Kopfschmerzpatient Alonso nennt Rang zwei in der Konstrukteurs-WM einen "schwierigen Traum" - Teamchef Domencali beklagt mangelnde Fortschritte
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Es sind nur 15 Punkte, die Ferrari in der WM-Gesamtwertung der Konstrukteure hinter Mercedes und dem als Ziel ausgegebenen zweiten Rang liegt. Nach dem US-Grand-Prix in Austin am Sonntag scheinen diese Pünktchen eine Galaxie zu bedeuten, schließlich war die Scuderia meilenweit von Red Bull und Lotus entfernt, dazu nicht schneller als die Silberpfeile - was es aber bräuchte, um in der Tabelle aufzuholen. "Vielleicht war das Ziel zu ambitioniert", räumt ein frustrierter Fernando Alonso ein.
Der Spanier fordert Demut: "Wir müssen realistischer sein und wissen, dass der Kampf um Platz zwei in der Konstrukteurs-WM ein Traum war, den wir nur schwierig wahr werden lassen können." Dennoch hat er Prestige und rund acht Millionen US-Doller Preisgeld noch nicht aufgegeben, auch wenn der erste Schritt einer in die falsche Richtung war: "Wir wollten den Abstand in der Konstrukteurs-WM verkürzen, das war das Ziel. Wir hatten an diesem Wochenende aber nicht das Tempo, um das zu bewerkstelligen."
Hinzu kommt, dass Lotus den Roten auf 18 Punkte auf die Pelle gerückt ist und sie mit einem stärkeren Heikki Kovalainen in Brasilien abfangen könnte. "So gesehen war es kein gutes Wochenende, aber im Moment können wir nichts machen", pustet Alonso durch, zieht sich aber am gesicherten zweiten Rang in der Fahrer-WM hoch: "Ich bin sehr stolz. Wir haben nicht das zweitschnellste Auto, da ist der Platz eine Belohnung. Es ist eine meine Stärken, sonntags so viele Punkte wie möglich einzufahren - egal, was für ein Auto und welche Regeln wir haben."
Kämpfen bis zum Schluss
Auch Stefano Domenicali findet, dass sein Pilot mit der Vizeweltmeisterschaft individuelle Klasse bewiesen hätte: "Sicherlich ist es eine großartige Leistung", zieht der Teamchef den Hut, ohne die erneut ausgebliebene Krone zu vergessen: "Dass er Zweiter ist trotz der Probleme, die wir im Saisonverlauf hatten, zeigt, dass er einen tollen Job gemacht hat. Aber nach so vielen Jahren mit Platz zwei wäre es schon an der Zeit, eine Position nach oben zu klettern, klar." Domenicali gesteht Defizite bei Ferrari ein.
Schließlich trabt das Team seit der Sommerpause auf der Stelle: "Wir haben in der zweiten Saisonhälfte keinen Fortschritt mehr verzeichnet", meint Domenicali und zeigt sich selbstkritisch, ohne den Blick von der Konstrukteurs-WM abgewendet zu haben: "Anderen ist das gelungen: Mercedes sicher besser als uns. Wir müssen etwas verstehen, weil wir nur eine Woche haben, um das bestmögliche Auto für Brasilien vorzubereiten. Wir wollen Mercedes attackieren und vor Lotus bleiben." Also doch nicht alles Träumerei?
Alonso ist ein müder Krieger
Alonso, der nach eigener Aussage des Kämpfens "im Qualifying um den dritten Abschnitt, im Rennen um die Punkte" geistig müde ist, will gesundheitliche Probleme nach dem Randstein-Flug von Abu Dhabi ad acta legen. "Ich bin auch körperlich müde, weil ich mich physisch auf das Rennen nicht gut vorbereitete. Ich lag eine Woche mit Kopfschmerzen im Bett. Das Rennen war anspruchsvoll und ich fühle mich ausgelaugt." Behindert hätte ihn das in Austin aber trotzdem nicht: "Wenn es im Auto warm ist und ich voll bin mit Adrenalin, dann habe ich null Probleme."
In Brasilien rechnet Alonso mit "Stress und Druck für das ganze Team". Domenicali wittert den im Winter, wenn es gilt, den eigenen Starpiloten mit dem Material zu versorgen, das ihm gebührt: "Es ist für uns alle wichtig, dass wir ein gutes Auto bauen", betont der Teamchef, wie er den Ex-Weltmeister wieder glücklich machen will: "Das ist der Ausweg aus der Frustration. Sind wir nicht in der Lage, einem Fahrer, der sich das Herz aus dem Leib kämpft, einen schnellen Wagen zu geben, dann müssen wir uns darauf konzentrieren. Das genießt Priorität."