Im Gegensatz zu Red Bull ist Vorjahressieger Ferrari vorsichtig: Warum Sebastian Vettel keinen erneuten Mercedes-Aussetzer erwartet und was sich verbessern muss
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Während Red Bull seit Monza mit dem Sieg in Singapur liebäugelt, scheint die Zuversicht im Lager von Vorjahressieger Ferrari etwas gedämpft. "Auch wenn wir im Vorjahr hier stark waren, gehen wir nicht davon aus, dass sich die Geschichte dieses Jahr wiederholen wird", stellt Kimi Räikkönen klar. "Ich hoffe es zwar, aber wir fangen hier wie an jedem Rennwochenende an." Und Teamkollege Sebastian Vettel bläst in das selbe Horn: "Unser Auto sollte hier schon ganz vernünftig laufen. Ob aber der Sieg drin ist, ist schwer zu sagen."
Das Ferrari-Team, das einen neuen, nach Silberpfeil-Vorbild mit Zacken versehenen Frontflügel nach Singapur bringt, muss vor allem auf den Heppenheimer hoffen. Der gilt nämlich als absoluter Singapur-Spezialist. Mark Webber hatte auf diesem Kurs nie auch nur den Funken einer Chance gegen den viermaligen Weltmeister, der beim Nachtrennen bereits vier Siege feierte und den Rekord hält. "Diese Strecke gefällt mir sehr gut", macht Vettel kein Geheimnis aus seiner Singapur-Vorliebe. "Sie hat uns im Vorjahr sehr gut gelegen, und das Auto ist grundsätzlich besser als im Vorjahr."
Dass Mercedes im Vorjahr ein Schatten seiner selbst war und es nicht einmal auf das Podest schaffte, will der Ferrari-Pilot aber nicht überbewerten: "Mercedes ist natürlich Favorit. Sie hatten es im Vorjahr hier sehr schwer, aber es gibt keine Garantie, dass sich das wiederholt." Vettel rechnet aber, dass die Spitze in Singapur näher zusammenrücken wird und Überraschungen möglich sind: "Vieles wird auch von der Strategie abhängen, von eventuellen Safety-Car-Phasen, welche Reifen man am Sonntag noch zur Verfügung hat."
Vettel: Red Bull abzufangen ist "absolut wichtig"
Und selbst, wenn das Qualifying nicht ganz nach Wunsch läuft, gibt es laut Vettel eine Chance: "Wenn man als Fünfter startet, kann es passieren, dass die Top 4 in der ersten Kurve zusammenkrachen." Im Vorjahr benötigte der 29-Jährige diese Hilfe nicht, denn da holte er seine bislang einzige Ferrari-Pole. Und auch seinen bislang letzten Sieg für die Scuderia.
Ob er damals so eine Durststrecke erwartet hatte? "Nein, ich wollte natürlich auch bei den folgenden Rennen gewinnen", gibt Vettel zu Protokoll. Verrückt machen lassen will er sich dadurch aber nicht: "Ich wache nicht am Morgen auf und denke, dass wir nicht in der Lage sind, zu gewinnen. Ich bin heute Morgen voller Zuversicht aufgewacht."
Der Frage, ob Singapur die beste Chance darstellt, diese Saison noch einen Sieg einzufahren, weicht Vettel aus. "Ich weiß nicht einmal genau, welche Strecken noch bevorstehen und schaue mir das gar nicht genau an, weil ich das für die falsche Herangehensweise halte." Wichtig sei es allerdings, die elf Punkte Rückstand auf sein Ex-Team Red Bull noch aufzuholen und zumindest Platz zwei in der Konstrukteurs-WM einzufahren. "Wir haben leider ein paar Punkte liegen lassen, aber es ist absolut wichtig, vor ihnen zu landen", sagt er.
Was bei Ferrari besser werden muss
Langfristig ist bei Ferrari aber etwas Sand ins Getriebe gekommen. Immer wieder hört man von Abgängen im Technikbüro, die Mannschaft wirkt derzeit kopflos und der Fokus scheint verlorengegangen. Vettel hält aber nicht viel vom Schwarzmalen: "Es stimmt, dass uns einige Leute verlassen haben, aber es kommen auch neue Leute, auch wenn das nicht für so große Schlagzeilen sorgt", relativiert Vettel. "Außerdem haben einige Leute die Positionen gewechselt."
Die aktuelle Saison sei bislang "nicht großartig" gelaufen, "aber auch nicht so furchtbar, wie manche Leute behaupten". Das Ziel, bis zum Saisonende um den Titel zu kämpfen, habe man aber nicht erreicht und auch der Rückstand auf Mercedes konnte nicht verkleinert werden. Angesprochen auf die Gründe reagiert Vettel mit Gegenfragen, die er gleich selbst beantwortet: "Warum haben wir nicht mehrere Siege auf dem Konto? Ganz einfach. Weil wir nicht schnell genug waren. Arbeiten wir daran? 100-prozentig. Bin ich zuversichtlich, dass wir in Zukunft Rennen gewinnen? 100-prozentig."
Räikkönen sieht wie Vettel bei Ferrari Fortschritte im Vergleich zum Vorjahr, "aber die anderen haben sich wahrscheinlich mehr verbessert". Von einem kompletten Neustart hält der Finne aber nicht viel: "Ich bin sicher, dass wir auf dem richtigen Weg sind, wir haben gute Leute und eine gute Atmosphäre, aber wir müssen schneller werden und uns in allen Bereichen verbessern."