Der ehemalige Williams-Chefingenieur Mark Gillan ist überzeugt davon, dass die Modifikationen Mercedes als einzigem Team schaden - Herausforderung für 2014
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Pirelli hat wie angekündigt die Reifen ab Barcelona verändert. Allerdings betrifft die Änderung überraschend nur die harte Mischung der schwarzen Walzen. Diese soll jetzt näher an der 2012er Spezifikation sein und somit länger halten können. Voraussichtlich wird der Reifen so auch ein breiteres Arbeitsfenster bekommen und dadurch universeller einsetzbar sein. Der ehemalige Williams-Chefingenieur Mark Gillan sieht dadurch Vorteile für die meisten Teams - nur eines soll durch die Änderung benachteiligt sein: ausgerechnet Mercedes.
Ausgerechnet Mercedes, die im Rennen von Bahrain sichtbar am meisten unter den Pneus zu leiden hatten, sieht Gillan weiter ins Hintertreffen geraten. "Pirelli hat zu Beginn der Saison angegeben, dass das Arbeitsfenster für den harten Reifen bei 110 bis 135 Grad liegt", analysiert der ehemalige Williams-Mann im aktuellen Podcast des Formel-1-Reporters James Allen. "Mercedes ist in der Lage, sehr schnell in diesen Bereich zu kommen - was Teil ihres Problems ist." In der Qualifikation würden sie so zwar eine gute Runde hinbekommen, doch die Pneus würden dann zu schnell außerhalb des Arbeitsfensters landen und somit überhitzen.
"Andere Teams haben Probleme, schnell genug für die Quali in das Arbeitsfenster zu gelangen", so Gillan weiter. "Wenn man die Untergrenze nun von 110 auf vielleicht 100 Grad herabsetzt, bringt es den harten Reifen mehr in Einklang mit den Mediums, die bei 90 Grad losgehen. Das wird mit Sicherheit allen anderen Teams zugutekommen - außer Mercedes." Dem Problem ist man sich bei den Silberpfeilen allerdings auch selbst bewusst.
Potenziert sich das Problem 2014?
"Wir überhitzen die Hinterreifen ein bisschen mehr als unsere Konkurrenten. Das war schon in den vergangenen Jahren in der DNA des Wagens", erklärt Motorsportchef Toto Wolff, versichert aber auch gleichzeitig, dass man hart daran arbeite, herauszufinden, warum das der Fall ist. Schon allein im Hinblick auf 2014 müsse das Team die Probleme lösen, wenn sie sich nicht noch verschlimmern sollen.
"2014 werden wir mit den Turbomotoren mehr Drehzahl haben, was uns vielleicht im nächsten Jahr noch mehr schmerzt", so Wolff. Pirelli-Motorsportchef Paul Hembery erklärt das Problem im kommenden Jahr genauer: "Der neue Antrieb wird mehr Drehzahl als der aktuelle V8 haben, was mehr Potenzial für durchdrehende Räder und Traktionsprobleme am Ausgang der Kurve bietet. Das kann nach Lage der Dinge zu Überhitzungsproblemen führen."
"Es gibt auch ein paar Aussagen, dass es die Balance der neuen Autos schwierig macht, ein passendes Setup mit den aktuellen Reifendimensionen zu finden", so Hembery weiter. "Vielleicht will man einen schmaleren Vorderreifen oder bevorzugt einen breiteren Hinterreifen. Es gibt viele Diskussionen, aber wenn wir gerade über Größenänderungen reden: Es ist leider reichlich spät um das noch zu machen. Es wird also nicht zu einfach für die Teams und uns im nächsten Jahr."
Pirelli muss Reifen ohne Daten entwickeln
Zwar besitzt Pirelli noch keinen Vertrag für 2014, dennoch plant der italienische Reifenhersteller schon im Voraus, denn das neue Reglement stellt Pirelli vor große Herausforderungen: "Es ist ein unglaublich schwieriger Balanceakt", sagt Gillan. "Sie müssen einen Reifen für ein Auto bauen, das noch nicht existiert, und für einen Motor, der im Moment nur auf dem Prüfstand existiert."
Und weil Pirelli natürlich noch keine Testplattform für das kommende Jahr hat, müsse das Unternehmen auf das Feedback der Teams vertrauen, was sich laut Gillan aber ständig verändere. "Außerdem wird der Performance-Unterschied zwischen den großen und kleinen Teams nicht mehr zwei Sekunden betragen, sondern eher fünf oder sechs Sekunden", glaubt der ehemalige Williams-Chefingenieur. Alles muss Pirelli bedenken - ohne konkrete Angaben zu besitzen.