Mercedes kommt immer mehr unter Druck der starken Ferraris: Freie Fahrt für Lewis Hamilton und Nico Rosberg im Formel-1-Rennen von Bahrain - vorerst jedenfalls
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Ferrari könnte die amtierenden Champions von Mercedes auch beim anstehenden Formel-1-Grand-Prix in Bahrain gehörig unter Druck setzen. Das ist die wichtigste Erkenntnis nach den ersten beiden Freien Trainings am Freitag. Zwar konnten sich Nico Rosberg und Lewis Hamilton mit recht großem Abstand (über eine halbe Sekunde) die ersten zwei Ränge sichern, aber dies gibt nur einen Hinweis auf die Hackordnung im Qualifying am Samstag.
Das Ferrari-Tempo auf den Longruns macht den Silberpfeilen große Sorgen. Es zeichnet sich ab, dass die Italiener die Reifen auf der heißen Bahn in Sachir ähnlich gut nutzen können wie in Malaysia, wo Sebastian Vettel die Mercedes im Rennen bezwingen konnte. "Wir befinden uns an diesem Wochenende definitiv in einer besseren Position als zur gleichen Zeit in Sepang", sagt Hamilton, "aber dennoch bin ich davon überzeugt, dass es sehr eng gegen Ferrari wird. Sie sehen auf Longruns sehr gut aus."
"Dass die Ferraris auf den Longruns sehr gut sind", sei das Auffälligste am ersten Trainingstag in Bahrain gewesen, stimmt Rosberg seinem Teamkollegen zu. "Auf den Qualifying-Runden sehen wir schneller aus, aber bei der Rennpace sind sie richtig stark. Uns steht also heute Abend noch viel Arbeit bevor, um das perfekte Setup zu finden." Auch Technikdirektor Paddy Lowe rechnet damit, dass "wir sehr eng mit Ferrari zusammenliegen." Der Brite erwartet "viel Arbeit, um alles herauszuholen".
Mercedes ist gewarnt, Ferrari bleibt bescheiden
"Im zweiten Training haben wir heute von einigen Teams sehr starke Longruns gesehen. Während der Session sah der Ferrari wie das schnellste Auto davon aus. Sie fuhren sehr stabile und schnelle Rundenzeiten", bilanziert Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff. "Der Ferrari war offensichtlich das schnellste Auto. Die konnten sehr konstant und schnell fahren, waren mit den Reifen gut unterwegs. Wir müssen das nun analysieren und entsprechend reagieren. Zum Glück ist es erst Freitag."
Und diesen Freitag nutzte Mercedes, um sich für weitere Ferrari-Angriffe während der Saison zu rüsten. Trotz der großen Hitze am Nachmittag, wo bei Apshalt-Temperaturen von über 50 Grad Celsius kaum etwas für den Nacht-Grand-Prix in Manama gelernt werden konnte, waren die Mercedes im Dauerbetrieb. Die Silberpfeile erprobten die Reifenhaltbarkeit bei Hitze, um zu erfahren, ob man nach der Niederlage im warmen Malaysia nun besser für die Sommerrennen der Formel 1 aufgestellt ist.
Die gesamte Herangehensweise des deutschen Werksteams zeigt deutlich: Man hat großen Respekt vor der Leistung Ferraris und kann sich entspannte Alleingänge wie im Vorjahr nicht mehr leisten. "Vor einem Jahr hatten wir hier ein tolles, spannendes Rennen. Die Vorzeichen sind in diesem Jahr anders. Wenn man sich die ersten drei Rennen dieser Saison anschaut, dann ist klar, dass Ferrari wieder zurück ist", schildert Wolff die aktuelle Situation im Wettkampf um Grand-Prix-Siege.
Strategie: Kommen die Silberpfeile unter Zugzwang?
Im Bahrain-Rennen 2014 hatten Hamilton und Rosberg eine große Show geboten. Mit harten Bandagen hatten die beiden Silberpfeile an der Spitze frei kämpfen dürfen - von der Konkurrenz war ohnehin nichts zu sehen. "Wir folgen weiterhin unserem Prinzip, dass Lewis und Nico frei fahren dürfen. Es gibt aber Situationen, wo einem klar sein muss, dass ein neuer Gegner im Spiel ist", sagt Wolff. "Es ist nicht mehr so einfach wie im Vorjahr - und das muss man immer im Hinterkopf haben."
"Die Sache ist die: Wenn man einen solch großen Vorsprung hat, wie wir ihn im vergangenen Jahr hatten, dann kann man bezüglich der Rennstrategien eher mal Kompromisse eingehen. Man ist dann immer darum bemüht, dass es zwischen den beiden Piloten diesbezüglich keine Unterschiede gibt - es muss so neutral wie möglich sein. Solch eine Herangehensweise ist aber nicht zwangsläufig die schnellste", so der Österreicher. "Wir haben es in Malaysia gesehen, wo sich beide Autos quasi etwas blockiert haben."
"Kann sein, dass wir bei Bedarf die Strategien splitten, um sicherzustellen, dass wenigstens ein Auto mit Gewissheit die Chance erhält, ein gutes Resultat zu realisieren", stellt der Mercedes-Motorsportchef zwar keine Teamorder, aber doch eine unterschiedliche Herangehensweise mit den beiden Autos in Aussicht. Klartext: Die neue Stärke der Ferraris zwingt Mercedes womöglich dazu, einen der beiden Silberpfeil-Piloten auf eine Strategie zu setzen, die am Ende keinen Erfolg bringen kann.
Im Lager der Italiener ist man nach dem ersten Trainingstag in Bahrain zufrieden, aber nicht in großer Jubellaune. "Ich weiß nicht, ob wir Mercedes angreifen können", sagt Kimi Räikkönen. "Irgendwie war alles enger beisammen. Ich schätze, Mercedes hat noch nicht alles gezeigt", meint Sebastian Vettel. Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene erklärt: "Wenn ich mich jetzt hinstellen und behaupten würde, dass wir den Titel gewinnen, dann wäre ich nicht bei Verstand. Wir sind glücklich, wir kommen voran. Mercedes ist aber immer noch super stark."