Der Ferrari-Präsident glaubt einen hochmotivierten Fernando Alonso - Teamchef Stefano Domenicali fordert einen besseren Auftakt und mehr Nervenstärke
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Bei keinem Formel-1-Team sind die Marke, das Image und die Tradition so wichtig wie bei Ferrari. Für Angestellte gibt es die Philosophie in üppigen Dosen vom Präsidenten höchstpersönlich eingetrichtert. Schließlich will Luca di Montezemolo in der Box keine Ego-Show erleben, sondern Teamplay. "Wenn wir einen neuen Fahrer engagieren, sage ich ihm immer: 'Du fährst nicht für dich selbst, du fährst für Ferrari.' Es braucht einen guten Geist in der Fabrik und zwischen den Piloten", so der 65-Jährige.
Entwickelt hat di Montezemolo diese Präferenzen, als er Siebzigern in Ferraris Formel-1-Projekt eingestiegen ist und Niki Lauda - seit jeher als Perfektionist und akribischer Arbeiter bekannt - kennengelernt hat. "Ich habe seitdem drei Prioritäten bei der Fahrerwahl: Erstens Schnelligkeit, zweitens Teamfähigkeit bei der Zusammenarbeit mit den Technikern, drittens Konstanz über eine Saison hinweg", stellt der Mann mit dem blauen Sakko den Kriterienkatalog auf. Fernando Alonso hat den offenbar erfüllt.
Starker Start wichtig
Schließlich setzt di Montezemolo große Hoffnungen in den spanischen Starpiloten. "Ich glaube, er wird motiviert sein und noch mehr Druck machen", blickt er voraus. "2010 hat er den Titel in einem unglaublichen Rennen in Abu Dhabi verloren, 2011 hatten wir alle zusammen keine gute Saison und 2012 hat er das Beste abgeliefert, was er in seiner Karriere zu bieten hatte." Drei Mal stand Alonso trotzdem mit leeren Händen da. "Ich habe es satt, auf der letzten Runde des letzten Rennens zu verlieren", so di Montezemolo.
Der Präsident glaubt, dem Doppelweltmeister mit dem F138 das richtige Arbeitsgerät in die Hand zu geben. "Hoffentlich haben wir die gleiche Zuverlässigkeit und die guten Starts, aber mehr Tempo im Rennen. Ich bin zuversichtlich, dass das gelingt", erklärt er und ist froh, dass Alonsos erstes Urteil äußerst positiv ausgefallen ist. Stefano Domenicali jedenfalls hat sich alle Mühe gegeben, um für einen schnellen Roten zu sorgen: "Dann können unsere Fahrer und unser Team den Unterschied machen", sagt er.
Der Teamchef hält einen starken Start in die Saison für unabdingbar. "Wir müssen vom ersten Moment an mental dazu bereit sein, mit großer Anspannung umzugehen. Wir wollen uns auf keinen Fall wieder 1,6 Sekunden hinter den Schnellsten abmühen", fordert Domenicali einen stärkeren Auftakt als 2012, gibt aber zu bedenken: "Es ist schwierig, nicht zu viel Zeit damit zu verschwenden, irgendwo anders hinzusehen. So hilft man nur der Konkurrenz. Stehen uns Überraschungen bevor, konzentrieren wir uns auf die Gründe, warum es welche sind."
Kein Heimvorteil bei der Entwicklung
Doch nicht nur Alonso haben die Verantwortlichen auf dem Zettel, auch den nach eigenen Angaben mental wiedererstarkten Felipe Massa trauen sie einiges zu. Di Montezemolo glaubt, dass der Brasilianer im vergangenen Sommer eine Trendwende eingeleitet hat: "Ich wünsche mir den Felipe, den wir in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres gesehen haben: Schnell, aggressiv und fest entschlossen, wichtige Punkte für das Team zu sammeln", stärkt der Präsident dem viel gescholtenen Massa den Rücken.
Di Montezemolo nennt es einen Nachteil, nicht den hauseigenen Windkanal zu benutzen, sondern in der Bauphase des neuen Hauptgebäues in Maranello nach Köln auszuweichen. Dennoch habe die Scuderia das Beste aus der Situation gemacht: "Wir haben aber die gute Entscheidung getroffen, die gesamte Arbeit an einem Ort zu konzentrieren", meint er über den Umzug in die Hallen des früheren Toyota-Werksteams.