Sebastian Vettel und Kimi Räikkönen sind nach dem Austin-Debakel ratlos: Opfert das Team sein Setup für Entwicklungsarbeit oder ist das Auto einfach schlecht?
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Ferraris Berg- und Talfahrt ging beim US-Grand-Prix in Austin am Sonntag munter weiter - und zwar mit einem tiefen Fall. Nach erbaulichen Leistungen vor zwei Wochen in Suzuka waren die Roten wieder klar hinter den Red Bull zurück. Die neuerliche Schlappe wissen sich Fahrer und Verantwortliche nicht so recht zu erklären. Einmal mehr schützen sie die Entwicklung für die kommende Saison vor und bauen damit ein Druckmoment auf, das ohnehin schon gewaltig ist.
Obwohl der erste Sektor des Circuit of The Americas (CoTA) mit seinen schnellen Kurven an die Esses in Japan erinnert, waren Sebastian Vettel und Kimi Räikkönen dort nicht annähernd so stark. "Dass wir nicht so nahe dran waren, muss an den Bedingungen gelegen haben", sagt er Finne auf die Diskrepanz zu Mercedes angesprochen, um sich gleich doch wieder am Kopf zu kratzen. "Aber wenn wir das wüssten, hätten wir das Problem schneller im Griff." Eine Lösung ist nicht in Sicht.
Die Temperaturen und das Wetter sind für Vettel ohnehin keine Entschuldigung: "Die Strecke war nicht kochend heiß, aber auch nicht so kalt. Der Wind hat für jeden eine Rolle gespielt und ständig gedreht", winkt er ab. Offenbar spukt im Kopf des Heppenheimers eine andere Theorie, die er nicht ausspricht: "Im Rennen waren wir näher dran, aber trotzdem nicht schnell genug. Wir wissen schon aus der ersten Phase der Saison, dass wir unter gewissen Bedingungen unsere Probleme haben."
Interessenkonflikt: Freitags entwickeln oder abstimmen?
Fakt ist, dass Ferrari immer ins Straucheln gerät, sobald das Team Abtrieb auf die Autos schraubt. Räikkönen bemängelt trotz steiler Flügel fehlenden Grip, an Power mangelt es dann auch noch im Fight mit Mercedes. "Die Abstimmung war so gut wie nur möglich, aber die Rundenzeiten stimmen nicht. Da gibt es auch keinen Zaubertrick, mit dem wir eine Sekunde hätten herausholen können", ist der Ex-Weltmeister ratlos. Doch die Italiener arbeiten an einer Lösung. Aber nicht für 2016.
Teamchef Maurizio Arrivabene meint: "Wenn man sich darauf versteift, das Problem für dieses Jahr zu lösen, vernachlässigt man das nächste." Soll heißen: Platz zwei in der Konstrukteurs-WM ist ohnehin kaum noch zu erobern, zumal Silber ohnehin nicht das erklärte Ziel ist, und am aktuellen Aerokonzept zu feilen ist aussichtslos, wenn es demnächst eingestampft wird. Bei Ferrari stehen alle Zeichen auf 2017, selbst in den Freien Trainings. Das kann zulasten der Abstimmung gehen.
"Das Setup immer genauso zu treffen, wie man will, ist trickreich. Der Freitag ist der einzige Tag um etwas auszuprobieren, wenn es keine Testfahrten mehr gibt", schildert Räikkönen das Dilemma. Dass die abknickende Formkurve etwas mit dem Abgang des Technikchefs James Allison zu tun hätte, kann sich Vettel nicht vorstellen: "Es war für das ganze Team nicht einfach, dass James weg ist. Er hatte eine Schlüsselrolle, aber auch für das kommende Jahr hat es keinen großen Einfluss."
Das Gepolter in den italienischen Medien nagt zunehmend am Deutschen. Über einige Journalisten und ihre Krisenstorys regte er sich zuletzt schon in seinen Medienrunden auf, die Fortschritten bei Ferrari betrachtet er als nicht ausreichend gewürdigt: "Ich bin jetzt zwei Jahren dabei und es läuft viel besser als vor zwei Saisons", beharrt Sebastian Vettel und fordert eine realistischere Sicht der Dinge: "Wir kämpfen ja nicht gegen Mickey Maus und Donald Duck, sondern gegen Profiteams."