Pirellis Motorsportchef Paul Hembery wehrt sich gegen die Vorwürfe wegen des Mercedes-Tests, will aber die Verantwortung für das 2013er-Auto nicht übernehmen
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Die Vorwürfe der Konkurrenz gegen Pirelli und Mercedes waren nach dem umstrittenen Reifentest in Barcelona zwischen den Rennen in Spanien und Monaco enorm - Red Bulls Motorsportkonsulent Helmut Marko hatte den Fall sogar mit der Spionageaffäre 2007 verglichen, als McLaren 100 Millionen Dollar Strafe zahlen musste. Und tatsächlich blieben bisher einige Fragen offen: Hat Mercedes vom Test profitiert? Warum wurden die anderen Teams nicht - wie im Pirelli-Vertrag vorgeschrieben - über den Test informiert und haben erst am Monaco-Wochenende davon erfahren? Warum wurde trotz des Testverbots für aktuelle Boliden ein 2013er-Mercedes verwendet?
Pirellis Motorsportchef Paul Hembery nahm heute in einer extra einberufenen Pressekonferenz zu den Vorwürfen Stellung und versicherte, dass die "Silberpfeil"-Truppe durch den Test keinen Vorteil genossen hat. "Der Test fand mit Reifen statt, die in der Saison 2013 nicht verwendet wurden und verwendet werden. Das ist ein wichtiger Punkt - der Fokus lag auf 2014", sagt der Brite. Gleichzeit nahm man sich aber der Problematik an, dass sich die Lauffläche des Reifens schon bei einem kleinen Einschnitt rasch ablöst - ein Defekt, der sich in dieser Saison bereits mehrmals gezeigt hat.
Keine Erkenntnisse für Mercedes?
Dennoch betont Hembery, dass Mercedes auch von den neuen Pneus, die dieses Problem lösen sollen, nicht profitiert hat. "Der verwendete Reifen bestand aus einer anderen Mischung als der, den wir in der Weltmeisterschaft 2013 einsetzen werden", erklärte er. "Die Tests wurden quasi blind durchgeführt - Mercedes hatte und hat nach wie vor keine Ahnung, was getestet wurde."
Laut Hembery konnte das Team aus Brackley auch den Ablauf des Tests nicht mitbestimmen: "Die Test-Prozedur bezieht sich zu 100 Prozent ausschließlich auf Pirelli. Wir haben es festgelegt, und Mercedes hatte keine Ahnung, was wir getestet haben. Sie konnten keinen Vorteil daraus ziehen - der Vorteil entsteht nur für Pirelli und die Formel 1 allgemein. Der einzige Vorteil für die Formel 1 in dieser Saison bezieht sich auf die Delaminierungen." Das Ergebnis der Mercedes-Tests - ein weiterentwickelter Reifen - soll dann im Freien Training in Kanada von allen Teams ausprobiert werden, und in Silverstone erstmals zu Rennehren kommen. Wenn die Teams nach Montreal noch Änderungen wünschen, werden diese laut Hembery einfließen.
2013er-Auto war Mercedes-Entscheidung
Der Pirelli-Motorsportchef wehrt sich entschieden gegen den immer wieder verwendeten Begriff "Geheimtest", der dadurch oft zur Anwendung kommt, weil die meisten Teams erst am Monaco-Wochenende davon erfahren haben. "Ich denke nicht, dass wir viele James-Bond-Preise gewinnen würden", meint er mit einem Augenzwinkern. "Wir haben den Kurs zwei Tage nach dem Formel-1-Rennen auf unseren Namen gebucht, tauchten mit unseren Trucks auf, das Mercedes-Auto war im typischen Design - und das auf einem Kurs wie Barcelona, wo man, wenn man ein Formel-1-Auto hört, hinkommen und fotografieren kann. Das war also nicht der Fall."
Zudem entlastete man die Truppe von Teamchef Ross Brawn und versicherte, dass Pirelli Datum und Kurs festgelegt hatte und für die Kosten aufgekommen sei. Dass Mercedes aber ein aktuelles Auto zum Test brachte, was im Widerspruch zum aktuellen Reglement steht, will Hembery nicht auf seine Kappe nehmen: "Es wurde behauptet, dass wir uns um ein 2013er-Auto bemüht haben, aber das ist nicht wahr. Wir haben uns um ein repräsentatives Auto bemüht. Soweit wir es verstehen, gab es ausführliche Gespräche zwischen Mercedes und der FIA zu diesem Thema."
Auf die Frage von 'Motorsport-Total.com', warum man nicht, wie eigentlich vertraglich verlangt, alle Teams über den Test informiert hatte, gab Hembery eine ausweichende Antwort: "Es handelte sich um einen privaten Forschungs- und Entwicklungstest, der uns zugute kommt. So etwas ist nicht relevant für die Teams. Mercedes hat für uns nur eine Leistung erbracht. Derzeit haben wir nicht mit allen Teams einen Vertrag. Da muss man verstehen, dass gewisse Dinge vertraulich bleiben müssen."