Kaltenborn: "Unterm Strich ändert sich nicht viel"

, 11.10.2012

Stabübergabe bei Sauber: Wie Monisha Kaltenborn das Team an die Spitze führen will und warum sie von Peter Sauber für die ideale Nachfolgerin gehalten wird

Peter Sauber hat schon immer gesagt, dass er mit 70 Jahren nicht mehr am Kommandostand stehen möchte, und zwei Tage vor seinem 69. Geburtstag übergibt er die operative Leitung des von ihm aufgebauten Teams endgültig an Monisha Kaltenborn. Die 41-jährige Österreicherin, geboren in Indien, hält seit heute nicht mehr nur ein Drittel der Sauber-Anteile, sondern ist nun auch offiziell Teamchefin - als erste Frau der Formel-1-Geschichte.

Aber: "Erste Teamchefin zu sein, ist mir nicht so wichtig", winkt Kaltenborn ab und erklärt: "Was die Arbeit selbst angeht, ändert sich nicht viel. Ich trage schon seit einiger Zeit die operative Verantwortung in Hinwil. Das bleibt so. Und ins Tagesgeschäft an der Rennstrecke war ich auch voll involviert, auch wenn ich mich natürlich mehr auf Peter verlassen und mit mehr Angelegenheiten zu ihm kommen konnte. Aber unterm Strich ändert sich nicht viel."

Dass Kaltenborn im Motorsport Karriere machen würde, war lange Zeit nicht absehbar. 1998 wechselte sie von einer Wiener Rechtsanwaltskanzlei zur Fritz-Kaiser-Gruppe nach Liechtenstein, die damals am Sauber-Team beteiligt war. Kaltenborn kümmerte sich um Kaisers Formel-1-Angelegenheiten und wechselte im Jahr 2000 in die Rechtsabteilung in Hinwil, als Kaiser sein Engagement in der Königsklasse beendete.

Für Saubers Dolmetscherin gehalten

"Am Anfang fand ich es gar nicht so interessant", gibt die zweifache Mutter, verheiratet mit einem deutschen Rechtsanwalt und wohnhaft in der Schweiz, zu. Ihr Interesse wuchs aber, als sie plötzlich auch die interessanteren Verträge prüfen durfte. Immer öfter trat sie an der Seite von Peter Sauber auf - und wurde einmal von einem anderen Teamchef für die Dolmetscherin des nur gebrochen Englisch sprechenden Schweizers gehalten. Diese Zeiten sind aber längst vorbei.

Sauber erkannte 2009 erstmals die unternehmerische Eignung seiner Mitarbeiterin und installierte diese zunächst als Geschäftsführerin. "Der Rückkauf des Teams von BMW war eine sehr schwierige Zeit", erinnert er sich. "Ich hatte damals eine sehr starke Unterstützung von Monisha. Das war ein Moment, wo ich schon realisiert habe, was für Fähigkeiten sie hat, und vor allem dass sie in der Lage ist, die Firma in Hinwil zu führen."

Kaltenborn macht indes gar keinen Hehl daraus, dass sie kein "Benzinbruder" ist, und gibt zu, dass sie sich an der Rennstrecke "gar nicht einmischen" will, "denn dafür haben wir Spezialisten". Laut Sauber kein Problem: "Der juristische Teil ist sicher ihr Stammgebiet. Es ist aber genauso wichtig, dass man schnell richtige Entscheidungen trifft. Das ist etwas, was Monisha auszeichnet, und das ist in der Formel 1 eminent wichtig."

Sauber stolz auf Nachfolgeregelung

Doch auch wenn sich an den operativen Aufgaben nicht viel ändert, eines ändert sich sehr wohl: "Es ist die Verantwortung, die drückt - die ist natürlich groß", weiß Sauber aus eigener Erfahrung. "Es ist für einen Betrieb unserer Größe, wenn man so will einen Familienbetrieb, schwierig, eine Nachfolgeregelung zu finden, besonders in der Formel 1. Dass wir eine Nachfolgeregelung haben in Hinwil, macht mich nicht nur glücklich, sondern darauf bin ich auch stolz."

"Wenn man so eine Lösung hat, sollte man sie auch nutzen", findet der 68-Jährige, der seit dem BMW-Ausstieg auch seinen Sohn Alex in der Geschäftsführung installiert hat. "Wenn junge Leute - und aus meiner Sicht ist Monisha noch sehr jung - bereit sind, die Verantwortung zu übernehmen, dann ist es wichtig, dass man ihnen die Verantwortung gibt. Es ist ja nicht so, dass mir die Formel 1 keine Freude mehr macht oder dass ich müde bin. Das ist nicht der Fall."

Kaltenborn hat vor, das Vermächtnis ihres Vorgängers würdevoll fortzuführen: "Es ist sein Team, es trägt seine Handschrift. Daran wird sich nichts ändern", sagt sie, fügt aber an: "Wir sind zwei verschiedene Menschen mit zwei verschiedenen Persönlichkeiten. Da wird man unweigerlich eine Veränderung spüren. Aber die Basis sind gemeinsame Werte zum Beispiel in Bezug auf die Arbeitsweise, die voll und ganz kongruent sind."

Sauber soll zur Nummer eins werden

"Wir haben auch die gleichen Ziele", fährt Kaltenborn fort und legt sich die Latte für die nächsten Jahre selbst enorm hoch: "Der Name Sauber soll im Motorsport weiter etabliert werden und eines Tages an der Spitze stehen. Uns ist vollkommen bewusst, dass es für uns als Privatteam schwierig ist, mit den Teams zu konkurrieren, die vor uns stehen, denn die haben einfach mehr Ressourcen - vielleicht finanziell, vielleicht personell."

"Wenn man begrenzte Mittel hat, muss man auch sorgfältig darüber nachdenken, wo man Geld investiert. Ich glaube, da haben wir die richtigen Entscheidungen getroffen", findet sie. "Unser Ziel für nächstes Jahr ist ganz klar, mehr Mittel hereinzubekommen. Wenn uns das gelingt, sollten wir nächstes Jahr ein gutes Auto haben. Wenn wir mehr Ressourcen haben, können wir mehr ausrichten, speziell mit der Infrastruktur, die wir haben."

Sauber wird sich indes mehr und mehr aus dem Tagesgeschäft zurückziehen und kann sich wieder mehr seinem Privatleben widmen. Mit seiner Harley-Davidson hat er schon dieses Jahr 3.000 Kilometer geschafft - und 2013 könnten es noch mehr werden. "Ich hoffe, dass ich nichts vermisse", meint er. "Ich werde mich ganz sicher wieder etwas daran gewöhnen müssen, aber das hat durchaus auch schöne Perspektiven."

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