Die "Rules of Engagement" wurden mehr als zwei Jahre lang fortgeschrieben, sind laut Sportchef Toto Wolff aber keine Regeln - Nur Bruchstücke bekannt
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Wenn in der Formel 1 ein Wort des Jahres gekürt werden würde, hätte 2016 der Begriff "Rules of Engagement" gute Karten. So nennt Mercedes seine Verhaltensrichtlinien für den Zweikampf der Silberpfeil-Piloten, die nach dem Teamcrash zwischen Nico Rosberg und Lewis Hamilton vor zwei Jahren in Spa-Francorchamps erstmals niedergeschrieben wurden. Toto Wolff stellt jedoch klar: "Es sind keine Regeln, sondern es ist etwas, was wir als unsere Werte tituliert haben. Es ist ein Kodex."
In den vergangenen 28 Monaten ist das Gentlemen's Agreement der WM-Kandidaten ständig länger geworden - und umfasst momentan drei Seiten, die streng geheim sind. "Beide Fahrer haben daran teilgenommen", betont Wolff, der seinen Schützlingen so freie Fahrt ermöglichen und nicht per Stallregie eingreifen wollte. "Es ist ein Papier, das stetig gewachsen ist. Es existiert in physischer Form." Nach jedem Meeting zur Besprechung der Rennstrategie, die an den Grand-Prix-Sonntagen immer vormittags stattfinden, wurde in Gesprächen auch an den "Rules of Engagement" gebastelt.
Über die Inhalte sickerte bisher nur bruchstückhaft etwas durch - meistens dann, wen der Kodex zur Anwendung kam. Klar sind bisher vier Fragmente. Erstens: Die Teamkollegen dürfen sich gegenseitig nicht abschotten und müssen einander ihre Daten zur Verfügung stellen. Das bewahrte sowohl Rosberg als auch Hamilton in der Vergangenheit vor vermasselten Setups - etwa, wenn einer Technikprobleme im Freien Training hatte - und war die Grundlage einiger Doppelerfolge.
Zweitens: Im dritten Qualifying-Abschnitt wechseln sich die beiden Piloten in der Reihenfolge der schnellen Runden geht. Bei einem Grand Prix musste Rosberg eine Zeit vorlegen, dann wieder Hamilton. Drittens: In den Rennen obliegt das Diktat der Strategie demjenigen, der besser platziert ist. Mit den Mercedes-Stars auf den Plätzen eins und zwei liegend erlaubte das dem Führenden den Komfort, zuerst in die Box kommen und den ersten Platz per sogenanntem Undercut abzusichern.
Viertens: Der Erfolg der Truppe darf niemals gefährdet werden, wenn die Piloten individuelle Ziele verfolgen. Hamiltons "Bummelaktion" von Abu Dhabi stand in krassem Kontrast dazu, diskutiert wurde ein Aufhalten aber schon vor dem Saisonfinale 2014, als Rosberg Schützenhilfe brauchte.
Auch wenn der Deutsche und der Brite quasi Co-Autoren der "Rules of Engagement" sind, gelten sie wohl auch für die neue Paarung in der Saison 2017. Wolff will jedoch noch mehr Transparenz schaffen und es vermeiden, dass es zu Situationen kommt, wie sie eine vermeintliche Bevorteilung durch den Mechaniker-Tausch im vergangenen Winter heraufbeschworen hatte. "Was wir anders machen werden: Wir werden Lewis und den zweiten Fahrer sehr stark einbinden und dafür sorgen, dass alle Entscheidungen verbindlich kommuniziert werden", verspricht der Österreicher.