Der Ferrari-Präsident verleiht dem Formel-1-Projekt eine patriotische und historische Note: Abgrenzung zum Fiat-Konzern, keine Internationalisierung um jeden Preis
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Ferrari, das heißt in Italien ein Stück lebende Geschichte, ein Stück automobile Religion. Genau diesen Geist versucht Luca di Montezemolo anlässlich der Präsentation des neuen Formel-1-Boliden, dem F138, zu verbreiten und erinnert an den unvergessenen Firmenvater Enzo Ferrari. "Wir müssen den Gründern danken, ganz besonders auch Gianni Agnelli. Er stand an unserer Seite, speziell in schwierigen Zeiten wie Anfang der neunziger Jahre", schwelgt der Präsident in Erinnerungen.
Di Montezemolo unterstreicht, wie viel ihm seine Arbeit bedeutet. Sie ist für den 65-Jährigen längst mehr als ein Job: "Es ist ein Privileg, hier zu sein", betont er. "Nicht nur, weil ich hier arbeite, sondern auch, wenn ich die alten Fotos von Enzo Ferrari und Gianni Agnelli sehe." John Elkann, den Enkel des Fiat-Gründers und heute Vorsitzender des Unternehmens, würdigt er besonders: "Ich habe so viele Bilder von ihm, damals war er noch dünner als heute und kam mit seinem Großvater an die Strecke."
Alt, aber nicht müde
Die Botschaft ist klar: Ferrari ist innerhalb der Fiat-Gruppe längst ein Weltkonzern, will sich aber seine Eigenständigkeit und Tradition bewahren. "Ferrari hat innerhalb des Konzerns seit der Zeit seiner Gründer große Freiheit und Unabhängigkeit genossen. Das Außenbild und die Positionierung auf dem Markt sind charakteristisch. Jede Firma innerhalb der Gruppe hat ihr eigenes Profil und ihren Platz", betont di Montezemolo. Elkann attestiert er eine "Ferrari-Leidenschaft" von Kindesbeinen an.
Und auch Fiat-Boss Sergio Marchionne sei Feuer und Flamme für die Marke mit dem springenden Pferd: "Er hat uns auch in schwierigen Zeiten unterstützt, er ist auch ein großer Fan. In einem Interview ist deutlich geworden, wie sehr er für Ferrari brennt." Und da ist der starke Mann in Turin nicht der einzige: "Ich komme jeden Tag gerne hierher, ich habe Ideen und ich will Ferrari voranbringen. Vielleicht werde ich alt, aber ich will noch immer Fortschritte erzielen", so di Montezemolo.
Längst ein Global Player
Doch mit Tradition alleine ist es nicht getan, Ferrari muss sich in einem globalen Umfeld präsentieren, um schwarze Zahlen zu schreiben. "Unsere Partner sind exzellent. Eine exzellente Firma muss mit exzellenten Unternehmen zusammenarbeiten", sagt die Montezemolo über die Sponsoren und Zulieferer. "Dank ihrer Unterstützung hoffen wir auf ein konkurrenzfähiges Auto. Unsere Partner sind auf der ganzen Welt und ich darf betonen, dass Ferrari heute in 60 Ländern der Welt präsent ist."
Die eigenen Wurzeln zu vernachlässigen kommt nicht infrage: "Deshalb wollten wir die italienische Flagge auf dem Auto haben, obwohl sich das Fenster zur Welt längst geöffnet hat", sagt di Montezemolo über drei Farben, die mehr als ein Designelement ganz vorne auf der Nasenspitze sein sollen. "Ferrari exportiert heute über 95 Prozent seiner Produktion, unsere Sponsoren kommen aus Russland, Spanien, den USA und erstmals aus China, dem für uns zweitwichtigsten Markt der Welt für uns", erklärt er.
Tradition betonen, Geld verdienen
Dennoch bleibt Patriotismus ein Stück Scuderia. "Wir sind auch stolz auf unsere Wurzeln in Maranello, in Modena und in ganz Italien. Ferrari ist ein großer Teil seiner Fähigkeiten, seines Glanzes und seiner Leidenschaft. Ein Land, auf das wir stolz sind", wird di Montezemolo pathetisch und erkennt Parallelen zum Formel-1-Projekt: "Wir dürfen nicht zurückschauen, wir müssen nach vorne blicken, wie schon Steve Jobs (Apple-Gründer, Anm. d. Red.) gesagt hat. Das gilt für unser Land."
Wieder betont er die Tradition, die bei der Mythosmarke mitschwingt: "Als ich aus Bologna hierhergefahren bin, habe ich mich an all die tollen Präsentationen erinnert, an die Zeit mit Enzo und Pierro Ferrari." Einen Meilenstein erkennt der Präsident im zweiten Jahr mit Michael Schumacher, als die Scuderia sich nach langer Krise zurück an die Spitze kämpfte: "Besonders 1997 war für mich wichtig. Seit diesem Jahr hat Ferrari mit zwei Ausnahmen bis zum letzten Rennen um den Titel gekämpft."
Sportliche Erfolge in der Formel 1 haben allen Beteuerungen bezüglich des Ferrari-Vermächtnisses zum Trotz auch eine wirtschaftliche Bedeutung: "Die Technologie trägt dazu bei, dass wir exzellente Autos bauen. Sie sind unser Kerngeschäft", sagt di Montezemolo über die Straßenmodelle, die die Kasse füllen. "Wir müssen eng zusammenarbeiten. Wir präsentieren in diesem Jahr erstmals den ersten Hybrid-Ferrari und wir haben KERS im Formel-1-Auto." Und eine italienische Flagge auf der Nase.