Wenn McLaren-Honda Fernando Alonso nicht halten kann, gibt es eigentlich nur eine Alternative: Mercedes - Neuauflage des "Kriegs der Sterne" von 2007?
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Wer Fernando Alonso dieser Tage beobachtet, der ahnt, dass dem Weltmeister von 2005 und 2006 bald der Geduldsfaden reißen könnte. Zwar war ihm klar, dass es dauern würde, McLaren-Honda an die Spitze zu führen. Aber dass die britisch-japanische Allianz nun schon im dritten Jahr hoffnungslos hinterherfährt, damit hatte er wohl eher nicht gerechnet.
Weshalb sich die Frage stellt: Was macht der 35-Jährige im Spätherbst seiner Karriere? Tritt er noch während der Formel-1-Saison 2017 zurück? Oder sucht er sich einen neuen Arbeitgeber, um sich seinen Traum vom dritten WM-Titel zu erfüllen? Dazu müsste er realistisch betrachtet bei Mercedes unterkommen, denn Red Bull ist mit Ricciardo/Verstappen mittelfristig besetzt und zu Ferrari führt (zumindest unter dem aktuellen Team-Management) kein Weg zurück.
Also Mercedes? "Ich habe dazu momentan nichts zu sagen. Das ist eine Frage für die Zukunft", sagt Alonso, von einem Journalisten auf die Silberpfeil-Gerüchte angesprochen. Und er ergänzt auf Nachfrage: "Nichts ist ausgeschlossen im Leben." Denn wir wissen: Sein Manager Flavio Briatore wollte ihn schon zweimal bei Mercedes unterbringen. Zunächst 2014, vor dem Wechsel zu McLaren, und dann noch einmal im Dezember 2016, nach Nico Rosbergs Rücktritt.
Zetsche: Würde er sein Veto einlegen?
Aber bei Mercedes ist das Interesse überschaubar, vor allem angesichts der Erinnerung an den "Krieg der Sterne" im Jahr 2007. Damals waren Alonso und Hamilton bei McLaren-Mercedes eine hochexplosive Mischung. Daimler-Konzernchef Dieter Zetsche, ohne dessen Einverständnis Toto Wolff und Niki Lauda wohl keinen neuen Fahrer verpflichten werden, hat an jene Saison keine allzu schönen Erinnerungen.
"Es gibt da eine Geschichte, und 2007 war für Mercedes als Partner von McLaren besonders schmerzhaft", meint Wolff. Er räumt ein, "dass sich Menschen ändern können", aber für eine Verpflichtung Alonsos anstelle von Valtteri Bottas sei eine Neuauflage der Fahrerpaarung letztendlich "ein kleines bisschen zu aufregend" gewesen. Oder, anders ausgedrückt: Wenn Hamilton/Wehrlein als zu explosiv eingestuft wurden, wie soll dann Hamilton/Alonso gehen?
Alonso & Hamilton: Kein böses Blut mehr
Dabei schmieren sich die beiden in letzter Zeit immer mehr Honig ums Maul - fast so, als würden sie gern Teamkollegen werden: "Ich habe überhaupt kein Problem mit Lewis. Wir respektieren einander sehr", betont Alonso und erlaubt sich einen Seitenhieb gegen den damaligen McLaren-Teamchef Ron Dennis: "Die Probleme, die wir 2007 hatten, hatten wir nur deswegen, weil das Team nicht ordentlich gemanagt wurde."
Hamilton sei "ein großer Champion unserer Generation", den er "gut für den Sport" findet: "Nicht nur wegen seiner Titel, sondern auch wegen der Publicity, die er mit seinem Lifestyle und Charakter außerhalb der Rennstrecke erzeugt." Und Hamilton sagt: "Es wäre toll, Fernando vorne zu sehen, aber es sieht nicht so aus, als würde das bald passieren. Wir brauchen ihn da vorne, damit wir gegen ihn kämpfen können, bevor ihm die Zeit davonläuft."
"Ich glaube", interpretiert 'Sky'-Experte Johnny Herbert diesen Weltmeister-Flirt, "dass Lewis nichts dagegen hätte, Fernando als Teamkollegen zu bekommen. 2007 war sein erstes Jahr in der Formel 1 - und er hat ihn geschlagen. Ist Lewis heute besser als 2007? Ja! Daher glaube ich nicht, dass ihn das groß beunruhigen würde." Aber Martin Brundle wirft ein: "Wenn Bottas es auf die Reihe kriegt, wird Mercedes mit der Kombination Hamilton/Bottas sehr glücklich sein."
Alonso setzt McLaren unter Druck
Alonso sieht jedenfalls erst mal "keine Eile, an nächstes Jahr zu denken. Ich konzentriere mich voll auf diese Saison - und erst danach denke ich an die Zukunft. Jetzt müssen wir erst einmal aufs Podium, Rennen gewinnen. Es ist eine lange Saison." Aber er stellt seinem Arbeitgeber die Rute ins Fenster, wenn er sagt: "McLaren und Honda wissen genau, was sie zu tun haben. Wenn sie das erledigen, werden wir hinkommen."
Was man auch anders auslegen kann: Wenn ihr die Probleme nicht aussortiert und mir ein Siegerauto gebt, bin ich weg! Denn Alonso will im epischen Duell zwischen Hamilton und Vettel mitmischen. Geld hat er inzwischen genug. "Wir wollen uns mit den Besten messen und sie schlagen", bestätigt er. "Das war mit Michael so: Als er noch da war, war es fantastisch, gegen ihn Weltmeister zu werden. Ohne Michael hat ein Titel nicht den gleichen Wert."
Brown: Dickes Lob für Alonso
McLaren möchte den Spanier jedenfalls halten. "Fernando ist mega", sagt Teamchef Zak Brown. "Wir sind übereingekommen, dass wir bis Sommer warten. Schon vor Saisonbeginn. Und wir sind übereingekommen, dass er nirgendwo anders zusagt, solange wir nicht gesprochen haben." Das schließt freilich nicht aus, dass Alonso mit anderen Teams verhandelt: "Letztendlich weiß ich es nicht. Ich kontrolliere sein Handy nicht."
"Fernando", sagt Brown, "ist eine tolle Persönlichkeit. Ich lerne ihn gerade erst kennen, finde ihn aber auf und abseits der Strecke großartig. Er ist motiviert, liebt das Team, mag das Auto, liebt die neuen Regeln. Wir brauchen ihn, um uns und unsere Partner zu pushen. Er ist ein Weltmeister. Alle geben ihr Bestes, und das weiß er. Er fährt schon lange genug, um zu wissen, dass solche Dinge dauern, aber er hängt sich voll rein."
"Er will Rennen gewinnen. Wir auch. Mit Stoffel haben wir einen langfristigen Vertrag, und natürlich würden wir Fernando gern halten. Aber diese Gespräche werden wir wie gesagt erst im Sommer aufnehmen", so der Amerikaner. Wie wertvoll Alonso für McLaren ist, habe Melbourne gezeigt: "Er ist ein unglaubliches Rennen gefahren. Ich bin mir nicht sicher, ob wir in die Punkte gehört hätten. Das war ein Fernando-Alonso-Klassiker, wirklich unfassbar!"