entscheide Sache, die sie von ihrem Vater gelernt habe, sei laut Williams "nach vorne zu schauen". Jeder, so sagt sie, kenne "die Mühe, die Frank in das Team gesteckt hat, um es zu dem zu machen, was es heute ist." Obwohl der letzte WM-Titel des einst so dominierenden Teams schon ein paar Jahre zurückliegt (Jaques Villeneuve in der Saison 1997), stellt sie das Lebenswerk ihres Vaters in den Vordergrund: "Er hat gestrampelt, er hat gekämpft, er hat sich aufgeopfert in so vielen Dingen in seinem Leben, um seinen Traum zu realisieren."
Williams möchte den Fußstapfen ihres Vaters folgen
Dabei hebt sie einen Leitsatz hervor, der ihr von ihrem Vater mit auf den Weg gegeben wurde: "Große Dinge passieren nicht, bevor man echte Anstrengungen daran setzt", sagt sie. Ihr Vater, so berichtet sie weiter, habe ihr beigebracht, "dass nichts einfach fällt, wenn du nicht bereit bist zu kämpfen und dich aufzuopfern. Eines Tages", so ist sich Williams sicher, "wirst du für deine harte Arbeit belohnt werden."
Die Frage, ob ihr der mächtige Vater geraten habe, sich weniger offen zu geben und mehr gegen den Strom zu schwimmen verneint sie mit dem Hinweis, dass "Frank sein Team immer beschützen musste. Ich möchte seinen Fußstapfen folgen um zu sehen, was das Beste im Interesse des Teams ist." Vielleicht, so Williams weiter, könne man sagen, "dass unterschiedliche Zeiten unterschiedliche Taktiken erfordern - das Ziel ist jedoch immer das gleiche."
Trotzdem sei der Weg und die jetzige Position im Team für sie alles andere als vorgezeichnet gewesen, wie Williams betont: "Ich bin in ein katholischen Mädcheninternat gegangen. Ich habe deswegen die meiste Zeit gebetet, keine Nonne zu werden. Es ist nicht passiert." In der Welt, in der sie aufgewachsen ist und von ihrer Erziehung her war es laut Williams "für Frauen üblicher, einfach zu heiraten und Kinder zu bekommen" - und keine Teamchefin eines Formel-1-Rennstalls zu werden.
Mit der Formel 1 aufgewachsen
Was ist der Aufgabenbereich der ehemaligen Pressesprecherin und Marketingchefin des britischen Teams? "Meine Rolle", beschreibt Williams, "deckt das alles ab. Ich mache immer noch die kommerzielle Seite des Business, versuche das Geld zusammenzubekommen, sodass das Team an den Rennen teilnehmen kann." Auch auf der Sponsorenseite ist sie weiterhin tätig.
Die Britin mache aber, wie sie betont "dann natürlich auch alles andere, was die anderen Teamchefs im Fahrerlager machen": "Ich arbeite sehr eng mit unserem Technikdirektor Mike Coughlan zusammen um zu gewährleisten, dass die technische Seite alles hat, was sie benötigen, um den bestmöglichen Job zu machen." Auch die politische Seite lässt sie nicht außer Acht: Die Positionierung des Teams gegenüber der FIA, FOM und FOTA.
Auf die Frage, wie viel technisches Verständnis sie bei Diskussionen mit an den Tisch bringe, entgegnet Williams kurz und knapp: "Ich lerne gerade." Die Schwierigkeit bestünde darin "weil es eine neue Sprache ist". Es sei faszinierend und bei Weitem kein Neuland, so sagt sie, "denn ich habe das Glück, dass ich mit dem Sport aufgewachsen bin."
Williams lobt das Team und braucht keine weibliche Verstärkung
"Ich habe also viele Dinge aufgesogen ohne zu wissen, dass ich sie eines Tages benötigen würde", gibt sie schmunzelnd zu Protokoll und findet für ihre "Jungs", die für die Aerodynamik und die Strategie verantwortlich sind, ausschließlich lobende Worte: "Die sind so intelligent und clever. Ich werde vielleicht nie in der Lage sein, mit ihnen über diese Themen auf dem gleichen Level zu kommunizieren", gibt Williams zu und betont, dass es für sie deswegen unglaublich wichtig sei, "ein Teil davon zu sein und jedes Mal mehr Informationen zu inhalieren."
Bei den Rennen vertritt aber laut Williams ihr Vater weiterhin das Team bei Meetings: "Wenn Frank an der Rennstrecke ist, wird er hingehen. Wenn er nicht da ist, werde ich ihn vertreten." Für die Britin mache es aber kein Unterschied, dass es mit Saubers Monisha Kaltenborn bei Teamchefbesprechungen Verstärkung an der weiblichen Front gibt: "Ich arbeite in einer sehr männerdominierten Branche, sodass man über solche Dinge nicht nachdenkt", betont Williams und fügt hinzu: "Ich repräsentiere mein Team und es macht keinen Unterschied für mich, dass da noch eine andere Frau mit im Raum ist."