Sergio Marchionne ist zwar von Binotto-Entscheidung überzeugt - "Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich zufrieden bin," muss der Ferrari-Boss aber zugeben
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Die kritische und durchaus einflussreiche Presse in Italien beschwor nicht zum ersten Mal in der Formel 1 2016 eine "Krise" in Maranello herbei, als James Allison, der nun technische Ex-Direktor, bei Ferrari das Feld räumte. Getreu der umstrittenen Vorwürfe á la Lügenpresse, wurden die entsprechenden Schlagzeilen lange Zeit dementiert. Sergio Marchionne sehe durch die personelle Veränderung aber auch Chancen im Team, wie er nun verriet.
"Ich möchte, dass wir diese Saison mit Ehre und Anstand zu Ende fahren, indem wir bei jedem Grand Prix alles geben. Wir können es uns aber nicht mehr erlauben, irgendwelche Zeit zu verschwenden," gibt der Ferrari-Boss seiner Crew für die zweite Saisonhälfte auf dem Weg.
Nach der langen Durststecke ohne Sieg dürfte die Stimmung in Maranello nicht besser geworden sein. "Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich zufrieden bin. Aber wir hoffen, dass die zweite Saisonhälfte besser wird," muss der Ferrari-Verantwortliche eingestehen. Zugleich betont dieser, dass dies kein Ultimatum für Teamchef Maurizio Arrivabene sei und nimmt vorsorglich jeglichen Gerüchten den Wind aus den Segeln, Arrivabene wäre angesichts der aktuellen Ferrari-Leistungen bereits angezählt. Immerhin mussten sich die Italiener zuletzt sogar von Red Bull geschlagen geben.
"Wir haben phänomenales Talent"
"Wir haben uns für Arrivabene entschieden, weil er sich in der Formel 1 auskennt. Wir brauchen so einen Teamchef wie ihn, er kann das Team gut führen," stellt der Italiener bei den Kollegen der 'Corriere della Sera' ein gutes Zeugnis aus. Auch die Fahrerpaarung stimme bei Ferrari: "Sebastian ist ein Champion. Wir haben auch die gute Arbeit von Kimi anerkannt und ihm einen neuen Vertrag für die kommende Saison gegeben," zeigt sich der Ferrari-Chef überzeugt.
Nach Allisons Abgang berief Ferrari Mattia Binotto auf dessen Posten. "Wir haben die Entscheidung getroffen, unsere Autos für 2016 und 2017 mit unserem internen Know-how zu entwickeln. Wir haben phänomenales Talent", präsentiert Marchionne seine Scuderia selbstbewusst. "Für uns ist es wichtig, unser Know-how zu nutzen - und das werden wir auch tun."
Es sei "überzogen" zu behaupten, Ferrari benötige technisches Expertenwissen von außen, verteidigt sich der Italiener gegen kritische Schlagzeilen, sein Team könne oder wolle keine "großen Namen" als Allison-Nachfolger verpflichten. Binotto wurde seitens der italienischen Presse vorgeworfen, eher wenig Erfahrung bei Aerodynamikfragen zu haben - vor allem angesichts von "Superhirn" Adrian Newey bei Konkurrent Red Bull.
Mattia Binotto diene "als Koordinator" im Team
Nach dem Allison-Abgang solle zukünftig der interne Nachwuchs besser gefördert werden, erläutert Marchionne: "Wir haben bei uns einige Talente. Die Frage wird nur sein, warum wir diese einsetzen sollten, wenn die Schlüsselpositionen bereits besetzt sind. Wird so deren Talent überhaupt zum Vorschein kommen?"
"Unsere Aufgabe ist es, das Ziel vorzugeben und dafür zu sorgen, dass diese Ziele erreicht werden. Wenn die Konzepte klar sind, müssen wir keine neuen Ingenieure außerhalb von Maranello suchen. Wir suchen nicht nach dem Mega-Talent. Wenn es eine solche Figur eines Mega-Talents gibt, ist es normal, dass alle anderen Techniker ihm folgen. Aber wir haben eine solche Person nicht," erläutert der Ferrari-Chef. Zukünftig solle es eher flache Hierarchien geben mit Mattia Binotto "als Koordinator".