Die Kandidaten auf das Red-Bull-Cockpit sehen der Entscheidung gelassen entgegen - Räikkönen glaubt, dass seine Wahl "dumm aussehen" könnte
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Vor rund einem Jahr war der Spruch "What will Kimi Räikkönen do next?" noch eine wirksame Werbebotschaft eines Modeunternehmens. Mittlerweile ist es die mit der wohl größten Spannung erwartete Personalentscheidung der Formel 1. Schon im August will Red Bull verkünden, ob Milton Keynes 2014 auf die Dienste des Finnen vertraut oder Eigengewächs Daniel Ricciardo die Chance im Weltmeister-Auto der vergangenen drei Jahre gibt. Die Protagonisten sehen die Sache im Vorfeld des Ungarn-Grand-Prix gelassen.
Räikkönen scheint noch keine Tinte unter einen Vertrag gesetzt zu haben. Schließlich sagt der Ex-Weltmeister mit der ihm eigenen Nonchalance und dem Verweis darauf, selbst "keine Ahnung" zu haben, was passieren wird: "Es muss ein Gesamtpaket geben, das sich für mich richtig anfühlt. Das mag - wie auch immer die Entscheidung ausfällt - für jemand anderen dumm aussehen." Trotzdem könne es für ihn persönlich die richtige Wahl sein. Wie so vieles in der Causa Red Bull lässt auch diese Aussage viel Spielraum für Interpretation.
Löst Räikkönen Kopfschütteln aus, weil er die Chance im Vorzeigeteam der Szene verstreichen lässt oder weil er mit Lotus ein Wohlfühl-Paket aufgibt? Für den 33-Jährigen ist sowieso alles Spekulation, wenn es um Chancen und Risiken eines Wechsels geht: "Es gibt keine Garantie dafür, dass es auf lange Sicht hin die richtige Entscheidung ist." Ins Kopfkissen weinen wird Räikkönen im kommenden Jahr bestimmt nicht: "Ich bin trotzdem glücklich damit. Ganz egal, wie es kommt. Damit muss man leben."
Ricciardo glaubt an weitere Toro-Rosso-Chance
Bei Ricciardo sieht die Sache anders aus. Der Australier befindet sich nicht in der luxuriösen Situation, dass gleich zwei Topteams um seine Dienste buhlen. "Es wäre ganz klar ein Schritt in Richtung meines Ziels", sagt er mit Blick auf die Perspektive bei den Mannen um Christian Horner. Dieses Ziel heißt mindestens Rennsiege, wenn nicht sogar WM-Titel. "Ich will in der Formel 1 Erfolge feiern und auf die oberste Stufe des Podestes klettern. Würde ich einen Platz in einem wettbewerbsfähigen Auto wie dem Red Bull bekommen, wäre das wirklich cool", schwärmt Ricciardo.
Entscheidet sich Red Bull gegen ihn, hätte er zunächst keine sichere Zukunft. Schließlich gibt es keinen Vertrag mit Toro Rosso über das Saisonende hinaus - aber dennoch die Zuversicht, ein drittes Jahr im Junior-Team zu bestreiten. "Das glaube ich", zeigt sich Ricciardo zuversichtlich, ohne sich in Sicherheit zu wiegen. "Aber ich würde mich darauf nicht verlassen und stelle lieber sicher, dass wir uns Wochenende für Wochenende steigern. Wir sollten in diesem Geschäft vorsichtig sein, die Dinge ändern sich schnell und man kann sich auf nichts ausruhen."
Bei Lotus nicht merklich weniger PR-Arbeit
Ricciardo jedenfalls glaubt, mit den Fortschritten im Saisonverlauf auf dem Zettel von Franz Tost gepunktet zu haben. Auch Räikkönen ist vorsichtig, wenn es um Prognosen für 2014 geht: "Es gibt keine Sicherheit darüber, was mit irgendeinem Team oder Auto im kommenden Jahr geschieht", weiß der Routinier und meint damit auch Abläufe hinter den Kulissen - etwa, was den Umfang der PR- und Medienarbeit bei den einzelnen Arbeitgebern betrifft. Dass er bei Lotus diesbezüglich in Watte gepackt wird, will Räikkönen nicht bestätigen.
"Dass wir zehn Tage hätten und andere Mannschaften 100", rekapituliert er die Spekulationen dezent überzeichnet und verweist sie in das Reich der Fabeln: "Ich war bei den meisten der Topteams und weiß genau, wie der Hase läuft. Zählt man Dinge, die man unter der Woche und am Wochenende erledigt, hat jeder seine eigene Zählweise", so Räikkönen und glaubt nicht, dass es große Unterschiede gibt: "So, wie ich das in Erinnerung habe, beträgt die Differenz nur wenige Tage. Das ist nicht der ausschlaggebende Punkt."
Also keine Zeit, um auf heißen Kohlen zu sitzen? Ricciardo tut das nach eigener Aussage ohnehin nicht, obwohl für ihn so viel auf dem Spiel steht: "Ich mache mir da gar nicht viele Gedanken und warte nicht jeden Tag darauf, etwas zu hören. Aber normalerweise gilt: Umso früher, umso besser", zeigt sich der 24-Jährige gelassen und meint, dass Toro Rosso ihn ohnehin genug auf Trab halte. "Wenn sie mich in der Sommerpause kontaktieren, bin ich vielleicht irgendwo am Strand und habe ein eiskaltes Bier in der Hand - das wäre wirklich schön." Könnte wohl auch Räikkönen passieren.