Formel 1 2017: So fahren sich die "Biester"

, 28.02.2017

So fährt sie sich, die neue Formel 1: Piloten begeistert von Abtrieb und Reifen - Pirelli-Pneus von Anfang bis Ende schnell - "Dirty Air" wird zum Problem

Die Formel 1 hat sich für die Saison 2017 neu erfunden - bislang zumindest der Theorie. Nachdem in der Präsentationswoche das neue Fahrzeugdesign erstmals der Öffentlichkeit nahe gebracht wurde, stellte sich bei den Testfahrten in Barcelona die Frage, wie sich das neue Regelwerk nun aufs Fahren auswirkt. Es scheint sich gelohnt zu haben: Die Fahrer stiegen mit einem breiten Grinsen aus ihren Autos. "So viel Abtrieb habe ich noch nie erlebt", jubelt Valtteri Bottas. "Kurve drei hier in Barcelona geht locker voll mit den Dingern!"

Das Fahrgefühl sei "komplett anders als beim alten Auto", so der Mercedes-Neuzugang weiter. "Man spürt sehr gut, wie viel mehr Abtrieb der Wagen aufbaut. Das ist schon sehr eindrucksvoll. Im Übrigen finde ich die Autos bildschön. Das sind tolle Rennwagen, und das ist wichtig für die Formel 1." Auch sein Teamkollege Lewis Hamilton zeigt sich angetan. "Es ist schneller und anstrengender - es ist ein Biest!", grinst der dreimalige Weltmeister. "Der Abtrieb ist so viel höher. Das wünscht man sich als Fahrer immer. Wir haben hier zwei G mehr als früher."

Sergio Perez analysiert bereits: "Es fühlt sich besser in langsamen Passagen an, bei höheren Geschwindigkeiten ist es vergleichbar mit dem Vorjahr. Natürlich mit mehr Abtrieb." In den langsamen Kurven kommt der Grip vor allem von den neuen Pirelli-Reifen, die deutlich breiter sind als in den vergangenen Jahren. Perez gibt zu, dass er sogar noch mehr Abtrieb in schnelleren Kurven erwartet hätte, glaubt aber, dass es an der Balance des Autos lag. Diese hatte Force India am ersten Tag noch nicht aussortiert.

Neue Reifen halten ewig

Renault ist scheint zumindest teilweise schon einen Schritt weiter zu sein. "Man merkt in den mittelschnellen Kurven, dass einfach viel mehr geht", findet Nico Hülkenberg. Ganz perfekt ist es aber auch hier noch nicht gelaufen: "Kurve 3 ist definitiv flott, Kurve neun irgendwie noch nicht so richtig." Also auch hier steht noch Arbeit bevor. Mit Kurve 9 meint Hülkenberg die schnelle Campsa-Kurve des Circuit de Barcelona-Catalunya, die auf die Gegengerade mündet.

Auch bei den Reifen gibt es eine gute Nachricht: Die neuen Pirelli-Pneus scheinen zu halten, was sie versprechen. "Ich bin 18 Runden am Stück gefahren. Die sind überraschend konstant und stabil", bemerkt Hülkenberg. Auch Bottas findet: "Es scheint so zu sein, dass wir sie über längere Zeit wirklich hart rannehmen können. Generell ist es so, dass man mit diesen Autos und Reifen viel härter attackieren kann." Hamilton sieht "keinen großen Unterschied" zwischen der ersten und letzten Runde. Pirelli hatte bereits davor gewarnt, dass 2017 viele Rennen zu Einstopp-Rennen werden könnten.

Keine großen Unterschiede bei Longitudinal-Belastung

In den Kurven geht also wie erwartet einiges mit den neuen Abtriebsmonstern. Die Bremsleistung allerdings bewertet Hülkenberg als "nicht viel anders" als mit den alten Autos, obschon die neuen Boliden mehr Luftwiderstand haben. Auch auf der Geraden merkt Hülkenberg keinen großen Unterschied zum bisherigen Fahrerlebnis: "Mit DRS sind wir fast so schnell wie vergangenes Jahr. Ansonsten sind es bloß fünf bis zehn km/h. Das fühlt sich nicht viel langsamer an."

Er fügt lachend eine Anekdote aus dem Cockpit an: "Als mich zum ersten Mal ein anderes Auto überholt hat, dachte ich, da kommt ein LKW! Die Autos sehen so massiv aus im Vergleich zu den Vorjahren. So brachial und maskulin. Wir hatten vergangene Woche einen Filmtag, da war auch ein Vorjahreswagen dabei. Der sieht dagegen plötzlich aus wie ein Formel-3-Auto."

Für die neuen Formel-1-Autos der Generation 2017 haben die Fahrer im Winter teils brutal trainiert. Mit Erfolg: Kein Pilot musste den Test vorzeitig wegen Nackenschmerzen abbrechen. "Ein bisschen steif ist er schon vielleicht", gibt Hülkenberg zu. Aber Schmerzen? Fehlanzeige. Auch von den anderen Fahrern beklagte sich niemand nach dem ersten Testtag. Dennoch wissen die Akteure, dass kein Krafttraining der Welt die Kräfte in einem Formel-1-Boliden simulieren kann. "Die Testtage sind wie zusätzliches Training", bemerkt Lewis Hamilton.

Der Brite ist auch der einzige, der sich zu den Befürchtungen äußert, dass die Action auf der Strecke schlechter werden könnte, weil die neuen Autos anfälliger für das "Dirty Air"-Phänomen sind. Und hier sind die Neuigkeiten nicht wirklich gut, denn Hamilton bestätigt die Sorgen, dass die verwirbelte Luft das Hinterherfahren hinter einem anderen Auto noch schwieriger macht als in den vergangenen Jahren: "Ich bin ein paar anderen Autos hinterhergefahren. Es war nicht so einfach aufzuschließen. Überholen wird dieses Jahr sicher schwieriger."

Jetzt kommentieren
Jetzt bewerten

Zum Bewerten musst Du registriert und eingeloggt sein.

Weitere Formel 1-News

Kimi Räikkönen trumpfte in Barcelona trotz gesundheitlicher Probleme auf

Formel-1-Tests 2017: Räikkönen sorgt für Ferrari-Bestzeit

Der Schlagabtausch zwischen Mercedes und Ferrari im Rahmen der Formel-1-Tests 2017 in Barcelona fand am Dienstagnachmittag seine Fortsetzung. Kimi Räikkönen drehte trotz leichter gesundheitlicher …

Renault stemmt die Motorenentwicklung wieder mit eigenem Personal

Renault arbeitet nicht mehr mit Mario Illien zusammen

Renault geht bei der Motorenentwicklung wieder seine eigenen Wege: Mario Illien, der dem Hersteller dabei half, in der Formel-1-Saison 2016 wieder auf die Siegerstraße zurückzukehren, steht nicht …

Lewis Hamilton und Mercedes werden in Barcelona immer schneller

Formel-1-Tests 2017: Mercedes lässt wahre Stärke aufblitzen

Mercedes und Lewis Hamilton haben bei den Formel-1-Testfahrten in Barcelona am Dienstagvormittag das Kommando übernommen. Nach den ersten vier Stunden Fahrbetrieb auf dem Circuit de Catalunya war der …

Nach dem Willen von Red Bull hätte es die Heckflossen nicht gegeben

Formel 1 2017: Red Bull wollte Heckflosse verbieten lassen

Als in der vergangenen Woche nach und nach die Formel-1-Autos des Jahrgangs 2017 vorgestellt wurden, mussten viele Fans und auch professionelle Beobachter erst einmal schlucken. Die neuen Boliden sehen zwar …

Nico Hülkenberg stand heute länger an der Box, als ihm lieb war

Kein problemloser erster Tag für Nico Hülkenberg bei Renault

Ein Einstand nach Maß war es nicht für Nico Hülkenberg bei Renault. Am ersten Tag der Wintertests der Formel 1 2017 in Barcelona wurde der Deutsche von kleineren Problemen an seinem Renault …

Speed Heads - Sportwagen- und Auto-Magazin

Das Auto und Sportwagen Magazin mit täglich aktualisierten Auto News, Motorsport News, Auto Tests, Sportwagen Berichten und der streng geheimen Auto Zukunft. Speed Heads ist die Community für echte Auto-Fans und informiert im Sportwagen Magazin über Neuigkeiten aus der Welt der schnellen Autos.

  • emotiondrive Logo
  • World Car Awards Logo
  • Motorsport Total Logo