Mercedes-Sportchef Toto Wolff sieht einen unabhängigen Motorenhersteller mit Skepsis, stimmt Red Bull aber zu, dass zügig Fakten geschaffen werden müssten
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Die jüngsten Ausstiegsdrohungen der Red-Bull-Mannschaft haben die Diskussionen über ein neues Motorenreglement ab der Saison 2021 in den Blickpunkt der Formel-1-Welt rücken lassen. In zahlreichen Punkten könnten die Österreicher ihre Forderungen durchbringen, schließlich scheint Konkurrent Mercedes ähnliche Vorstellungen von der Zukunft der Triebwerke in der Königsklasse zu besitzen - abgesehen von einem Punkt. Die Gretchenfrage dreht sich um die Hybridkomponenten.
Helmut Marko ist kein Freund der aktuellen MGU-H und MGU-K, deren komplizierte Technik bei Renault und bei Honda für zahlreiche Defekte sorgt. Dass die Komponenten zur Energierückgewinnung elementar dafür wären, die Entwicklung von Serienwagen voranzutreiben, bezweifelt der Red-Bull-Berater in der 'Kronen Zeitung': "Es ist so viel in Bewegung, zum Beispiel beim Thema Wasserstoff. Man weiß einfach nicht, was die Zukunft im automobilen Motorenbereich bringen wird."
Anders sieht die Sache Mercedes-Sportchef Toto Wolff, der die aktuellen V6-Hybriden "nicht komplett schlecht" findet. Er outet sich als Fan der Elektropower: "Es wird alles auf der Straße hybrid und effizient - oder sogar autonom", wird er von 'Autosport' zitiert. Doch der Österreicher weiß, dass Technik im Motorsport nicht funktioniert, wenn sie nicht Urgewalt versprüht. "Rennautos zu sehen ist aber noch eine audio-visuelle Erfahrung", unterstreicht Wolff den Stellenwert des Sounds.
Er räumt ein: "Es verschafft uns den Eindruck von Kraft und von Geschwindigkeit. Vielleicht wurde dieser Punkt bei den aktuellen Antrieben vergessen." Bisherige Lösungsversuche fruchteten nur zum Teil, was die Frage aufwirft, ob die Lösung des Soundproblems es erfordert, das alte Konzept über den Haufen zu werfen und ein neues auf die Beine zu stellen. Für Wolff steht fest, dass eine Rückkehr zur V8-Power der vergangenen Formel-1-Generation nicht die Antwort sein kann.
Das liegt am Vorreitercharakter der Formel 1 in technologischen Fragen und der regen Beteiligung der Branchengiganten. Wolff schwärmt: "Es besteht die Wahl zwischen dem besten Sportwagenbauer der Welt, Ferrari. Dazu die besten Marken für Straßenautos, Honda und Renault. Und natürlich die Nummer-1-Premiummarke Mercedes. So eine Situation gab es nicht oft." Dennoch pocht Red Bull darauf, das Angebot ab 2021 um mindestens einen Anbieter für Antriebe zu ergänzen.
"Wir fordern ein Reglement, das es unabhängigen Motorenherstellern ermöglicht, ein wettbewerbsfähiges Produkt zu erzeugen", macht Marko klar. Dass der Energydrink-Hersteller einen Einheitsmotor wünschen würde, sei "völliger Blödsinn". Wolff sieht aber auch einen Einstieg von werksungebundenen Firmen wie etwa Cosworth kritisch: "Wird ein unabhängiger Motorenhersteller jemals gegen Konzerne konkurrenzfähig sein, die Milliarden investiert haben? Ich bin mir nicht sicher."
Der Boss der Silberpfeile sieht Abhilfe darin, sich früh auf ein Konzept zu einigen, sodass kleinere Unternehmen sich auf die Suche nach Sponsoren und Investoren begeben können, um das Projekt zu stemmen. In diesem Punkt sind sich Wolff und Marko einig. Auch der Red-Bull-Lautsprecher lässt wissen: "Spätestens bis Ende der laufenden Saison 2017 brauchen wir Fakten auf dem Tisch" Man versuche bereits, Kompromisse zu finden, und die Sache laufe "schön langsam in die richtige Richtung".