Der Mercedes-Sportchef nennt Vettels Erfolg gegen Räikkönen nicht vorhersehrbar - Red Bull betont Wichtigkeit transparenter Entscheidungen
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Wenn zwei Teamkollegen in der Formel 1 den Grand-Prix-Sieg unter sich ausmachen, ist der Ärger vorprogrammiert. Wer wüsste das besser als die Mercedes-Mannschaft? Nach der jahrelangen Fehde zwischen Lewis Hamilton und Nico Rosberg, die zahlreiche Verschwörungstheorien und Siege mit Geschmäckle erlebte, kann Sportchef Toto Wolff verstehen, in welch misslicher Lage Ferrari am Sonntag in Monaco war: "Sonst mussten wir immer erklären, wieso der richtige Mann gewonnen hat."
Daran, dass die Scuderia die Strategie bewusst so gestaltete, dass Sebastian Vettel und nicht Kimi Räikkönen gewinnt, glaubt Wolff nicht. Schließlich sei es unabsehbar gewesen, dass der Deutsche auf gebrauchten Ultrasoft viel schneller konnte als der Finne auf neuen Supersoft: "Es war unklar, wie die Reifenmischungen funktionieren würden", unterstreicht er. Und beide Autos gleichzeitig abzufertigen ging naturgemäß nicht: "Sie mussten ja einen Fahrer zuerst auf Supersoft setzen", meint Wolff.
"Ich denke nicht, dass sie es vorausgesehen haben", unterstreicht der Österreicher, dem nicht entfallen war, dass Ferrari vor dem Hintergrund der Gesamtwertung den richtigen Mann auf den ersten Platz brachte: "Am Ende stimmte das Resultat für das Team und für die WM, aber ich denke nicht, dass es orchestriert gewesen wäre." Denn: Dass Vettel mehr Punkte auf dem Konto hat als Räikkönen, ist auch Folge dessen, dass er 2017 meist schneller ist. Und nicht die Ursache der Leistungsdifferenz.
Wolff fühlt sich an Zeiten der eigenen Dominanz erinnert: "Sie sind jetzt da, wo wir standen, als wir immer Erster und Zweiter geworden sind", meint er mit Blick auf die vergangenen drei Jahre. Auch Red-Bull-Kollege Christian Horner kann von solchen Situationen ein Lied singen. Er musste lange die Streithähne Sebastian Vettel und Mark Webber im Zaum halten und erfuhr am eigenen Leib, was es bedeutet, in ein Duell auf der Strecke einzugreifen und die Quittung zu erhalten .
Horner glaubt nicht, dass Räikkönen seiner Truppe Monaco übel nehmen würde: "Solange es für die Fahrer transparent bleibt, was passiert und sie offen und ehrlich mit ihnen umgehen, kommt jeder intelligente Pilot damit klar." Einzig der zurückgetretene Formel-1-Weltmeister Nico Rosberg betont, dass Teamorder ihren Sinn und Zweck hätte: "Es ist so schwierig. Sebastian ist derart auf jeden Punkt angewiesen - weil klar ist, dass Lewis gewaltig zurückschlagen wird", meint der Deutsche.
Jedoch betont auch er den Fairness-Gedanken: "Er kann es Kimi eigentlich nicht antun, wenn er es verdient, das Rennen zu gewinnen." Vettels WM-Rivale Hamilton gratuliert den Roten nach einem Wochenende zum Vergessen fair - und lässt Verschwörungstheorien ruhen. Dass der Deutsche am Ende jubelte, war für den Superstar der Szene ohnehin keine Überraschung. Er hatte schon während des Rennens Augen für das TV-Bild: "Ich wusste es von Anfang an. In Kurve 1 kann man die Leinwand sehen."
Sein Teamkollege Valtteri Bottas räumt ein, Landsmann Räikkönen die Daumen gedrückt zu haben: "Natürlich wäre es schöner gewesen, wenn ein Finne und kein Deutscher gewonnen hätte. Kimi hat sich auch über meinen ersten Sieg sehr gefreut", erinnert er an die Reaktion des "Iceman" nach dem Russland-Grand-Prix. Natürlich gratulierte Bottas artig - genau wie sein Boss. "Sie haben hier so lange nicht gewonnen, dass es vielleicht auch verdient gekommen ist", verneigt sich Wolff vor Ferrari.
Übrigens: Bottas glaubt nicht, dass eine mögliche Ferrari-Stallregie zugunsten Vettels seinen Nummer-2-Status bei Mercedes amtlich machen würde. "Wir sind noch nicht an diesem Punkt. Ich war an diesem Wochenende schnell und das Team weiß, wie lang der Weg noch ist", betont er nach dem Monaco-Grand-Prix, der ihn zum zweiten Mal in fünf Rennen vor den favorisierten Hamilton spülte.