Kann Ferrari Weltmeister Mercedes in der Formel-1-Saison 2015 ernsthaft gefährlich werden? Teamchef Toto Wolff und Co. haben die Italiener jedenfalls auf dem Zettel
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2014 war für Ferrari ohne Zweifel ein Jahr zum Vergessen. In der WM landete die Scuderia nur auf Rang vier, erstmals seit 1993 blieb man in einer kompletten Formel-1-Saison wieder ohne einen einzigen Sieg. In der neuen Saison soll alles besser werden. Sebastian Vettel soll das Gesicht eines Neuanfangs sein und passend dazu legte er an den ersten beiden Testtagen des Jahres in Jerez gleich einmal zwei Tagesbestzeiten hin.
Nun sollte man Testzeiten bekanntlich nicht überbewerten, ein bisschen beeindruckt haben Ferrari und Vettel die Konkurrenz mit dieser Leistung aber schon. Selbst bei Weltmeister Mercedes zieht man vor der Leistung der Roten den Hut. "Wenn man von den Testergebnissen ausgeht, dann hat Ferrari den größten Sprung nach vorne gemacht", erklärt Mercedes-Teamchef Toto Wolff gegenüber dem 'ORF'.
"An den Daten sehen wir, dass der Motor - insbesondere auf einer Runde - auf unserem Level ist", lautet Wolffs etwas überraschendes Fazit. Der Österreicher ist sich sicher: "Ferrari hat alles was es braucht: Einen neuen Fahrer, ein neues Management und all die finanziellen Ressourcen, die notwendig sind. Mit Ferrari ist (2015; Anm. d. Red.) also in jedem Fall zu rechnen."
Vettel als Identifikationsfigur
Denn mit Sebastian Vettel haben die Roten nicht nur einen neuen Fahrer, mit Maurizio Arrivabene hält in Maranello mittlerweile auch ein neuer Teamchef das Zepter in der Hand. Für Niki Lauda, zwischen 1974 und 1977 selbst für Ferrari aktiv, ist Vettel für das Team, und vor allem für die italienischen Fans, allerdings deutlich wichtiger als sein neuer Vorgesetzter.
"Die Italiener brauchen immer einen Fahrer, zu dem sie aufschauen können", erklärt der Aufsichtsratsvorsitzende des Mercedes-Teams gegenüber dem 'ORF' und ergänzt: "Sebastian ist in der gleichen Position wie Schumacher, der das früher gemacht hat. Er kommt dorthin und hat ein Standing für die ganzen Italiener."
"Er wird das Team nach vorne bringen", ist sich Lauda sicher, warnt allerdings: "Er kann aber nur Erfolg haben, wenn die Techniker ihm ein Auto hinstellen, das schnell genug ist. Wenn das Parallel zusammenpasst, dass das Auto wirklich stärker ist und sich im Jahr weiterentwickelt, dann hat der 'Vettel-Effekt' einen richtigen Zug drauf. Und ich bin überzeugt davon, dass Kimi (Räikkönen) durch Sebastian auch wieder voll mitgezogen wird."
"Es ist genau das Gleiche wie bei uns: Sie haben zwei Fahrer dort, die sich gegenseitig zu Höchstleistungen hochziehen können. Auf die muss man wirklich aufpassen", warnt Lauda die Silberpfeile. Ob Räikkönen durch Vettel alleine allerdings tatsächlich wieder an alte Leistungen anknüpfen kann, wird sich erst noch zeigen müssen. 2014 war der bis heute letzte Ferrari-Weltmeister seinem damaligen Teamkollegen Fernando Alonso klar unterlegen.
Duell zweier Ikonen?
Gegenüber 'F1i.com' zeigt sich Wolff jedenfalls "sehr glücklich, dass Ferrari (bei den Testfahrten) so eine Performance abgeliefert hat. Es ist wichtig für die Formel 1, dass Ferrari schnell und konkurrenzfähig ist." Eine Einschätzung, die auch Lewis Hamilton teilt. "Das rote Team ist legendär. Ferrari ist eine ikonische Marke, sie bauen großartige Autos", so der Weltmeister gegenüber 'Sport Bild'.
Der Brite ist sich sicher: "Sie sind unsere Haupt-Wettbewerber. Selbst dann, wenn sie erst mal nicht direkt hinter uns ins Ziel kommen. Sie sind einfach das andere legendäre Team neben Mercedes. Und nur zwei Teams haben diesen historischen Status überhaupt." Doch kommt es 2015 tatsächlich zum heißersehnten großen Duell dieser beiden Teams?
Obwohl Ferrari bei den Wintertests einen guten Eindruck hinterließ, scheint Mercedes die Karten auch 2015 wieder in der Hand zu haben. Die Roten müssen nach ihrer durchwachsenen Saison 2014 sowieso erst einmal wieder kleinere Brötchen backen. Denn in der Weltmeisterschaft platzierte sich zuletzt nicht nur Mercedes vor den Italienern, sondern auch Red Bull und das wiedererstarkte Williams-Team.
"Williams ist ein kleineres Team, aber hat eine richtig gute Mannschaft rund um Pat Symonds", weiß auch Wolff. Gegenüber dem 'ORF' erklärt er: "Auch die Fahrerpaarung stimmt. Felipe Massa ist motivierter denn je und mit dem jungen Valtteri Bottas haben sie einen richtigen Kracher mit dabei. Das Team wird auch sehr stark sein. Und Red Bull kann man natürlich nicht außer Acht lassen. Sie haben viermal die Weltmeisterschaft gewonnen."
Und so bleibt es abzuwarten, ob beziehungsweise wie sehr Ferrari die Hackordnung innerhalb der Formel 1 in der Saison 2015 durcheinanderwirbeln kann. Der Saisonauftakt in Melbourne wird bereits einen ersten Anhaltspunkt darauf geben, ob die Scuderia die guten Leistungen der Tests auch unter Wettbewerbsbedingungen wiederholen kann. Den leidgeprüften Tifosi wäre es sicherlich zu wünschen.