Heidfeld: "Mit Ankündigung hätte Test nie funktioniert"

, 28.05.2013

Nick Heidfeld ist sicher, dass Mercedes die anderen Teams absichtlich nicht über den Reifentest in Barcelona informiert hat, Gerhard Berger sieht auch Pirelli in der Pflicht

Der dreitägige Reifentest von Mercedes in Barcelona erhitzt weiter die Gemüter. Im Sportlichen Reglement der FIA gilt abgesehen von "Filmtagen", Geradeaus- und Young-Driver-Tests ein ausdrückliches Testverbot mit aktuellen Autos während der Saison. Sollte es doch eine Ausnahme geben, müssen alle Teams informiert werden und ebenso die Chance zu so einem 1.000-Kilometer-Test haben. Doch das ist nicht passiert.

Doch wer ist nun schuld an der Misere? Bei Mercedes argumentiert man, der Test sei im Vorhinein bei der FIA beantragt und erlaubt worden - mehr hätte man nicht tun müssen. Doch Ex-Formel-1-Pilot Gerhard Berger will diese Version gegenüber 'ServusTV' nicht gelten lassen: "Es war bei der FIA bekannt, dass ein Test gewünscht wird. Dann wurde genau auf das Reglement hingewiesen und man hat gesagt, dass man bei allen Teams nachfragen muss."

Verwunderung über Mercedes

Doch hier liegt laut Berger das Problem: "Genau das ist nicht passiert." Christian Danner stimmt seinem ehemaligen Formel-1-Rivalen gegenüber 'ServusTV' zu: "Es ist schon ein bisschen dreist, sich hinzustellen und zu sagen: 'Ich habe Charlie Whiting Bescheid gesagt, und deswegen passt das schon, dass ich hier mal 1.000 Kilometer fahre.' Das geht einfach nicht."

Doch in wessen Verantwortung war es nun, die anderen Teams über den Test, der bis zum Monaco-Wochenende geheim geblieben war, in Kenntnis zu setzen? Berger will Mercedes nicht als alleinigen Schuldigen festmachen: "Ich würde Pirelli nicht in Schutz nehmen, denn ich glaube schon, dass es auch in der Verantwortung von Pirelli liegt, das abzuklären. Aber wenn die das versäumt haben, muss natürlich auch Mercedes hinschauen und sagen, ob das abgeklärt ist."

Heidfeld: Andere Teams hätten nie zugestimmt

Doch genau diese Klärung blieb aus. Haben es Mercedes und Pirelli übersehen, dass man die anderen Teams hätte informieren müssen? Schwer vorstellbar, denn gerade in so einer prekären Angelegenheit wie Testfahrten während der Saison kann man davon ausgehen, dass die Teams das Reglement genau prüfen, bevor sie Versuchsfahrten durchführen - zumal das Thema Reifen im Fahrerlager ohnehin für erhitzte Gemüter sorgt.

Auch Ex-Mercedes-Testfahrer Nick Heidfeld kann dies gegenüber 'ServusTV' nicht nachvollziehen. "Das Interessante ist, dass Mercedes alles, was das Reglement betrifft, mit Sicherheit vorher wusste", ist er überzeugt. "Die sind ja auch nicht auf den Kopf gefallen. Wäre es nicht vielleicht politisch cleverer gewesen, das vorher anzukündigen? Nein, denn das hätte nie funktioniert", geht er davon aus, dass es unter diesen Umständen nie zu einem Test gekommen wäre.

Daher wartet Heidfeld nun mit Spannung auf eine Erklärung von Mercedes: "Sie müssen sich - weil sie sich das sicher vorher gut überlegt haben - aus irgendeinem Grund denken, dass es okay ist. Deswegen bin ich sehr gespannt, was da jetzt als Begründung kommt, warum es denn wohl doch ginge, denn die sind mit Sicherheit nicht blindlings reingelaufen."

War der Test ein Vorteil?

Dass auch der Hintergrund, sich durch den Test einen Vorteil zu verschaffen, beim Handeln von Mercedes eine Rolle gespielt hat, ist sehr wahrscheinlich - warum sonst sollte man rund eine Million Euro für dreitägige Versuchsfahrten ausgeben, wenn man daraus keinen Nutzen ziehen kann. "Dass es ein Vorteil war, ist klar", ist Heidfeld überzeugt. "Wie groß der ist, ist aber schwierig zu beziffern - wir waren alle bei dem Test nicht dabei."

Auch McLaren-Star Jenson Button ist sicher, dass Nico Rosberg und Lewis Hamilton vom Test profitiert haben. Dennoch glaubt er, dass Mercedes "auch ohne den Reifentest das Rennen gewonnen hätte". Er ist sich nicht sicher, ob es nun überhaupt Konsequenzen geben werden. "Vielleicht gibt es eine Ohrfeige", sagt er gegenüber dem 'Guardian'. Dass Red Bull und Ferrari in Monaco protestiert haben, liege vor allem daran, dass es Klarheit geben muss: "Wir alle würden liebend gerne 1.000 Kilometer fahren, um die Reifen etwas besser zu verstehen, denn die Tests sind so stark limitiert."

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