Flavio Briatore, Max Mosley und Gerhard Berger wundern sich über den Rauswurf Bernie Ecclestones - Verträgt die Formel 1 eine American-Football-Show?
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In der Formel 1 keimt erste Kritik an den Plänen des neuen Mehrheitseigners Liberty Media auf. An vorderste Front stellt sich Ex-Teamchef Flavio Briatore, der der Meinung ist, dass der US-Konzern außer Geld nichts aufbieten könne, um die Königsklasse wieder attraktiver zu gestalten. "Liberty hat sich die Kontrolle über die Formel 1 erkauft", sagt Briatore 'Sky Sport 24' und wundert sich über die Idee: "Ich weiß nicht, ob ihnen klar ist, was sie für ein Produkt in den Händen haben."
Dem Italiener ist es ein Dorn im Auge, dass sein guter Freund Bernie Ecclestone durch das Dreigestirn Chase Carey, Sean Bratches und Ross Brawn - kurioserweise ein Briatore-Vertrauter aus Benetton-Zeiten - ersetzt worden ist. Der Zampano hätte "gut daran getan, die Ehrenpräsidentschaft abzulehnen", meint Briatore über den Ecclestone angebotenen Posten als Frühstücksdirektor der neuen Formel-1-Firma. Er moniert: "Das ist, als würde er vom Chef zum Praktikanten degradiert."
In die gleiche Kerbe schlägt Ex-FIA-Präsident Max Mosley, der seinen Teil zu Ecclestones Weg an die Macht beitrug. "Ich hätte ihn gewähren lassen und mich um Dinge gekümmert, die nicht angegangen worden sind", meint der Brite bei 'Sky Sports F1' mit Verweis auf die Qualitäten des 86-Jährigen, wenn es darum geht, Streckenbetreiber und Machthaber aus aller Herren Länder einzunorden und sich in einem Geflecht von Abhängigkeiten als Stippenzieher an der Spitze zu behaupten.
"Super-Bowl-Pläne" stoßen auf gemischtes Echo
Ex-Pilot Gerhard Berger wähnt bei 'auto motor und sport' in der Personalie "eine gewisse Traurigkeit" und hätte "eine Art Übergangsregel" empfohlen, um von Ecclestones Erfahrung zu profitieren. Damit es mit der Formel 1 aufwärts geht, rät er zu einem Seitenblick auf die Motorrad-Weltmeisterschaft MotoGP. Es stünden die Fahrer und nicht die Technik im Mittelpunkt. Sie seien der Faktor, der über den Sieg entscheiden würde. "Und dort gibt es Unberechenbarkeit", so Berger.
Mosley, der bei den Themen Virtual Reality und interaktivem Fernsehen Handlungsbedarf erkennt, glaubt an seine Idee einer fixen Kostenobergrenze und einer Gleichverteilung der allgemeinen Formel-1-Einnahmen. Beides steht bei Liberty auf der Agenda, genau wie eine Streichung der Bonuszahlungen an Ferrari. "Das würde ich sofort durchziehen", reckt Mosley den Daumen nach oben. Briatore geht d'accord und wünscht Einsparungen: "Heutige Budgets von 600 oder 700 Millionen sind verrückt."
Briatore will von Abschaffung der Überholhilfe DRS erfahren haben
Weniger begeistert ist Mosley von Careys Schwärmereien dafür, die Formel 1 zu einem Event ähnlich dem Super Bowl (dem Finale der nordamerikanischen Football-Profiliga NFL) zu gestalten. "Ist das so toll?", zieht er im Gespräch mit 'ITV' die Augenbrauen hoch. Auch Mercedes-Sportchef Toto Wolff hat wohl Zweifel, wenn er anmerkt, dass 21 Rennen pro Jahr nie den gleichen Charakter haben könnten wie ein groß inszeniertes Endspiel. Dass aber mehr Show im Rahmenprogramm eine Bereicherung für die Beletage des Motorsports wäre, stellt der Österreicher nicht zur Debatte.
Selbst an der Gestaltung einer neuen Formel 1 mitwirken wird wohl keine der Paddock-Eminenzen. Briatore schon deshalb nicht, weil er nicht das Sagen hätte: "Ich Berater? Nein, ich kann nicht für irgendwen arbeiten. Dann sagt der Titel 'Berater' auch noch rein gar nichts aus." Der Italiener hat aber schon die Ohren weit aufgesperrt und von einer wichtigen Änderung erfahren, die bald umgesetzt werden soll. Er prophezeit der Überholhilfe DRS das Aus: "Es sieht so aus, als sollte der verstellbare Heckflügel verschwinden. Das fände ich gut", lässt Briatore durchblicken.