Fernando Alonso ist nicht der erste, der wegen Kritik an Ferrari in Ungnade fiel: Prost wurde deshalb 1991 gekündigt - Er glaubt nicht mehr an die Ehe Alonso-Ferrari
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Es ist ein ungeschriebenes Gesetz in der Formel 1: Ferrari ist größer als seine Fahrer. Sie müssen Ehrfurcht vor der Legende zeigen. Und: Kritik an der "Scuderia" wird nicht geduldet. Diese Erfahrung muss diese Saison Fernando Alonso machen. Als der Spanier sich zum Geburtstag "einen Red Bull" wünschte, war es mit der Geduld seiner Vorgesetzten vorbei. Alonso musste zum Rapport antreten - ihm wurden von Ferrari-Boss Luca di Montezemolo die Leviten gelesen.
Bereits vor diesem Vorfall soll Alonso intern heftige Kritik an Ferrari-Teammitgliedern geäußert und sich so den Unmut der Mannschaft zugezogen haben. Mit Folgen: Vor einem Jahr noch als "heimlicher" Chef bei den Roten bezeichnet, ist man auf Alonso nun in Maranello nicht mehr gut zu sprechen. Felipe Massa - jahrelang nur noch dank Alonsos Gnaden sein Teamkollege - wird mit Saisonende vor die Tür gesetzt, mit Kimi Räikkönen kommt ein Mann ins Team, der auf den stolzen Spanier pfeift.
Will Alonso weg von Ferrari?
Ist die einstige Traumehe Alonso-Ferrari überhaupt noch zu retten? Im Fahrerlager gibt es viele, die nicht mehr daran glauben. Der zweifache Weltmeister hat zwar noch einen Vertrag bis Ende 2016, wird aber immer öfter mit anderen Teams in Verbindung gebracht. Es kursiert sogar das Gerücht, dass er mit seiner Kritik einen Rauswurf provozieren wollte, da die Saisonvorbereitungen für 2014 angeblich nicht nach Plan laufen: Bei der Entwicklung des neuen 1,6-Liter-V6-Turbos - kommende Saison ein Schlüsselfaktor - soll man im Hintertreffen sein.
Ex-Teamchef Eddie Jordan prophezeit gegenüber 'Auto Bild motorsport' , dass Alonso sein aktuelles Team bald verlassen wird: "Fernando wird mit Kimi Räikkönen bei Ferrari nicht mehr glücklich werden und spätestens 2015 zu McLaren-Honda wechseln." Eine interessante Aussage, schließlich lag der Ire bereits beim Schumacher-Comeback und bei dessen Abschied aus der Formel 1 im Vorjahr richtig - auch die Verpflichtung Daniel Ricciardos durch Red Bull sagte er zuletzt voraus.
Jordan glaubt an eine Rückkehr Alonsos zu McLaren - ein Team, das er Ende 2007 im Streit verlassen hatte -, "weil Ron Dennis ja nicht mehr da ist". Sein Nachfolger als Teamchef, Martin Whitmarsh, überhäuft den Mann aus Asturien seit einigen Wochen auffällig oft mit Komplimenten - McLarens neuer Motorenpartner ab 2015, Honda, fordert die Verpflichtung eines absoluten Toppiloten. Die Auswahl ist nicht besonders groß, da Vettel noch bis Ende 2015 an Red Bull gebunden ist und danach in Richtung Ferrari schielt. Auch Lewis Hamiltons Mercedes-Vertrag läuft bis Ende 2015, Kimi Räikkönen wechselte erst jetzt zu Ferrari.
Der Fall Prost - wiederholt sich die Geschichte?
Wie heikel man in Maranello auf kritische Aussagen eines Fahrers reagiert, musste übrigens bereits der dreifache Weltmeister Alain Prost vor mehr als 20 Jahren erfahren. Der Franzose, der ähnlich wie Alonso den Ruf eines Politikers hatte, wechselte 1990 zum italienischen Traditionsteam, um den müden Ferrari-Gaul wieder auf Vordermann zu bringen - nach dem knappen Scheitern in der Debütsaison lief es 1991 gar nicht mehr nach Wunsch, und Prost machte seinem Ärger zu Saisonende Luft.
Nach dem Grand Prix von Japan, dem vorletzten Saisonrennen, wurde er in die Wüste geschickt, weil er sein Auto mit einem Lastwagen verglichen hatte. Als Prost vor dem Adelaide-Finale bereits am Great Barrier Reef in Australien entspannte, erreichte ihn die fristlose Kündigung durch den damaligen Teamchef Claudio Lombardi.
"Sein Benehmen in und außerhalb des Teams wurde schlechter und schlechter", kritisierte der Italiener damals. "Nachdem wir sein ganzes Verhalten während der Saison bis ins letzte Detail analysiert hatten, konnten wir nur diese Entscheidung treffen. Und wenn Prost sagte, der Ferrari wäre so schlecht wie ein LKW - das war ja nur die Spitze des Eisbergs."
Prost stolperte über Kritik am Team - Absicht?
Noch heute ärgert sich Prost über die Angelegenheit. "Habt ihr das Interview gesehen, wo ich über den Lastwagen gesprochen habe?", zürnt der nunmehrige Renault-Botschafter gegenüber 'Autosport'. "Niemand hat es gesehen. Es hat stattgefunden, aber nicht so wie sie es behauptet haben."
Er hatte den Vergleich gewählt, weil sich das Auto durch Probleme mit den Stoßdämpfern nur schwer steuern ließ - das Team benötigte beinahe die gesamte Saison, um den banalen Fehler zu finden. Tatsächlich wurde aber bereits damals gemutmaßt, dass Ayrton Sennas großer Rivale nach der erfolglosen Ferrari-Saison keine Lust mehr auf ein weiteres enttäuschendes Jahr hatte und die vorzeitige Kündigung des Dreijahres-Vertrags mutwillig provozierte.
Prost hat Zweifel, dass die Ehe Alonso-Ferrari hält
Prost ist übrigens davon überzeugt, dass auch die Risse in der Ehe Alonso-Ferrari nicht mehr zu kitten sind: "Wenn man die Politik, Ferrari und die Geschehnisse rund um Ferrari kennt, dann ist klar, dass es schwierig werden wird, wieder zu einer Normalsituation zurückzukehren. Höchstens, wenn man es so macht wie er und sich die Seele aus dem Leib fährt, konkurrenzfähig ist, seinen Teamkollegen jedes Mal schlägt und immer das gleiche Niveau hält."
Er rechnet aber damit, dass Alonso die Geister, die er rief, nicht so rasch loswerden wird: "Sobald es nicht mehr perfekt läuft, wird die Geschichte wieder hochkochen. Es wird also schwierig."