Das FIA-Meeting um die Zukunft der Formel 1 stieß auf großes Interesse - FIA wird mit allen Parteien einzeln reden - Mehr Sound, aber kein technologischer Rückschritt
© Foto: Renault Sport F1
Die Weichenstellung für die Zukunft der Formel 1 kommt langsam voran. Nach einem Meeting am gestrigen Dienstag haben die Beteiligten darauf geeinigt, dass die FIA und das Formula One Management (FOM) mit allen Interessenten einzeln sprechen wird, bevor weitere Schritte im September unternommen werden. Und dieses Interesse ist riesig. Neben den FIA- und FOM-Abgesandten saßen 13 Parteien am Tisch, darunter viele Einstiegs-Interessenten.
Bei diesen Interessenten handelt es sich namentlich um Audi, Porsche, Alfa Romeo, Aston Martin, Cosworth, McLaren Automotive und Ilmor, die gemeinsam mit den vier momentan in der Formel 1 beschäftigten Herstellern (Mercedes, Ferrari, Renault und Honda) am Tisch saßen. Hinzu kommen die Zulieferer Zytek Automotive und Magnetti Marelli.
Auf FIA-Seite waren Jean Todt, Formel-1-Technikchef Marcin Budkowski, dessen Vorgänger Charlie Whiting, FIA-Motorenchef Fabrice Lom, Ex-Porsche-Vorstand Wolfgang Hatz als Berater und Ross Brawn als FOM-Abgesandter dabei. Bemerkenswert ist die Anwesenheit von Cosworth als Teil des Aston-Martin-Konsortiums. Diese hatten bei den vorigen Meetings gefehlt.
Lom und Budkowski werden in den kommenden Wochen und Monaten mit allen 13 Parteien einzeln sprechen. Es müssen zahlreiche unterschiedliche Interessen unter einen Hut gebracht werden. Das Herstellerinteresse ist sogar noch größer als bei den Gesprächen Ende der 2000er-Jahre, aus denen die aktuellen Antriebseinheiten hervorgegangen sind, die seit 2014 zum Einsatz kommen. Im September wird sich die Runde im Vorfeld der FIA-Weltratssitzung erneut treffen. Dieses ist für den 21. September angesetzt.
Biturbo statt ERS-H wahrscheinlich
Auf Kernpunkte hat sich die Runde bereits verständigt: Ein technologischer Rückschritt der Formel 1 ist nicht denkbar. Aus diesem Grunde soll es auch bei kleinen Motoren bleiben. Allerdings sind die Hersteller bereit, auf die Energierückgewinnung im Auspuff zu verzichten. Das ERS-H, das viel Sound schluckt und darüber hinaus hochkompliziert ist, wird voraussichtlich verschwinden. Die Entwicklung beim kinetischen Energierückgewinnungssystem ERS-K soll aufhören. Ein Einheits-KERS auf dem Stand des 2020 am weitesten entwickelten Hybridantriebs soll die Kosten für Privatteams senken und kleinere Abstände zwischen den einzelnen Aggregaten garantieren.
Statt der ERS-H soll ein Biturbo nicht nur für Leistung, sondern auch für mehr Sound sorgen. Die Lösung mit zwei kleinen Turboladern statt eines großen wird von zahlreichen Sound-Experten seit Beginn der Lärmdiskussionen im Jahre 2014 empfohlen. Mit der Formel "ERS-H raus, Biturbo rein" können sich die Hersteller wohl anfreunden, da es zumindest nicht nach Rückschritt klingt. Kehrseite des Vorschlags: Die durch das ERS-H wegfallende Lösung müsste durch zusätzlichen Kraftstoff kompensiert werden.
Doch der in der Vergangenheit häufig thematisierte "grüne Aspekt" der Formel 1 ist ohnehin immer mehr in den Hintergrund getreten. Bereits bei den ersten Gesprächen am 31. März wurde das deutlich. Für grüne Technologie soll die LMP1-Kategorie der Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) herhalten. Das Interesse an dieser Klasse ist aber momentan sehr überschaubar. Umweltschonende Technologie ließe sich in der Formel 1 über alternative Kraftstoffe realisieren. Das wäre aber eine Aufgabe für die Formula One Fuel Suppliers Association und wird daher in der jetzigen Runde nicht diskutiert.
Noch ist es ein weiter Weg bis zum Formel-1-Motor 2021, doch noch ist auch Zeit. Denn der Verbleib der jetzigen Antriebseinheiten ist vertraglich bis 2020 garantiert.