Adrian Sutil überzeugt beim Formel-1-Comeback, ist fit wie ein Turnschuh und tut sich nicht einmal mit den neuen Pirelli-Reifen sonderlich schwer
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Es ist so gut wie unmöglich, Testzeiten von außen (also ohne Kenntnis von Faktoren wie Benzinmenge, Setup und Testprogramm) zu beurteilen, aber das Comeback von Adrian Sutil heute in Barcelona wird von geschulten Beobachtern als durchschlagender Erfolg bezeichnet. Der Deutsche belegte mit einer Sekunde Rückstand auf Spitzenreiter Fernando Alonso den achten Platz unter elf Piloten, war aber vor allem um mehr als eine Sekunde schneller als Force-India-Stammpilot Paul di Resta an den vorangegangenen beiden Tagen. Auch körperlich konnten ihm die 78 Runden nichts anhaben.
"Es fühlt sich großartig an, wieder zurück zu sein", strahlt Sutil, der heute in Begleitung seiner Freundin zu seinem ehemaligen Arbeitgeber Force India zurückkehrte. "Es macht so viel Spaß und ich hätte nicht gedacht, dass ich es einmal so sehr vermissen würde." Den Renninstinkt habe er sowieso nie verloren: "Das bleibt dir, man denke nur an Kimi Räikkönen. Ich habe ja auch immer trainiert, weil ich mir sicher war, dass ich zurückkehren würde, und ich bin voll motiviert - gleichzeitig aber auch sehr entspannt."
Am frühen Morgen fand der 30-Jährige nur langsam einen Rhythmus, weil Pedale und Sitzposition noch optimiert werden mussten und er ein paar Mal nur für eine Runde auf die Strecke ging. Doch spätestens nach der Mittagspause lief das Uhrwerk wie geschmiert - und man konnte fast den Eindruck gewinnen, dass Sutil nie weg gewesen wäre. Sogar das Team ist das gleiche wie 2011: "Sie haben mir schon 2007 die Chance in der Formel 1 gegeben und ich bedanke mich für die Chance dieses Tests. Ich hoffe nur, dass es jetzt auch weitergeht."
Denn neben Sutil ist auch Jules Bianchi noch im Rennen um das zweite Stammcockpit - und der Franzose darf morgen testen. Um ein Shootout handelt es sich aber nicht: "Sie kennen mich ja", winkt Sutil ab. "Ich absolvierte heute ein gutes Programm, sogar auch mal mit wenig Benzin. Natürlich musste ich mich erst an die Reifen gewöhnen, aber das ist nur eine Frage der Zeit und kein ernsthaftes Problem, das Kopfschmerzen verursacht. Es war ein guter Tag und ich kann heute Nacht ruhig schlafen."
"Am Vormittag", schildert er sein Testprogramm, "arbeiteten wir an der Aerodynamik, als die Strecke noch kalt und grün war. Später arbeiteten wir an der Performance und an den Reifen. Dabei hatte ich Gelegenheit, die neuen Pirelli-Reifen auszuprobieren - für mich eine völlig neue Erfahrung. Am Nachmittag drehten wir einige Longruns und verwendeten auch den harten Reifen, der sich ganz anders verhält als der Soft und der Medium."
"Das Programm", ergänzt Chefingenieur Jakob Andreasen, "war dem der vorangegangenen Tage nicht unähnlich, mit Aero-Arbeit, Longruns und Performance-Arbeit auf den harten, mittleren und weichen Reifen. Für morgen ist die Wettervorhersage unsicher, aber wir werden unser technisches Programm so ausrichten, dass wir für alle Eventualitäten gewappnet sind." Was er damit andeutet, aber nicht sagt: Sutil fand heute ähnliche Rahmenbedingungen wie di Resta vor, war aber schneller.
Daher auch Sonderlob für den Deutschen: "Es ist lange her, dass Adrian mit dem Team gearbeitet hat, aber heute machte er es ganz toll, sich ans Auto zu gewöhnen, und er war von Anfang an schnell unterwegs. Sein Feedback war gut und es war interessant, die Gedanken eines Fahrers zu hören, der so lange nicht Formel 1 gefahren ist. Er ging mit seinen Kommentaren sehr ins Detail und zeigte uns einige gute Richtungen an."