In der NASCAR-Serie existiert ein System, das für Spannung bis zum letzten Saisonrennen sorgen soll - In der Formel 1 scheint ein solches aber nicht nötig zu sein
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Dass Sebastian Vettel den diesjährigen WM-Titel noch herschenken wird, daran glaubt eigentlich niemand mehr so recht - obwohl noch immer sieben Rennen ausstehen. Zu groß scheint die Überlegenheit des Deutschen und die seines Red Bulls, der offensichtlich auf keinem Streckentyp nennenswerte Nachteile oder Schwierigkeiten hat. Um eine Weltmeisterschaft bis zum Ende spannend zu halten, gibt es beispielsweise in der amerikanischen NASCAR-Serie ein Play-off-System, von dem einige Akteure der Formel 1 allerdings wenig begeistert sind.
In der NASCAR-Serie wird das Fahrerfeld zehn Rennen vor Saisonende separiert: Die bis dahin zwölf Besten dürfen an der sogenannten "Chase" teilnehmen, der Rest des Feldes hat keine Chance mehr auf den Titel (selbst wenn ein Fahrer die letzten zehn Rennen gewinnen würde). Der Grundgedanke bei diesem Play-off-System ist, dass die Punkte, die die Chase-Teilnehmer bislang gesammelt haben, auf jeweils 5000 Zähler angeglichen werden, sodass praktisch die Jagd auf den Titel wieder bei null beginnt. Hinzu kommen lediglich wenige Bonuspunkte, etwa für bisherige Saisonsiege.
Möglicherweise könnte ein solches System auch in der Formel 1 dazu führen, den WM-Kampf bis zuletzt spannend zu halten. Zumindest würde es wohl eine derartige Dominanz, wie Vettel sie aktuell genießt, unterbinden. Diverse Akteure innerhalb der Königsklasse halten davon aber wenig: "Das wäre nicht die Formel 1", ist sich McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh sicher, der die Notwendigkeit für ein Play-off-System nicht sieht: "In den vergangenen Jahren waren es tolle Weltmeisterschaften. Vor einiger Zeit (2010; Anm. d. Red.) konnten in Abu Dhabi noch fünf Fahrer Weltmeister werden. Es wird Jahre geben, die sehr gut sind, andere sind wieder nicht so gut."
Bessere und schlechtere Jahre
Diese Meinung teilt auch sein Pilot Jenson Button: "Nicht jedes Jahr kann der Titelkampf spannend sein. 2011 hat Sebastian überlegen gewonnen. Im Vorjahr war der Konkurrenzkampf gut", erinnert sich der Brite. Auch in diesem Jahr findet er die WM nicht langweilig: "Sein Vorsprung ist zwar groß, aber es macht trotzdem Spaß, weil die Rennen viel Action bieten und es verschiedene Sieger gab. Es ist eine gute Meisterschaft." So ist Button davon überzeugt, dass die Zuschauer die aktuelle Saison genießen: "Ich glaube nicht, dass die Fans zu sehr auf den WM-Stand blicken. Wir hatten in diesem Jahr schon einige gute Rennen."
Whitmarsh ist zudem davon überzeugt, dass es 2014 aufgrund der neuen Motoren wieder anders aussehen wird: "Ich glaube, dass es im nächsten Jahr an der Spitze wieder eng zugehen wird, denn es kommen aufregende neue Regeln. Die natürliche Hackordnung kann über den Haufen geworfen werden." Darüber hinaus ist er überzeugt von anderen technischen Neuerungen, die kürzlich in der Formel 1 Fuß gefasst haben: "Viele Leute haben Dinge wie DRS kritisch gesehen. Das hilft aber dem Racing, und ich finde, das Racing ist gut." Ein Play-off-System sei demnach nicht von Nöten.
Auch Lotus-Teamchef Eric Boullier sieht die Baustellen eher woanders: "Bevor wir uns Gedanken über das Wertungssystem machen, sollten wir erst einmal für Chancengleichheit sorgen. Wenn man gutes Racing über die gesamte Saison und eine gute Show haben möchte, dann muss man bei uns die Chancengleichheit herstellen und alle auf ein annähernd gleiches Niveau bringen", findet der Franzose. Somit sei die aktuelle Situation in der Formel 1 nicht mit der NASCAR vergleichbar: "Dort sind alle Autos dermaßen gleich, sodass man quasi jedes Wochenende einen anderen Gewinner haben kann. Es ist einfach ganz anders als bei uns."
Auch Sauber-Teamcheffin Monisha Kaltenborn hält nichts von derartigen Veränderungen des Reglements und spricht ebenfalls über andere Ansatzpunkte: "Ich finde nicht, dass wir diesen Weg gehen sollten. Wir sollten zunächst die anderen Probleme lösen. Momentan wird viel über die finanzielle Situation gesprochen, davon müssen wir wegkommen." Die Formel 1 scheint also weitgehend damit übereinzustimmen, dass ein Play-off-System nach dem Vorbild der NASCAR weder nötig noch direkt übertragbar wäre. Vettel dürfte sich in diesem Jahr darüber freuen.