Ferrari wird gegen die Strafe von Hockenheim nicht berufen, an erklärenden Worten wurde nach dem Doppelsieg mit Platztausch aber nicht gespart.
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Es gab bei Ferrari nach dem Rennen am Hockenheimring viel zu reden, immerhin waren viele der Meinung, das Team hätte illegaler weise eine Stallregie angewendet. Die Scuderia sah das natürlich völlig anders. Teamchef Stefano Domenicali betonte, man habe Felipe Massa lediglich die Information gegeben, dass Fernando Alonso schneller sei als er. "Wir haben früher gesehen, dass bestimmte Situationen dem Team das bestmögliche Ergebnis vorenthalten können. Daher wollten wir ihm die Information geben und es den Fahrern überlassen, das zu verstehen. Sie sollten das bemerken, damit sie sicherstellen konnten, dass das Team global gesehen das Beste herausholt", sagte Domenicali, der für sich klarerweise keinerlei Teamorder erlebt hatte.
Daher sah der Teamchef auch keinerlei Parallelen zu Österreich 2002, als Rubens Barrichello klar gesagt wurde, er solle Michael Schumacher im Sinne der Weltmeisterschaft vorbeilassen. "Was wir ihm [Massa] heute gesagt haben, war eine Information über die Situation dahinter. Das haben wir heute gesagt", erklärte er. Dass dies ein offensichtlicher Hinweis war, dass Massa Alonso vorbeilassen soll, hatte er nicht so gesehen. "Das sagt ihr, ich sage das nicht. Ich kann nur wiederholen, was ich schon sagte. Dem kann man nichts hinzufügen. Je mehr Informationen oder Kommentare wir haben... es ändert die Situation nicht. Es ist wirklich schade, dass nach einer so tollen Leistung wie heute jeder auf diese Sache konzentriert ist", meinte Domenicali.
Es gibt keine Nummer 1
Er konnte nur betonen, dass die Interessen des Teams im Vordergrund stehen, daher war er mit dem Doppelsieg durch Alonso und Massa auch zufrieden. Ein wenig wurde die Freude aber auch bei ihm geschmälert, da es von außen doch Kritik gab. Er musste sich daher daran festhalten, dass es nach drei sehr schweren Grands Prix wieder bergauf gegangen war. Und obwohl Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo schon vor einiger Zeit gemeint hatte, man müsse voll auf Alonso setzen, sagte Domenicali, der Hockenheimring habe nicht darauf hingedeutet, dass es eine Nummer 1 im Team gibt. "Nein. Nein", meinte er dazu nur. Danach gefragt, warum man das glauben soll, erklärte er: "Ansonsten hätte ich ja gesagt."
Beide Fahrer dürfen laut Domenicali noch um die Weltmeisterschaft fahren. Ihm war es in Hockenheim nur darum gegangen, eine bestimmte Situation richtig zu lösen, das hatte er auch den Stewards gesagt. "Die Situation entstand dadurch, dass wir sicherstellen wollten, dass es keine schwierige Situation zwischen den Fahrern gibt. Das wollen wir. Das Team muss am besten dastehen", meinte er. Deswegen wollte er gegenüber Massa ein Jahr nach dessen Unfall in Ungarn auch kein schlechtes Gewissen haben. "Er verdient bald einen Sieg. Er hat gezeigt, dass er mithält und nächstes Mal möchte ich gerne den Sieg mit ihm teilen."
Entschuldigung war anders gemeint
Domenicali hatte auch eine Erklärung dafür, warum Massas Renningenieur Rob Smedley sich bei ihm am Funk entschuldigte, nachdem Alonso vorbeigegangen war. "Die Entschuldigung war nicht so gemeint... Man muss berücksichtigen, und kann das auch im früheren Funkverkehr nachlesen, dass Rob Smedley ein gutes Verhältnis zu Felipe hat. Das ist der Schlüssel ihres Erfolges. Er gab Felipe die Information, sah was passiert ist und freute sich nicht darüber, dass das Auto nicht so schnell war. Entschuldigung, dass es langsamer war als das andere", erzählte er. Und noch einmal versuchte er klarzustellen, warum Massa gesagt wurde, dass hinter ihm Alonso schneller war: "Das liegt im Interesse des Teams, damit keine schwierigen Situationen entstehen. Wir haben vor nicht allzu vielen Grands Prix gesehen, was bei anderen passiert ist, also wollen wir das vermeiden."
Die Entscheidung der Stewards will Ferrari nicht anfechten, die 100.000 Dollar Strafe werden also bezahlt. Domenicali betonte zudem, dass er darauf vertraut, dass der World Motor Sport Council die Fakten richtig einordnen wird. Massa selbst meinte zu der ganzen Sache, dass er immer gewinnen wolle und deswegen als Zweiter nicht glücklich war. "Ich weiß, das Team hat dieses Jahr schon zu viele Punkte liegen gelassen, also war es wichtig, das Maximum herauszuholen. Wir Fahrer müssen erst an das Interesse des Teams denken und das habe ich heute gezeigt. Nach meiner Ansicht war das keine Teamorder: mein Ingenieur informierte mich ständig darüber, was hinter mir los war, vor allem als ich auf den harten Reifen Probleme hatte", sagte der Brasilianer.
Bin ein Siegfahrer
Daher erklärte er in der Teamversion seiner Aussagen, dass er einfach den Doppelsieg absichern sollte und der letztendlich dann doch auch zustande kam. Nach seinem guten Start und der guten Pace auf den weichen Reifen machte er vor allem die Probleme mit den harten Gummis dafür verantwortlich, dass er Alonso nicht abhängen konnte. "Ich denke, heute habe ich gezeigt, dass ich ein Siegfahrer bin, wenn alles passt. Es wäre schön gewesen, weiter oben auf dem Podest zu stehen, aber ungeachtet dessen möchte ich dieses Ergebnis Fernando Marins widmen, ein Verwandter von mir, der Anfang der Woche verstorben ist."
Alonso blieb derweil die Feststellung, dass der Sieg ein wichtiger war und sich die Wochen harter Arbeit des Teams ausgezahlt hatten. "Rennen für Rennen erwiesen sich die Verbesserungen am F10 als effektiv, wodurch das Auto stärker wurde. Ich freue mich sehr, denn ein Sieg mit Ferrari ist ein besonderes Gefühl", sagte er. Sehr kritisch war es für Alonso beim Start, da Sebastian Vettel ihn nahe an die Mauer drückte, weil er den Spanier um keinen Preis vorbeigehen lassen wollte. "Das nutzte Felipe aus und kam an uns beiden vorbei. Danach wollte ich nahe an meinem Teamkollegen bleiben und kam vorbei, als er ein paar Probleme hatte", sagte Alonso.
Abgerechnet wird in Abu Dhabi
Der Spanier schwenkte dann auch gleich auf das Wording des Teams ein und meinte, dass Massa sicher nur an das Beste für das Team dachte und kein Risiko eingehen wollte, als Vettel aufholte. Wobei das nach wie vor nicht erklärte, warum Fahrer und Team nach dem Zieleinlauf eher angespannt als gelöst wirkten. Alonso wollte die Sache hinter sich lassen, fand es aber auch überflüssig, WM-Rechnungen anzustellen. "Wir haben gezeigt, was unser Paket in einem normalen Rennen kann und müssen nun weiterarbeiten, damit wir immer die maximalen Punkte holen. Wie ich immer gesagt habe, die letzte Abrechnung gibt es in Abu Dhabi."