Wird die Formel 1 nach der Entmachtung von Bernie Ecclestone "amerikanisiert?" - Nachfolger Chase Carey erklärt, dass man einige US-Elemente übernehmen könnte
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Bernie Ecclestone ist "einfach weg". Die Absetzung des 86-Jährigen markiert in der Geschichte der Formel 1 einen gewaltigen Einschnitt. Nachdem der Brite über Jahrzehnte faktisch der Boss der Königsklasse war, wurde seine Position als Geschäftsführer der Formula One Group (FOM) nun vom US-Amerikaner Chase Carey übernommen. Viele Fans begrüßen den Wechsel an der Spitze der Formel 1 und hoffen auf eine neue Ära unter Carey, Ross Brawn und dem neuen Besitzer Liberty Media.
Doch was haben Carey und Liberty mit der Königsklasse überhaupt vor? In den vergangenen Wochen und Monaten wurde bereits viel diskutiert und spekuliert. "Die Leute haben gesagt, dass wir sie (die Formel 1; Anm. d. Red.) 'amerikanisieren' werden", wird Carey von der 'New York Times' zitiert. Er versichert den europäischen Fans allerdings: "Das werden wir aber nicht komplett machen."
Jedoch gäbe es "einige Elemente aus Amerika, die dem Sport guttun würden." In diesem Zusammenhang ist immer wieder das Stichwort "Superbowl" zu hören. Gibt es die Formel-1-Rennen also bald nur noch in Kombination mit großen Konzerten und gewaltigen Showprogrammen? Einige Grands Prix gehen ohnehin bereits seit einiger Zeit in eine entsprechende Richtung.
Mehr Superbowl als NASCAR?
So gibt es rund um das Nachtrennen in Singapur schon seit Jahren regelmäßig Konzerte mit Weltstars. Bon Jovi, Rihanna oder Robbie Williams traten hier bereits auf. Spielberg setzte im Comebackjahr 2014 auf Sunrise Avenue und die Sportfreunde Stiller, und in Austin sollte Taylor Swift im vergangenen Jahr dafür sorgen, mehr Zuschauer an den Circuit of the Americas zu locken.
Insgesamt müsse die Königsklasse laut Carey einfach "größer denken". Eine Annäherung an US-Rennserien wie die NASCAR soll es währenddessen übrigens nicht geben. Diese habe eine "ganz andere Fanbasis" als die Formel 1. Carey erklärt: "Es ist eine sehr regionale Fanbasis. Die Formel 1 ist global." Dementsprechend ist es für Liberty wichtig, nicht nur auf den US-Markt zu schauen.
"Digital tut sie gar nichts", hebt Carey ein weiteres Problem der Königsklasse hervor. "Es gibt kein Marketing. Sie erzählt keine Geschichten. Hier ist es das Ziel, die Fans so gut zu möglich mit dem Live-Erlebnis zu verbinden. Die Tools dafür haben wir, aber wir verwenden sie einfach nicht", so der neue starke Mann der Formel 1, der in den USA in den Neunzigerjahren unter anderem dabei half, die TV-Sender Fox News und Fox Sports zu etablieren.
Carey setzt auf langfristigen Plan
"In gewisser Weise bin ich froh, dass ich von außen komme", verrät er im Hinblick auf seine neue Aufgabe und erklärt: "Die Kerle, die schon seit Ewigkeiten im Sport dabei sind, sitzen da und sagen: 'Das können wir nicht machen. Wir können es nicht machen, weil es nie so gemacht wurde.'" Carey möchte nun einen "Blick von außen" und damit auch frische Ideen einbringen.
"Wir müssen offener sein", fordert Carey, der auch schon selbst das ein oder andere Mal an der Rennstrecke war. "Du musst einfach überwältigt sein. Und ich denke, dass man dieses Gefühl auf den Zuschauer übertragen kann", fordert er. Wie genau das letztendlich aussehen wird, darüber lässt sich zunächst weiterhin nur spekulieren. Klar ist nämlich, dass Carey und Co. keine Entscheidungen übers Knie brechen wollen.
"Unsere Ziele beziehen sich darauf, wie der Sport 2020 aussieht. Es geht nicht um den Juni 2017", stellte Carey unmittelbar nach seinem Amtsantritt bereits klar. Der Formel 1 stehen in dieser Hinsicht also nicht nur einige spannende Wochen bevor, sondern viel mehr einige spannende Monate und sogar Jahre. Wie genau die Königsklasse 2020 aussehen wird, kann aktuell wohl noch niemand absehen.