Die FIA führt für die Formel-1-Saison 2018 neue Regeln zur Absenkung der Bodenfreiheit bei der Kurvenfahrt ein - Ferrari setzt sich gegen Red Bull durch
© Foto: Sutton
Es ist ein Weihnachtsgeschenk der übleren Sorte, das das Red-Bull-Team von der FIA erhalten hat: Ferrari hat sich bei der Interpretation des Reglements für die Formel-1-Saison 2018 bei der FIA durchgesetzt. Die Bullen verwendeten 2017 ein spezielles System in der Vorderradaufhängung, das ein Absenken der Bodenfreiheit der Vorderachse während der Kurvenfahrt ermöglichte. Das ist künftig nahezu verboten; der Effekt wird auf fünf Millimeter begrenzt.
Christian Horners Team hat während der Formel-1-Saison 2017 die größten Sprünge der drei großen Teams an der Spitze des Feldes gemacht und zu Saisonende deutlich zu Ferrari und Mercedes aufgeschlossen. Einen Teil dieses Fortschritts glaubt Charlie Whiting in einem System gefunden zu haben, das die Bodenfreiheit an der Vorderachse bei einer Lenkbewegung absenkt. Für Whiting entspricht das nicht dem Geist des Formel-1-Reglements.
Geringere Bodenfreiheit bedeutet mehr Grip und ein direkteres Einlenkverhalten. Es ist das zweite Mal in nur einem Jahr, dass Red Bull seine Aufhängung abändern muss. Schon vor der Saison 2017 wurde ein von Red Bull entwickeltes System verboten, das die Bodenfreiheit auf der Geraden mittels eines Energiespeichers abgesenkt hat.
FIA folgt Ferraris Willen
Diskutiert wurde diese Materie am 21. November in London. Auslöser war eine Anfrage von Ferrari an die FIA. Die Roten hatten ihrerseits während der Saison 2017 mit der Entwicklung eines entsprechenden Systems begonnen, das aber natürlich noch weit weniger ausgefeilt war als das von Red Bull. Durch die Anfrage an die FIA kann Ferrari nun unnötige Entwicklungskosten sparen und nebenbei gleich einen Konkurrenten einbremsen. Wenig überraschend hat Red Bull während des Meetings stark gegen eine Änderung opponiert, während Ferrari für eine Einschränkung war.
Augenscheinlich hat sich Sergio Marchionne durchgesetzt, denn die drei Wochen später ausgesendete Mail von Whiting besagt, dass Red Bull abrüsten muss. Auch Mercedes dürfte profitieren, denn Informationen von 'Motorsport-Total.com' zufolge haben während der Formel-1-Saison 2017 nur Red Bull, Ferrari, McLaren und Renault mit solchen Systemen experimentiert. Allerdings bleibt offen, wie weit man in Brackley mit der Entwicklung eines solchen Systems gewesen ist; bekanntlich will Mercedes in der kommenden ein stärker angestelltes Fahrzeug ("High Rake") an den Start bringen.
Findet Red Bull Schlupflöcher?
Whiting hat nun die Teams darauf hingewiesen, dass künftig genaue Grenzwerte zur Absenkung der Bodenfreiheit gelten werden. In seiner neuen Technischen Direktive (TD 044) heißt es: "Uns wurde während der Saison klar, dass einige Teams ihre Aufhängungs- und Lenkungssysteme so konstruiert haben, dass die vordere Bodenfreiheit verändert wurde."
"Es stimmt, dass eine Lenkbewegung eine gewisse Veränderung des Bodenabstands mit sich bringt. Wir sind allerdings der Ansicht, dass der Effekt mancher Systeme weit über den natürlichen hinausging. Wir glauben auch, dass diese nicht natürliche Veränderung höchstwahrscheinlich das Ziel hatte, die aerodynamische Performance des Autos zu beeinflussen."
"Veränderungen an der Bodenfreiheit beim Bewegen des Lenkrads sollte komplett natürlich sein. Wir bitten euch (die Teams; Anm. d. Red.) daher, uns alle relevanten Dokumente zu übermitteln, die besagen, welchen Effekt die Lenkung auf die Bodenfreiheit der Vorderachse hat. Außerdem sind wir der Ansicht, dass sich die Bodenfreiheit um nicht mehr als fünf Millimeter verändern darf, wenn das Lenkrad von einem Anschlag zum anderen bewegt wird."
Whiting bezieht sich dabei auf einen bereits 24 Jahre alten Passus im Formel-1-Reglement, der aktive Aufhängungen verbietet - den Paragraph 3.8. Dieser wurde bereits beim FRIC-System von Mercedes kontrovers diskutiert. Whitings Argumentation zufolge gilt der Paragraph auch für die Lenkung. Unklar ist jedoch noch, wie genau die FIA die Einhaltung der neuen Direktive überwachen will. Schon bei Red Bulls biegsamen Frontflügeln zu Beginn der 2010er-Jahre dauerte es rund zwei Jahre, bis alle Schlupflöcher geschlossen waren und sie endgültig verschwanden.