Der "kleine Bulle" will 2014 die Konkurrenz auf die Hörner nehmen: Toro Rosso schickt den STR9 erstmals mit Renualt-Power und Daniil Kwjat in die Turboära
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Einst baute Red Bull die Toro-Rosso-Mannschaft aus dem Minardi-Fundament als Talentschmiede für sein Weltmeisterteam auf. Nach Sebastian Vettel ist mit Daniel Ricciardo zum zweiten Mal ein Absolvent aufgestiegen, doch dabei soll es nicht bleiben: 2014 wittert die nächste Garde ihre Chance: Jean-Eric Vergne und Rookie Daniil Kwjat wollen ihre Gelegenheit, sich bei Helmut Marko und Co. in Szene zu setzen, unbedingt nutzen. Ihren neuen Dienstwagen erhielten sie am Montagnachmittag: den STR9.
Der erstmals mit einem Renault-Motor ausgestattete Turbo-Renner ist benannt nach dem Kürzel des offiziellen Teamnamens "Scuderia Toro Rosso" und dem neunten Jahr des Bestehens. Es handelt sich um das erste Auto, das komplett unter der Ägide des hochgelobten Technikchefs James Key entstand. Der STR9 wurde im spanischen Jerez im Vorfeld der offiziellen Formel-1-Testfahrten, die am Dienstag beginnen, vorgestellt. Die Piloten und Teamchef Franz Tost versprechen sich viel vom "kleinen Bullen".
Wie so viele seiner Konkurrenten kommt auch der Toro Rosso mit einer ungewöhnlichen Nasenkonstruktion daher. Der STR9 verfügt über eine relativ hohe Frontpartie, dazu allerdings einen langen Rüssel, der weit über den relativ voluminös wirkenden Flügel herausragt. Sonst präsentiert sich das Auto mit extrem schmaler Taille und wirkt überraschend wenig verändert im Vergleich zum Vorjahresmodell.
In Sachen Farbgebung setzt Toro Rosso auf das altbewährte Design in Dunkelblau und Rot, dazu das kunstvolle Abbild des namengebenden roten Bullen. Auf dem STR9 prangen auch unverändert die variierten Red-Bull-Logos, dazu die Embleme der kürzlich als Sponsor gewonnen Sapinda Holding, einer niederländischen Investmentgesellschaft. Außerdem sind unter anderem auch der spanische Ölkonzern Cepsa und der kanadische Chemieriese Nova wieder mit an Bord.
Für Vergne bricht bei Toro Rosso das verflixte dritte Jahr an. Gegen Ex-Stallgefährte Ricciardo hatte der Franzose allen voran an den Rennsonntagen öfters den Kürzeren gezogen, sich mit seinen Leistungen aber zumindest im Junior-Team behauptet. Der 23-Jährige ist seit langer Zeit Teil des Red-Bull-Stalls, doch stellt sich für den Mann aus Pontoise die Frage: Wenn er nicht bald eine Chance in der Beletage des Konzernprogramms erhält, wie sinnvoll ist dann noch seine Förderung bei Toro Rosso?
Kwjat kommt mit hohen Erwartungen aus dem Red-Bull-Nachwuchsprogramm in die Formel 1 und erhielt überraschend den Vorzug vor dem Portugiesen Antonio Felix da Costa - seinem ehemaligen WG-Mitbewohner. Der 19-Jährige wurde in der Saison 2012 Vizemeister der Formel Renault 2.0 und dominierte anschließend die GP3. Auch bei Gaststarts in der Formel-3-Europameisterschaft war gegen den Russen fast kein Kraut gewachsen. Er lebt in Italien, ist der Landessprache mächtig und kann sich auch auf Englisch sowie Spanisch verständigen.
Die vielleicht wichtigste Neuerung schlummert unter der Motorabdeckung. Nicht nur schlägt erstmals ein Turboherz in einem Toro Rosso, es ist auch die Premiere für ein Aggregat aus Frankreich. Renault hat mit dem Saisonende 2013 Ferrari als Zulieferer abgelöst und das Team aus Faenza damit näher an den großen Bruder aus Milton Keynes herangerückt. Können Vergne und Kwjat künftig stärker von den Raffinessen eines Adrian Newey und den Vorteilen eines viermaligen Weltmeister-Triebwerkes profitieren?
Eine tragende Rolle bei Toro Rosso spielen soll auch der ehemalige Williams-Chefingenieur Xevi Pujolar, der Anfang Januar seinen Dienst in Italien antrat - jedoch noch keine festen Platz im Organigramm erhalten hat. Key war an der Personalie maßgeblich beteiligt. Es ist nicht das erste Mal, dass Pujolar für ein Red-Bull-Team tätig ist, schließlich arbeitete der Spanier bereits in der Saison 2000 - also vor seiner Formel-1-Karriere - für Red-Bull-Motorsportkonsulent Markos Formel-3000-Rennstall.
Pujolar soll bessere Arbeitsbedingungen erhalten als seine Vorgänger, schließlich wurde die Fabrik in Faenza, schon zu Minardi-Zeiten der Hauptsitz des Teams, zuletzt beträchtlich modernisiert und erweitert. Die Maßnahme war auch ein Fingerzeig für die Personalie Key: Nachdem viele den Briten schon beim Probearbeiten für den Aufstieg zu Red Bull sahen, hatte der sich zu einem eigenständigen Projekt bekannt. "Toro Rosso ist ein Team, das alles hat, was es braucht. Es ist alles da, es gibt nichts, was man irgendwo anders finden müsste", so Key.