Sebastian Vettel ist der bisher fleißigste Mann der Barcelona-Testfahrten - "Wir hatten drei gute Tage. Es hätte aber besser sein können", so sein erstes Fazit
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Nachdem Ferrari mit einer eigenwilligen Medienpolitik die Journalisten im Barcelona-Fahrerlager verärgerte, brach Sebastian Vettel am Mittwochabend endlich das kollektive Schweigen. Er konnte nach bereits guten Vorstellungen am Montag und Dienstag sein Testprogramm in der ersten Woche fast reibungslos beenden. Mit einer 1:19.952 Minuten markierte der viermalige Weltmeister am Mittwoch die bisher schnellste Zeit auf dem Soft-Reifen. Auf die Bestmarke von Valtteri Bottas, gefahren auf Ultrasoft, fehlten ihm nur 0,2 Sekunden.
"Jeder im Team pusht wie verrückt", meint Vettel in seiner kurzen Medienrunde nach einer "leisen" Winterpause. "Wir hatten drei gute Tage. Es hätte besser sein können, aber wir konnten eine ordentliche Anzahl an Runden fahren", lautet sein Fazit der ersten Testwoche. "Es gibt noch viele Bereiche, wo wir uns verbessern müssen", betont er allerdings, ohne darauf näher eingehen zu wollen.
Am Vormittag begann Vettels zweiter Testtag mit Runden auf dem Medium-Reifen, den Ferrari in dieser Woche bevorzugt. Bereits zur Mittagspause hatte er 69 Runden auf seinem Konto. Am Nachmittag standen kürzere Versuche auf dem weicheren Soft-Reifen auf dem Plan. Seine Bestmarke stellte er bei einem weiteren Versuch auf dem gelben Pneu bereits eineinhalb Stunden nach der Mittagspause auf. Später zog er noch einmal einen Medium auf - und sorgte ganz am Ende der Session noch für eine Rote Flagge. Der Ferrari ist auf der Start-Ziel-Gerade ausgerollt.
Rote Flagge am Ende: Versuch mit wenig Sprit?
"Wir haben etwas probiert", antwortet Vettel auf das Missgeschick angesprochen. "Es war eine Möglichkeit, dass das Auto ausrollen würde", erklärt er. Vermutet wurde, dass Ferrari womöglich absichtlich einen Versuch mit wenig Sprit gefahren ist und Vettel ohne Benzin einfach ausgerollt ist. Solche Tests helfen bei der Berechnung der Spritmengen. "Wir hätten es ein bisschen besser timen können, sodass ich einfach in der Boxengasse zum Stehen komme, aber das war kein Problem", schmunzelt der Deutsche.
Auffallend war auch, dass Ferrari am Abend mit verschiedenen Varianten des Heckflügels unterwegs war. Eine Variante hatte eine etwas gebogene Form, der andere war gerade. Grundsätzlich ist Vettel mit den Regeländerungen zufrieden: "Es fühlt sich besser an als im Vorjahr. Es ist natürlich schneller aufgrund der Regularien. Auch die Reifen sind anders. Ich konnte sie im Vorjahr schon ausprobieren und wusste daher, was mich erwarten wird. Ich denke, es ist eine gute Kombination, dass wir schneller sind und härter pushen können."
Vettel ist mit 1.243 Testkilometern in zwei Tagen der bisher fleißigste Pilot gewesen. Insgesamt schaffte er 267 Umrundungen des Kurses. Körperliche Auswirkungen, wie bei Lewis Hamilton, hat das Mammutprogramm jedoch nicht. "Am ersten Tag nach dem Winter spürst du es immer ein bisschen. Ich denke, es ist jetzt wieder so wie vor ein paar Jahren, als die Autos signifikant schneller waren." Auf die Nachfrage, ob er Schmerzen habe, lächelt Vettel und meint knapp: "Natürlich spürst du es ein bisschen."
Grip "funktioniert wie Aspirin"
Aus Fahrersicht sei es jetzt in jedem Bereich besser. "Das Bremsen, das Verhalten in den Kurven - wir haben einfach so viel mehr Grip. Das funktioniert wie ein Aspirin, es löst einfach jedes Problem", vergleicht Vettel mit einem Augenzwinkern. Vergleiche mit dem Vorjahresauto meidet er: "Es ist ein anderes Biest." Und er sorgt in seiner Medienrunde für noch mehr Lacher, als er - angesprochen auf das mögliche Kräfteverhältnis 2017 - einen altbekannten Vergleich bringt: "Ich habe keine Kristallkugel, nur zwei andere, aber die sagen mir nicht viel."
Grundsätzlich habe man bei Ferrari noch eine "lange Liste", die abgearbeitet werden müsse. "Das Potenzial ist größer, weil die Regeln sich geändert haben. Ich bin sehr gespannt, wie sich das Auto von heute an bis Melbourne noch verändern wird. Auch wie alle anderen sich verändern werden." Am Donnerstag wird Teamkollege Kimi Räikkönen den Ferrari übernehmen und die erste Testwoche abschließen.