Sebastian Vettel und Adrian Newey ist beim Gedanken an das neue Reglement nicht wohl: Vettel fürchtet, dass der Reiz für Fahrer und Zuschauer verlorengehen könnte
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Der Wechsel von V8-Saugmotoren auf V6-Turbo-Triebwerke bedeutet für die Formel 1 den seit Jahren tiefsten Einschnitt ins Reglement. Einhergehend mit den neuen Rahmenbedingungen fürchten zahlreiche Piloten, dass die neuen Motoren einiges vom Fahrspaß, den sie in den vergangenen Jahren genießen durften, wegnehmen könnten.
"Ich bin schon ein bisschen traurig, denn mein erster Formel-1-Test ging noch mit einem V10 über die Bühne", blickt Weltmeister Sebastian Vettel auf den September 2005 zurück, als er in Jerez de la Frontera einen Williams-BMW testete und fügt an: "Ich erinnere mich an diesen Test. Ein Jahr später gab es dann den Wechsel zum V8." Bei seinem zweiten Formel-1-Test spürte der Deutsche "sofort den Unterschied", wie er bekennt.
Droht im Januar 2014 beim ersten Test mit dem V6 ein ähnliches Erwachen? Die Motorleistung der brandneuen Turbos soll im Bereich von 760 PS angesiedelt sein. Zum Vergleich: Der vor gut einer Woche beim Grand Prix von Brasilien in Rente geschickte RS27 von Renault wurde offiziell mit einer Leistung von 750 PS angegeben.
Vettel fürchtet Reizverlust
Vettel jedoch traut dem Braten nicht. "Ich kann nur hoffen, dass wir nicht zu viel Leistung verlieren. Es ist schon schade genug, dass wir bei den Drehzahlen Einschränkungen hinnehmen müssen." Mit dem Wechsel vom V8 auf den V6 wird das vom Reglement vorgeschriebene Drezahllimit von 18.000 Umdrehungen pro Minuten auf 15.000 herabgesetzt.
Neben einem spürbaren Leistungsverlust sorgt sich Vettel auch um den Sound der Königsklasse. Wehmütig denkt der inzwischen vierfache Weltmeister an seinen ersten Vor-Ort-Besuch der Formel 1 zurück: "Das war 1992 beim verregneten Freien Training in Hockenheim. Die Autos gingen nur für Installationsrunden auf die Strecke, doch allein den Sound zu hören, war unglaublich. Der Boden vibrierte förmlich. Das sind die ersten Erinnerungen, die ich habe."
"Ich hoffe nur, dass wir diesen Reiz in Zukunft nicht verlieren. Ich finde, die Autos müssen duften, die Autos müssen laut sein. Es muss einfach etwas geben, das man nicht vergisst", macht Vettel deutlich, dass ihm mit dem neuen technischen Reglement noch nicht so ganz wohl ist und unterstreicht dies nachhaltig: "Ich bin gespannt darauf, wie viele Motoren bei den ersten Testfahrten hochgehen werden."
Newey gesteht "Unruhe" und sieht die Teams spät dran
Auch Designgenie Adrian Newey blickt den ersten Testfahrten mit großer Spannung entgegen. "Aus unserer Sicht betrachtet befinden wir uns irgendwo zwischen sanfter Panik und Krisenmanagement", grinst der Red-Bull-Designer mit Verweis auf die Herausforderung, ein komplett neues Auto rund um den Renault-V6 inklusive seiner deutlich größer gewordenen Kühler zu bauen.
"Die Regeln für das kommende Jahr sind eine große Veränderung. Hier haben es mit einem hochkomplizierten Antriebsstrang zu tun. Das wird für viele Teams, unseres eingeschossen, eine große Herausforderung. Die Zuverlässigkeit könnte zu einem großen Problem werden. Abgesehen davon ist es alles andere als klar, wo die Performance der drei Motorenhersteller im direkten Vergleich angesiedelt sein wird." Neben Renault (Red Bull, Lotus, Toro Rosso und Caterham) bringen Ferrari (Ferrari, Sauber und Marussia) und Mercedes (Mercedes, McLaren, Force India und Williams) V6-Triebwerke an den Start.
Hinzu kommen die vorgeschriebenen Veränderungen auf dem Gebiet der Aerodynamik (tiefere Nase, schmalerer Frontflügel, Verbot des Beam-Wings am Heck). "So müssen wir leider bei Null anfangen", bedauert Newey und merkt an, dass man beim Seriensieger und -Titelträger Red Bull "nichts dagegen gehabt hätte, wenn es bei den alten Regularien geblieben wäre".
Hinsichtlich der Vorbereitung auf die neue Saison spricht der Red-Bull-Designer von "Unruhe", schließlich sei man "rund sechs Monate davon entfernt, für die neue Saison gerüstet zu sein". Das Auftaktrennen der Saison 2014 steht allerdings schon in etwas mehr als drei Monaten in Melbourne auf dem Plan. So hofft Newey, dass "wie so oft in der Formel 1 im letzten Moment doch noch alles fertig wird, wir werden sehen".