Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen kann Mercedes nach dem Motorschaden von Lewis Hamilton nicht für die Zuverlässigkeit garantieren - Fehlersuche läuft auf Hochtouren
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Das bisher recht makellose Image der Silberpfeile von Mercedes in der Formel 1 hat am vergangenen Wochenende einen Kratzer abbekommen. Nachdem beim Grand Prix von Malaysia am Auto von Lewis Hamilton der Mercedes-Motor in Rauch und Flammen aufgegangen war, kommt im WM-Kampf des Briten gegen Teamkollege Nico Rosberg plötzlich ein Faktor ins Spiel, den das Team nur bedingt kontrollieren kann: Die Zuverlässigkeit.
"Was in Malaysia passiert ist, war so mit das schlimmste, was passieren kann", sagt Sportchef Toto Wolff am Samstag am Rande des Grand Prix von Japan in Suzuka. "Wir möchten nicht, dass ein defektes Auto Einfluss auf die Fahrermeisterschaft hat. Es ist zwar ein technischer Sport, aber wir versuchen das nach Möglichkeit zu vermeiden." Doch rückblickend könnte genau dieser Motorschaden von Malaysia, der Hamilton den möglichen Sieg und damit 25 WM-Punkte gekostet hat, der entscheidende Moment der Formel-1-Saison 2016 gewesen sein.
Doch er soll ein Einzelfall bleiben. Weitere Defekte, welche die WM endgültig zu einem Glücksspiel machen würden, will Mercedes unbedingt vermeiden. Daher läuft die Fehlersuche an Hamiltons Aggregat, welches umgehend in die Mercedes-Motorenfabrik in Brixworth transportiert wurde, auf Hochtouren. "Die Truppe arbeitet rund um die Uhr, ich bekomme zu den unmöglichsten Zeiten E-Mails aus England", lobt Wolff den Einsatz der Mannschaft im Motorenwerk.
Motorschaden kam ohne jede Vorwarnung
Bisher ist jedoch lediglich klar, dass der kapitale Motorschaden durch einen Defekt an der Kurbelwelle verursacht wurde. Welche Ursache diesem zu Grunde lag, darüber hat Mercedes aber noch keine Klarheit. "Innerhalb einer Woche kann man nicht bis zur Wurzel des Übels vordringen", sagt Wolff. "Wir schauen uns auch einen anderen Motor aus dem gleichen Pool an, um Gemeinsamkeiten zu finden. Es gibt einige Bereiche, die bei der Suche nach der Ursache interessant aussehen, aber sie haben den Motor erst seit drei Tagen."
Die Vermutung, Hamilton habe seinem Motor in der Hitze Malaysias zu viel zugemutet, weißt Wolff entschieden zurück. "Das stimmt nicht", stellt er klar. Red-Bull-Motorsportchef Helmut Marko hatte gemutmaßt, Hamilton sei von seinen Verfolgern Daniel Ricciardo und Max Verstappen in den Motorschaden gehetzt worden.
'Sky'-Experte Marc Surer war aufgefallen, dass Hamilton vor dem Defekt zwei Runden lang hinter dem zu überrundenden McLaren-Piloten Jenson Button festgehangen hatte. "Er hing eine Weile lang fest und hat blaue Flaggen gefordert", stuft Wolff diese Beobachtung als zutreffend ein. "Das hatte aber keine Auswirkungen, alle Parameter waren im gründen Bereich. Deswegen kam es so überraschend, als er nach Kurve 15 plötzlich hochgegangen ist."
Toto Wolff kann Zuverlässigkeit nicht garantieren
Auch wenn die genaue Ursache für den Defekt noch nicht gefunden ist, musste Mercedes für den Grand Prix von Japan darauf reagieren. "Wir haben verschiedenen Maßnahmen ergriffen, auf die ich nicht näher eingehen kann, nur um der Frage vorzubeugen", wiegelt Wolff mögliche Nachfragen ab.
Diese wurden allerdings zuvor teilweise schon von Technikchef Paddy Lowe beantwortet. "Wir haben ein etwas konservativeres Öl genommen. Es ist ein Öl mit einer etwas höheren Viskosität, was zu etwas mehr Reibung führt", hatte der Lowe am Freitag bei 'Sky Sports F1' gesagt. Dabei soll es sich um einen Schmierstoff handeln, wie er vor dem letzten Motorenupdate in Spa-Francorchamps verwendet worden war.
Auch bei einigen anderen Parametern wird der Motor etwas konservativer betrieben. "Wir fahren ihn nicht ganz so scharf, wie es möglich wäre", sagt Wolff. Diese Vorsichtsmaßnahmen kosten pro Runde rund eine Zehntelsekunde, sollen lauf Wolff aber im Rennen weniger Auswirkungen haben als im Qualifying-Trimm.
Doch auch diese Sofortmaßnahmen lassen den Sportchef nicht ruhig schlafen. "Das gibt uns nicht die unbedingte Garantie und das Vertrauen, dass wir morgen auf der sicheren Seite sind", sitzt Wolff die Angst vor weiteren Motorschäden im Nacken. "Das ist keine einfache Situation." Deutlich entspannter geht hingegen Nico Rosberg mit der Problemzone Haltbarkeit um. "Ich mache mir keine Sorgen, denn abgesehen von Lewis' Problem in Malaysia war es die ganze Saison lang in Ordnung", sagt der Deutsche. "Ich sehe keinen Grund, warum das noch einmal passieren sollte."