Während Sebastian Vettel versöhnliche Töne in Richtung Lewis Hamilton anschlägt, hat der wenig Lust auf ein Gespräch: "Was passiert ist, ist respektlos"
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Sebastian Vettel möchte nach der Eskalation mit Lewis Hamilton beim Grand Prix von Aserbaidschan in Baku noch vor dem nächsten Rennen in Spielberg eine Aussprache suchen. Doch dazu wird es wahrscheinlich nicht kommen: "Er hat meine Nummer nicht", winkt Hamilton, auf ein mögliches Telefonat in den nächsten Tagen angesprochen, ab. Er stehe für eine klärendes Gespräch nicht zur Verfügung, denn: "Ich lasse lieber Taten auf der Strecke sprechen. Das ist mir wichtiger."
Zuvor hatte Vettel in seinen ersten Interviews zwar wenig Reue gezeigt, aber die Hand für eine Aussprache ausgestreckt. Er habe nicht vor, das Gespräch mit seinem WM-Rivalen vor Journalisten zu suchen, aber: "Ich spreche mit ihm, wenn ihr nicht da seid. Ich werde unter vier Augen mit ihm sprechen und wir werden das Thema klären. Und dann normal weitermachen."
Denn an seiner hohen Meinung vor dem Rennfahrer Hamilton habe sich durch den Grand Prix in Baku nichts geändert: "Ich habe immer noch Respekt. Und ich habe kein Problem mit ihm. Heute gab es nur ein Manöver, das falsch war", sagt Vettel und unterstreicht: "Ich respektiere ihn dafür, der Rennfahrer zu sein, der er ist."
Der WM-Kampf werde "nicht anders als bisher" weitergehen, glaubt der Ferrari-Fahrer: "Ich denke nicht, dass sich etwas ändert. Ich will es gemeinsam mit ihm ausräumen. Es gibt auch gar nicht viel auszuräumen."
Das scheint freilich eine recht exklusive Meinung zu sein. "Jetzt herrscht Krieg", glaubt zum Beispiel Formel-1-Experte Marc Surer. Und Mercedes-Sportchef Toto Wolff erklärt: "Es ist wohl unweigerlich so, dass die Besten der Besten, die um die Weltmeisterschaft kämpfen, an einem gewissen Punkt keine Freunde mehr sein können. Ich glaube, wir haben heute die Grenzen dieses gegenseitigen Respekts aufgezeigt bekommen."
Bevor sich Hamilton zu einem wertenden Urteil hinreißen lässt, möchte er sich erst mal Zeit nehmen, "um das alles zu reflektieren. Aber ich glaube, letztendlich ist das, was heute passiert ist, respektlos. Selbst wenn ich mich ihm gegenüber auf der Strecke böswillig verhalten hätte, mit einem 'Bremstest' oder wie auch immer, würde das meiner Meinung nach nicht so eine Reaktion rechtfertigen."
"Es gibt viele Kids in anderen Motorsportklassen und viele junge Menschen, die uns im TV zuschauen. Die erwarten von einem mehrmaligen Weltmeister, dass er sich anders verhält", kritisiert Hamilton. "Normalerweise sind das Aktionen, von denen man schon im Go-Kart lernt, sie zu unterlassen. Ich hoffe, dass die Kids das nicht sehen und dann irgendwann in der GP2 oder GP3 nachmachen, weil sie glauben, dass es so richtig ist. So fährt man einfach nicht."
Auf die Frage, ob Baku auf den weiteren Verlauf des WM-Duells Einfluss nehmen wird, entgegnet der 32-Jährige: "Das war kein Fair Play. Ich denke, das beantwortet die Frage." Und er tritt nach: "Das war heute ein anderer Sebastian als in den ersten acht Rennen. Ich möchte davon unbeirrt respektvoll bleiben. Ich will Taten auf der Strecke sprechen lassen und diese Weltmeisterschaft auf die richtige Art und Weise gewinnen."
"Der Sport", findet Toto Wolff nichts Schlimmes an den aufkommenden Spannungen, "braucht diese Rivalität. Ich denke, was wir in Baku gesehen haben, ist eine Zutat einer großartigen Weltmeisterschaft." Auch wenn Hamilton menschlich enttäuscht ist: "Ich habe gehört, was Seb nach dem Rennen gesagt hat. Ich finde das ... Ich zeige jedenfalls nicht mit dem Finger auf jemanden."