Jubiläum als Schlüsseljahr: MP4-28 in Woking enthüllt

, 31.01.2013

50 Jahre nach der Teamgründung wurde heute der neue McLaren MP4-28 in Woking enthüllt - Das Auto, das an den Vorjahresboliden erinnert, ist zum Erfolg verdammt

Ein halbes Jahrhundert nach der Gründung des McLaren-Rennstalls durch Bruce McLaren geht die Truppe aus Woking mit der Präsentation des brandneuen MP4-28 für die Saison 2013 in eine neue Ära. Erstmals seit den 1990er-Jahren muss man für die Motoren, die weiterhin von Mercedes stammen, wieder zahlen. Und mit dem erst 23-jährigen Mexikaner Sergio Perez setzt das Team neben der fixen Größe Jenson Button auf einen Youngster, der sein Talent zwar schon bewiesen hat, aber auch als fehleranfällig gilt - er hat mit dem zahlkräftigen Telmex-Boss Carlos Slim einen mächtigen Unterstützer. Perez tritt in die Fußstapfen von Lewis Hamilton, der nach sieben Jahren zu Mercedes abwandert.

Unverändert ist aber die Liebe zum Detail, auf die man bei McLaren seit jeher großen Wert legt. Das zeigte sich schon im Vorfeld der Präsentation des MP4-28 im McLaren Technology Center, als das Enthüllungstuch noch gebügelt wurde, damit es ja keine Falten aufzuweist. Als Aufgallopp für die Präsentation ließ man zahlreiche geschichtsträchtige McLaren-Boliden aus der 50-jährigen McLaren-Geschichte am See vor der Fabrik vorbei in den Vorstellungsraum einfahren - Erinnerungen an die McLaren-Legenden Bruce McLaren, James Hunt, Ayrton Senna, Mika Häkkinen und Hamilton wurden geweckt.

Auto erinnert an Vorjahresboliden

Was dann - um 12:15 Uhr - vor 250 geladenen Gästen zum Vorschein kam, sieht auf den ersten Blick wie eine konsequente Evolution des Vorjahresautos aus. Der MP4-28, der nach dem Lotus E21 als zweites Auto der neuen Saison präsentiert wurde, war zwar im Vorfeld als durchaus radikal bezeichnet worden, die Erwartungshaltung wurde aber nicht erfüllt. Die Nase ist im Gegensatz zum Lotus nicht mit einer Stufe versehen. Die Seitenkästen sind tief eingezogen und auch das Auspuffsystem erinnert an das Vorjahr.

Das muss aber nichts bedeuten, denn wie jedes Jahr bringen die Teams spannende Aerodynamikentwicklungen meist erst bei den Testfahrten. Auch Button ist bewusst, dass der neue McLaren auf den ersten Blick mit auffälligen Neuigkeiten geizt: "Durch das gleich gebliebene Farbschema sieht er wie im Vorjahr aus, aber unter der Haut ist dieses Auto ganz anders. Da sich aber die Regeln nicht großartig geändert haben, kann man schon von einer Evolution sprechen." Der 33-Jährige stellt jedenfalls den Titelanspruch: "Wir wollen Weltmeister werden."

Damit ist er nicht alleine. Sein um zehn Jahre jüngerer Teamkollege Perez - ebenfalls ein "Reifenflüsterer" - stellt sofort klar: "Ich will mit diesem Auto die WM gewinnen - das ist mein Ziel, und das muss bei McLaren dein Ziel sein. Ich will mit Jenson zusammenarbeiten." Der Stolz ist dem Youngster, der im Vorjahr noch für Sauber ins Rennen ging, anzusehen: "Es ist ein tolles Gefühl, meinen Namen auf diesem Auto zu sehen."

14 Jahre ohne Konstrukteurstitel

Mit dem neuen Auto soll es endlich gelingen, den Erfolg nach Woking zurückzubringen. Seit dem Rückzug von Ron Dennis als Teamchef Ende 2008 und der Übernahme von Martin Whitmarsh ist es dem britischen Traditionsteam nicht mehr gelungen, einen Fahrertitel zu holen. Das letzte Mal gelang dies durch Hamilton im Jahr 2008 - vor der großen Reglementrevolution.

Noch düsterer sieht es in der Konstrukteurs-WM aus, wo McLaren in diesem Jahrtausend immer noch erfolglos ist. Auf den Titel im Jahr 1998 folgte eine Durststrecke von 14 Saisons. 2013 wird daher ein Schlüsseljahr, schließlich muss Teamchef Whitmarsh beweisen, dass er mit Perez einen veritablen Ersatz für den anerkannten Toppiloten Hamilton geholt hat.

Zudem haben sich bei der Perfektionistentruppe in den vergangenen Jahren immer wieder Fehler eingeschlichen, die sich über die Saison hinweg summierten und schließlich verhinderten, dass Whitmarsh seinen ersten Titel als Teamchef feiern darf. McLaren profitiert zwar immer noch vom enormen Test-Know-how der Vergangenheit, doch die fetten Jahre, als man in Woking aus dem Vollen schöpfen konnte, könnten bald vorbei sein, wenn nicht bald ein WM-Triumph eingefahren wird.

Gelingt McLaren die Trendwende?

Das liegt auch daran, dass Dennis' Lebenswerk, die Produktion von luxuriösen Supersportwagen, bisher nicht den erhofften Anklang findet und McLaren in diesem Unternehmenssektor Verluste schreibt. Die Mercedes-Gelder werden in Woking in Zukunft ebenfalls fehlen, auch Hauptsponsor Vodafone fährt sein Engagement von Jahr zu Jahr zurück - Gerüchte über ein Ende der Partnerschaft mit Saisonende wollen nicht verstummen. Und mit den Wechselgerüchten um Technikchef Lowe, der nach fast 20 Jahren bei McLaren mit Mercedes in Verbindung gebracht wird, könnte den Briten eine Schlüsselperson abhanden kommen.

Um die bösen Geister endlich aus Woking zu verjagen und wieder für etwas Aufbruchsstimmung zu sorgen, käme ein Erfolg in dieser Saison also gerade zum rechten Zeitpunkt. Beim Testauftakt in Jerez am kommenden Dienstag, den Button bestreitet, wird das Team einen ersten Eindruck erhalten, ob der MP4-28 das Zeug zum Weltmeisterauto hat.

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