FIA greift FOTA an: Wollen Macht übernehmen

, 16.06.2009

Es wird ernst: Im FIA-/FOTA-Streit wurden kurze Pressemeldungen gegen lange Dokumente ausgetauscht. Die FIA wirft der FOTA-Machtübernahmegelüste vor.

Nach einem ergebnislosen Meeting der FIA- und FOTA-Finanzexperten am Montag holte der Weltverband am Dienstag zum großen Schlag gegen die Teamvereinigung aus. Die FIA veröffentlichte ein langes Presseschreiben, welches mit den Worten beginnt: "Worum geht es in diesem Disput wirklich?". Darin legt sie unter anderem ihre Sicht der Dinge im Streit um Budgetgrenzen, Regelgebung und die Zukunft der Formel 1 dar.

Die FIA hat der FOTA mitgeteilt, dass sie deren Versuche, die F1-Regeln und die Kontrolle über die kommerziellen Rechte zu übernehmen, als inakzeptabel erachte, heißt es in dem Schreiben, das auch betont: Die FIA wird nicht von einer Budgetgrenze abrücken.

In einem Abschnitt überschrieben mit "Missverständnisse aus dem Weg räumen" schreibt die FIA, dass sie gemeinsam mit der FOM über Jahrzehnte die FIA Formel 1 Weltmeisterschaft zu einer der am meisten verfolgten Sportarten der Welt gemacht habe. "Angesichts des Erfolges der FIA-Weltmeisterschaft hat sich die FOTA - eine Gruppe von Teilnehmern, die kommen und gehen wie es ihnen gefällt - zwei klare Ziele gesetzt: Die Regelgebung der Formel 1 von der FIA zu übernehmen und die kommerziellen Rechte selbst auszunutzen. Diese Ziele kann die FIA nicht akzeptieren."

Gleichzeitig betonte die FIA jedoch, dass man einer Lösung im Sinne der Formel 1 offen gegenüber stehe. "Wir waren immer bereit, einen vernünftigen Kompromiss einzugehen, so lange es im Sinne aller Teilhaber ist", heißt es in dem FIA-Schreiben. "Die Formel 1 wird 2010 ein volles Starterfeld mit einem einzigen Regelwerk haben. Es ist notwendig, dass dieses klare und präzise finanzielle Regeln enthält." Damit deutet die FIA ihre Kompromissbereitschaft beim Wegfall einer angedachten Zweiklassen-F1 an, beharrt jedoch auf einer Budgetgrenze.

Gescheiterte Absicherung

In einem langen Abriss der bisherigen Ereignisse aus FIA-Sicht begründet der Weltverband den Drang zu einer Budgetgrenze mit dem Ausstieg von Honda, der die Alarmglocken zum Läuten gebracht habe. Danach sei klar gewesen, dass jeder der Hersteller ohne zu zögern aussteigen könnte, selbst wenn er - wie Honda - sich für die nächste Saison verpflichtet hatte.

Deswegen sollte Luca di Montezemolo versuchen, eine Bindung der Hersteller an die Formel 1, nicht nur eine der Teams zu bewerkstelligen. "Mr. Di Montezemolo versprach, die notwendigen Garantien der Hersteller einzuholen", schreibt die FIA. "Er versprach dies den gesamten Winter über, zuletzt bei einem Meeting mit dem FIA-Präsidenten am 23. Februar 2009." Allerdings habe man nie eine solche Erklärung erhalten. "Noch nicht einmal von Mr. di Montezemolos eigener FIAT-Gruppe."

Gleichzeitig habe Montezemolo alle Meetings zu Kostensenkungsmaßnahmen abgelehnt. "Es gebe keinen Grund dafür, sagte man der FIA. Die FOTA-Maßnahmen würden ausreichen und notfalls werde man mit drei Autos antreten." Im März sei der FIA klar gewesen, dass die FOTA keine neuen Teams in der Formel 1 haben wollte. "Stattdessen waren sie dagegen." Die FIA wollte hingegen neue Teams sehen und handelte deshalb eigenmächtig mit der Bekanntgabe der neuen Regeln, inklusive einer Budgetgrenze, um neuen Teams den Einstieg zu ermöglichen, und einer Zweiklassengesellschaft, um neuen Teams den Einstieg zu erleichtern.

FOTA-Forderungen

Beim WMSC-Meeting am 17. März habe Ferrari gegen das finanzielle Regelwerk, also die Budgetgrenze, gestimmt, allerdings nicht gegen die technischen Freiheiten für die neuen Teams. "Selbst danach war die FOTA nicht zu Gesprächen bereit. Mr. di Montezemolo war dies noch nicht einmal im privaten Rahmen." Um den neuen Teams einen Einstieg zu ermöglichen, mussten die Regeln frühzeitig bekannt gegeben werden. "Ansonsten hätte das Risiko bestanden, dass es in Melbourne 2010 nicht genügend Autos gegeben hätte."

Die detaillierten Regeln wurden am 29. April beschlossen. Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo hatte seine Stimme an den Präsidenten des italienischen Kartverbandes abgetreten, womit es zwei Gegenstimmen gegeben habe. "Aber es wurde keine Alternative angeboten." Es folgten die vielen Meetings der vergangenen Monate, inklusive des Treffens am 15. Mai, bei dem Toyota-Teampräsident John Howett die FOTA in Abwesenheit von Montezemolo vertrat und die Teams dazu aufforderte, den Raum zu verlassen. "Es wurde klar, dass die FOTA nicht verhandeln wollte, sondern nur erwartete, dass die FIA alle ihre Forderungen erfüllen würde."

Unverhohlene Lüge

Bei einem weiteren Meeting am 22. Mai habe die FIA zugestimmt, keine Zweiklassen-F1 einzuführen, wenn die Teams neuen Rennställen technische Hilfe zur Verfügung stellen würden. "Das wurde Mr di Montezemolo mindestens fünf Mal im Laufe des Meetings erklärt, aber er und die FOTA sprechen noch heute darüber", heißt es in dem FIA-Schreiben, das auch Informationen zum vorgeschlagenen neuen Concorde Agreement gibt. So sollen die FOTA-Teams darin verlangen, dass der CAS das neue Berufungsgericht werden solle (anstelle des FIA International Court of Appeal, der in den vergangenen Jahren mit seinen umstrittenen Strafen für Aufsehen sorgte) und alle Teams gegen neue Regeln Einspruch einlegen konnten.

Dennoch einigten sich die FIA und Ross Brawn (Brawn), Stefano Domenicali (Ferrari), Christian Horner (Red Bull) und John Howett (Toyota) bei einem fünfstündigen Meeting am 11. Juni fast in allen Punkten darauf, dass die FIA- und FOTA-Vorstellungen zur Kostensenkung beinahe identisch seien. Demnach sollten sich die Finanzexperten beider Seiten treffen, um die Details zu klären. "Danach hat die FOTA ein Statement herausgegeben, dass es keine Fortschritte bei dem Meeting gegeben habe. Diese unverhohlene Lüge demonstriert erneut, dass einige Elemente innerhalb der FOTA keine Einigung erzielen möchten."

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