Formel 1 in der V6-Krise: Toto Wolff an Ecclestones Pranger

, 08.04.2015

Bernie Ecclestone ist genervt vom Egoismus, der die Formel 1 zerstört, und will eine weitere Beschädigung nicht zulassen: Er fordert eine Rückkehr zu alten Motoren

Rückläufige Zuschauerzahlen, verschwindende Traditionsstrecken, zahlungsunfähige Teams und immer lauter werdende Kritik: Die Formel 1 hat in ihrer Geschichte definitiv schon bessere Zeiten erlebt. Selbst der ehemalige FIA-Präsident Max Mosley musste zuletzt erkennen, dass die Königsklasse auseinanderzubrechen droht, wenn keine Maßnahmen getroffen werden.

Jetzt hat sogar Formel-1-Boss Bernie Ecclestone öffentlich Sorge um "sein" Ziehkind geäußert, das er einst groß gemacht hat, und von dem er selbst meist in höchsten Tönen spricht und dessen Probleme er meist erst gar nicht sehen will. "Ich will nicht erleben, wie die Formel 1 sich selbst zerstört, weil einige Leute einen Fehler gemacht haben", gibt er bei 'Sport Bild' zu, Bedenken zum aktuellen Zustand der Formel 1 zu haben.

Es ist bekannt, dass der Brite kein Freund des aktuellen Motorenreglements ist. Die V6-Aggregate sind ihm ein Dorn im Auge, weil sie zu leise und zu teuer sind und keinen sportlichen Mehrwert bieten. Darum würde er auch gerne wieder zurück auf die alte Motorenformel gehen, die seiner Meinung nach viel besser war: "Die Fans mochten die Lautstärke, die Teams die geringen Kosten - und das Racing war auch besser", sagt er.

Mercedes: Hybrid Teil der Marketingstrategie

Doch eine Rolle rückwärts gilt als ausgeschlossen. Die Formel 1 hat sich der neuen Motorenformel verschrieben, und ein plötzlicher Sinneswandel wäre vielerorts nur schwer zu vermitteln. Schließlich waren es Motorenhersteller wie Renault selbst, die auf die Einführung der neuen Technologie bestanden haben, und auch Honda ist dem Vernehmen nach nur eingestiegen, weil es das neue Reglement gibt.

Auch Mercedes dürfte sicherlich kein Interesse daran haben, die bestehenden Verhältnisse umzukrempeln, wie Motorsportchef Toto Wolff andeutet: "Für uns ist die aktuelle Technologie ein wichtiger Teil unseres Formel-1-Engagements. Unsere Marketingstrategie fokussiert auf die Hybridtechnik der Formel 1", erklärt er offiziell. Dabei dürfte er auch im Kopf haben, dass die Silberpfeile motorentechnisch derzeit einen deutlichen Vorteil haben, den sie nicht verlieren wollen.

Der Österreicher argumentiert aber damit, dass die Konkurrenz zudem bereits aufgeholt habe, wie man am Erfolg von Sebastian Vettel und Ferrari in Malaysia sehen könne. "Natürlich ist Mercedes noch die Messlatte, aber die anderen kommen näher", unterstreicht er bei 'Sport Bild'. Aktuell sind es speziell die Mercedes-Teams, die mögliche Regeländerungen mit ihrem Veto im Keim ersticken, weil sie persönliche Vorteile haben - und genau das verhindert eine Neuausrichtung der Königsklasse.

Ecclestone zu Wolff: "Geholfen, die Formel 1 zu killen"

Bernie Ecclestone ist sauer, dass in diversen Meetings und Sitzungen über die Zukunft der Formel 1 diskutiert wird, es aber nie zu einer Entscheidung kommt, weil sich die Teams nicht einigen können. "Normalerweise kann man Fehler wiedergutmachen. Aber wir versuchen es nicht einmal", schimpft der Zampano. "Wir sitzen da und warten darauf, dass die Formel 1 verschwindet." Besondere Schuld sieht er dabei eben bei Mercedes und Toto Wolff: "Toto, du wirst eine schöne Inschrift auf deinem Grabstein haben: 'Ich habe geholfen, die Formel 1 zu killen'", richtet er sich ironisch an den Motorsportchef des Herstellers.

Bislang drehen sich die Beteiligten damit allerdings weiterhin nur im Kreis. Mit Schuldzuweisungen, leeren Worten und Hinhaltetaktiken hat sich noch selten etwas nach vorne bewegt. Ideen gab es zwar in den vergangenen Wochen einige - Stichwort 1.000-PS-Motoren - doch geeinigt hat man sich bislang auf nichts. Red Bulls Teamchef Christian Horner bleibt ein Befürworter der PS-starken Antriebe.

"Die Autos sind zu leicht zu fahren", urteilt er. "Billige Motoren mit 1.000 PS wären die Lösung. Die Fans würden es lieben", ist Horner überzeugt, denn vielmehr als neue Technologie interessiere die Zuschauer vor allem eine gute Action auf der Rennstrecke. "Am Ende ist die Formel 1 eine Marketingübung. Sie muss aufregend sein, eine gute Show bieten und unterhalten. Sonst können wir gegen andere Sportarten nicht bestehen." Doch Worten müssen auch Taten folgen, das sieht auch Ecclestone so und droht an, die FIA einschreiten zu lassen: "Ich werde nicht zulassen, dass die Formel 1, die 50 Jahre lang funktioniert hat, aus purem Egoismus zerstört wird."

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