Jorge Lorenzo: Ist er wirklich schnell genug für die Formel 1?

, 08.12.2016

Der Motorrad-Champion teste schon für Mercedes und beeindruckte Sportchef Toto Wolff - Trotzdem scheint der Wechsel auf vier Räder erst in einigen Jahren denkbar

Einen Motorrad-Weltmeister in einen Formel-1-Boliden zu setzen ist ein Experiment, das immer die Aufmerksamkeit der Szene auf sich zieht. Mick Doohan testete für Williams und Ferrari liebäugelte sogar damit, Valentino Rossi ein Renncockpit anzubieten - das Medienecho war überwältigend. Den ambitionierten - manche mögen formulieren vermessenen - Versuch, nach der Krone auf zwei auch die auf vier Rädern zu ergattern, unternahmen sie nicht. Jetzt spricht man über Jorge Lorenzo.

Nach dem Mercedes-Test des Spaniers in Silverstone im Sommer und dem Rücktritt Nico Rosbergs war es eine Option, den MotoGP-Champion zu holen. Keine wahrscheinliche Variante, aber eine, die bei den Silberpfeilen diskutiert wurde. Denn Lorenzo schlug sich trotz widriger Bedingungen im englischen Landregen achtbar. Sportchef Toto Wolff war sogar überzeugt, dass ein talentierter Formel-4-Pilot sich nicht in der Facon aus der Affäre gezogen hätte, wie es prominente Gast tat.

Zeiten, die einen Vergleich zulassen würden oder Jorge Lorenzos Leistung in Relation zum übrigen Formel-1-Fahrerfeld zuließen, gibt es nicht. "Der Mercedes hat mich beeindruckt. Er ist wirklich extrem, gerade auf einer flüssigen Strecke und er kommt sogar dahin, dass er mit dem Unterboden den Asphalt berührt", sagt er 'GPOne.com' über seinen Test. Klar ist: Lorenzo ließ es fliegen.

Für Wolff war das keine Überraschung: "Schlussendlich sprechen wir von den Besten ihres Faches", erklärt er. "Jemand, der Motorrad, Rallye oder Sportwagen auf diesem Niveau fährt, kann auch ein Formel-1-Auto konkurrenzfähig bewegen." Außerdem sind vier Räder für Lorenzo kein Novum. Er fährt seit 2010 auch Autorennen und holte zahlreiche Sportwagen-Klassensiege auf der Langstrecke - etwa bei den 12 Stunden von Dubai oder den 24 Stunden von Montmelo. Ohne Vorbereitung.

Trotzdem liegt zwischen diesen Erfolgen und einer soliden Formel-1-Karriere noch ein himmelweiter Unterschied. Die Entwicklung des Autos, das Feedback an die Ingenieure, das Beherrschen von Zweikämpfen und der Umgang mit der komplizierten Technik sind Hürden, die nicht einfach zu meistern sind - von der Entwicklung des berühmten "Popometers" ganz zu schweigen.

Lorenzo scheut sich nicht, sich mit seinen Qualitäten offen zu brüsten: "Ich halte mich selbst für ähnlich zu Fernando Alonso. Ich bin eiskalt und entschlossen. Wir machen nicht viele Fehler." Das klingt nach einem guten Mann für die Königsklasse, dessen Herz nicht für Motorräder schlägt. Wenn es um seine Kindheitsidole geht, fallen ihm drei Namen ein: "Senna und Schumacher, aber auch Häkkinen - gerade in denen Jahren des Zweikampfes mit Ferrari", schwärmt Lorenzo.

Was viele nicht wissen: Lorenzo ist im Privatleben ein echter Autonarr. "Ich bin leidenschaftlicher Sammler", erzählt er. Er besitzt einen Porsche GT3 RS, den äußerst seltenen Ferrari LaFerrari und einen Lamborghini. Für den Alltag hat er sich auch noch einen BMW und einen Audi in die Garage gestellt. Er ließ sogar schon verlauten, privat viel lieber Auto als Motorrad zu fahren.

Dennoch genießt es für ihn zunächst Priorität, seinen MotoGP-Wechsel zu Ducati mit einem WM-Titel zu veredeln: "Ich bin die Herausforderung eingegangen und werde alles tun, was in meiner Macht steht, um sie zu meistern", verspricht Lorenzo. Das klingt nach einer (vorläufigen) Absage an Mercedes. Und an den Versuch, das Kunststück des John Surtees zu wiederholen: Der Brite ist bis heute der einzige Fahrer, der in beiden Welten der Beste war. Viermal holte er sich zwischen 1956 und 1960 die Motorrad-Krone, um 1964 auch in der Formel 1 zu triumphieren.

Jetzt kommentieren
Jetzt bewerten

Zum Bewerten musst Du registriert und eingeloggt sein.

Weitere Formel 1-News

Lewis Hamilton hätte sich den WM-Titel nur zu gern 2017 zurückgeholt

Lewis Hamilton stichelt: Nico Rosbergs Rücktritt feige?

Lewis Hamilton wurmt es offenbar, dass er 2017 nicht die Gelegenheit haben wird, sich den WM-Titel in der Formel 1 von Nico Rosberg zurückzuholen. Der Mercedes-Pilot hätte der Welt nur allzu gern …

Nico Rosberg ist über die öffentliche Kritik von Niki Lauda

Doppeltes Spiel: Rosberg verwundert über Lauda-Vorwürfe

Nico Rosberg kann die öffentlich geäußerte Kritik von Niki Lauda an seinem Rücktritt nicht verstehen. In einem Video, in dem er Leserfragen beantwortet, die zuvor von den Facebook-Fans …

Nico Rosberg kehrt der Formel 1 den Rücken - als Fahrer endgültig

"Urlaub ohne Rückflugticket": Rosberg schließt Comeback aus

Der zurückgetretene Formel-1-Champion Nico Rosberg strebt kein Comeback in der Königsklasse an - zumindest wenn es darum geht, sich wieder selbst hinter das Volant zu klemmen. Wie der …

Nach seinem Rücktritt rechnet Nico Rosberg mit seinen Kritikern ab

Nico Rosberg: "Der Gedanke ans Aufhören motivierte mich"

Formel-1-Weltmeister Nico Rosberg gesteht, dass er schon vor einiger Zeit den Wunsch verspürt habe, seine Rennfahrerkarriere zu beenden: "Es war komisch: Der Gedanke ans Aufhören motivierte mich, …

Wenn schon Dominanz, denn lieber von Ferrari findet Monisha Kaltenborn

Kaltenborn: Ferrari-Dominanz wäre besser als Mercedes

Seit 2014 war der Kampf um den WM-Titel in der Formel 1 ein reines Duell der beiden Mercedes-Piloten. Das Silberpfeil-Team hatte sich nach der bisher letzten Regelnovelle einen großen Vorsprung vor der …

AUCH INTERESSANT
BYD: Stella Li verrät das Erfolgsrezept im Interview

AUTO-SPECIAL

BYD: Stella Li verrät das Erfolgsrezept im Interview

BYD kennt inzwischen fast jeder. Doch wer ist Stella Li ? Eine der weltweit mächtigsten Frauen in der Automobilbranche, die wir zum Interview trafen - und Stella Li gab sehr interessante …


Formel1.de

TOP ARTIKEL
VW Golf R 2024 Test: Der letzte Benziner vor dem E-Motor
VW Golf R 2024 Test: Der letzte Benziner vor dem …
Lamborqhini Revuelto Test: Brutal! V12 mit 3 Elektromotoren
Lamborqhini Revuelto Test: Brutal! V12 mit 3 …
BYD Blade-Batterie: Das Geheimnis der Blade-Klinge
BYD Blade-Batterie: Das Geheimnis der Blade-Klinge
News-Abo
Jeden Morgen kostenlos per E-Mail:
Aktuelle Artikel
German Car of the Year 2025: Die besten Autos des Jahres
German Car of the Year 2025: Die besten Autos …
Jeep Avenger The North Face Edition: Die versteckten Extras
Jeep Avenger The North Face Edition: Die …
BMW & Mini: Kino, Gaming und ein Blick in die Zukunft
BMW & Mini: Kino, Gaming und ein Blick in die …
Bridgestone Blizzak 6 Enliten: Der neue Spitzen-Winterreifen
Bridgestone Blizzak 6 Enliten: Der neue …
Audi A6 e-tron 2025: E-Kombi mit über 700 km Reichweite
Audi A6 e-tron 2025: E-Kombi mit über 700 km …


Speed Heads - Sportwagen- und Auto-Magazin

Das Auto und Sportwagen Magazin mit täglich aktualisierten Auto News, Motorsport News, Auto Tests, Sportwagen Berichten und der streng geheimen Auto Zukunft. Speed Heads ist die Community für echte Auto-Fans und informiert im Sportwagen Magazin über Neuigkeiten aus der Welt der schnellen Autos.

  • emotiondrive Logo
  • World Car Awards Logo
  • Motorsport Total Logo