Fittipaldi: Der Tag, an dem Ayrton Senna starb

, 29.11.2013

Fast 20 Jahre sind seit dem tragischen Unfall Ayrton Sennas vergangen - Sein langjähriger Begleiter und Freund Emerson Fittipaldi erinnert sich an die böse Kunde

Der 1. Mai 1994 zählt zu den schwärzesten Tagen der Formel-1-Geschichte, denn an jenem Sonntag vor fast 20 Jahren starb der vielleicht beste Rennfahrer aller Zeiten: Ayrton Senna. Beim Großen Preis von San Marino in Imola lag der Brasilianer bis zur siebten Runde in Führung vor Michael Schumacher, als er plötzlich in der Tamburello-Kurve von der Strecke abkam und gegen eine Wand krachte. Eine Strebe der Radaufhängung bohrte sich durch seinen Helm, woraufhin der dreifache Weltmeister wenig später verstarb. Sein Freund und Landsmann Emerson Fittipaldi - ebenfalls zwei WM-Titel in der Formel 1 - erinnert sich an den furchtbaren Tag.

"Ich war gerade dabei, IndyCar-Tests mit meinem Penske-Mercedes in Michigan durchzuführen. Ich hatte soeben einen gezeiteten Longrun begonnen, der eigentlich 28 Runden über den wunderbaren Speedway dauern sollte, auf dem durchschnittliche Rundengeschwindigkeiten von über 370 km/h an der Tagesordnung waren", erinnert sich Fittipaldi in seinem McLaren-Blog. "Dann hörte ich plötzlich meinen Teamchef über Funk, und er sagte: 'Emmo, komm rein'. Das war sehr ungewöhnlich - vor allem während eines Longruns -, also fragte ich: 'Warum? Stimmt etwas mit dem Auto nicht?' Seine Antwort lautete nur: 'Nein, nein, nein... Komm bitte einfach rein jetzt'."

Daraufhin ging der Weltmeister von 1972 und 1974, der Senna bereits als Teenager im Alter von 16 Jahren kennengelernt hatte, vom Gas und kehrte an die Box zurück: "'Was ist los, Jungs?', fragte ich. 'Deine Frau ist am Telefon und möchte mit dir sprechen', lautete die Antwort meines Teamchefs." Sofort habe Fittipaldi eine große Kälte in der Magengrube verspürt: "Ich habe gleich vermutet, dass einem unserer Kinder etwas Schreckliches passiert sein musste - ich konnte mir keinen anderen Grund vorstellen, warum das Team den Anruf meiner Frau sonst mit solcher Dringlichkeit hätte behandeln sollen."

Nicht die Kinder - "Es ist Ayrton"

"Ich sprang aus meinem Auto und rannte durch die Box zur Garage, wo einer der Jungs das Telefon in der ausgestreckten Hand hielt", berichtet der heute 66-Jährige. "'Was ist los? Ist etwas mit den Kindern?', fragte ich meine Frau. 'Nein', sagte sie. 'Es ist Ayrton, er wurde heute in Imola getötet.' Ich konnte darauf nichts antworten, ich hatte einfach keine Worte parat, überhaupt keine Worte. Ich habe in diesem Moment den elementarsten Schmerz gefühlt, die intensivste Trauer, die es überhaupt geben kann."

Natürlich habe der ehemalige Formel-1-Pilot gewusst, dass der Motorsport gefährlich war, aber abgesehen von Roland Ratzenberger, der einen Tag zuvor beim Training in Imola ebenfalls ums Leben gekommen war, hatte die Formel 1 seit dem tödlichen Unfall von Elio de Angelis im Jahr 1986 - also gut acht Jahre - keine derartige Tragödie mehr erlebt, denkt Fittipaldi zurück. "Vielleicht hatten wir uns ein wenig einlullen lassen von einer scheinbaren Sicherheit; wir haben immer erwartet, dass die Fahrer auch nach schweren Unfällen einfach aus ihren Wracks herausklettern - so wie das auch heute der Fall ist. Aber nichtmal ein Fahrer mit Ayrtons Brillanz kann einem Unfall wie dem in der Tamburello-Kurve entkommen."

"Ich schaute meine Penske-Crew an - in betretenem Schweigen aufgereiht in jener Garage in Michigan - und sagte nur: 'Ich kann nicht weitermachen, Jungs. Es tut mir leid. Nicht jetzt. Nicht heute.' Sie haben das verstanden", erklärt Fittipaldi. Senna hatte ein Jahr zuvor ähnliche Tests für Penske-Mercedes durchgeführt, die Mannschaft kannte das Ausnahmetalent somit auch persönlich: "Das hat mir ein bisschen geholfen. Die anderen um mich herum teilten meine Trauer, auch wenn der Verlust für sie nicht so schmerzlich war wie für mich. Ein Mann, den ich geliebt und bewundert habe, war gestorben."

Wenige Tage später wurde Sennas Leichnam in seiner Geburtsstadt Sao Paulo beigesetzt. "Die Erinnerung an Ayrtons Beerdigung, in deren Anschluss die brasilianische Regierung drei Tage Staatstrauer anordnete, wird für immer in meinem Gedächtnis bleiben. Drei Millionen Brasilianer nahmen am Trauerzug durch die Straßen Sao Paulos teil - vielen von ihnen weinten in aller Öffentlichkeit. Man sagte mir, es sei noch immer die größte Einzelzusammenkunft von Trauernden in der Neuzeit", so Fittipaldi. "Auf seinem Grabstein steht eingraviert: 'Nada pode me separar do amor de Deus' (übersetzt: 'Nichts kann mich von der Liebe Gottes trennen'; Anm. d. Red.). Ich habe es seit jenem schicksalhaften Tag nie mehr fertiggebracht, sein Grab zu besuchen."

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