Christian Klien nimmt Stellung zu den Strafen für Romain Grosjean in Ungarn und schließt einen Fahrerwechsel bei Lotus nicht aus
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Romain Grosjean wurde am Tag nach dem Grand Prix von Ungarn erstmals Vater und kann so die Enttäuschung über seinen von Startplatz drei herausgefahrenen sechsten Platz verdauen. Im Verlauf der 70 Runden auf dem Hungaroring fing sich Grosjean gleich zwei Strafen ein. Zunächst musste er für sein gegen Felipe Massa in Kurve vier vorgetragenes Überholmanöver einmal durch die Boxengasse rollen, weil er im Duell mit dem Ferrari-Piloten mit allen vier Rädern die Strecke verlassen hatte. Nach der Zieldurchfahrt brummten die Rennkommissare dem Lotus-Piloten eine 20-Sekunden-Zeitstrafe für die Kollision mit McLaren-Fahrer Jenson Button auf.
Ex-Formel-1-Pilot Christian Klien - in der Vergangenheit selbst mehrfach als dritter Rennkommissar im Einsatz - teilt die Ansicht der Ungarn-Stewards rund um Allan McNish nur teilweise. "Das Manöver gegen Massa war ein guter, unerschrockener Move", urteilt Klien in seiner Kolumne für 'Pitpass' und erklärt: "Kurve vier auf dem Hungaroing ist eine echte Herausforderung, denn man kommt über eine kleine Kuppe und sieht den Scheitelpunkt der Kurve nicht. Man muss blind einlenken und hoffen, den Scheitelpunkt zu treffen."
Dass Grosjean und Massa in eben jener Kurve Seite an Seite fuhren, zeigt nach Meinung des Österreichers "sowohl Talent als auch Vertrauen", denn "hätte Massa zu früh eingelenkt, dann hätte er den inneren Randstein berührt und sein Auto wäre in das von Grosjean gerutscht". Stattdessen fuhren der Ferrari und der Lotus gemeinsam durch die Kurve und berührten sich nur beinahe. "Dass Grosjean anschließend bestraft wurde, weil er zehn Zentimeter neben der Strecke unterwegs war, mag vom Wortlaut der Regeln her in Ordnung gehen. Ich persönlich fand die Entscheidung aber ein bisschen zu hart und bin mir nicht sicher, ob ich als Rennkommissar auch so entschieden hätte", so Klien.
Fahrerwechsel bei Lotus?
Im Gegensatz dazu hält der 30-jährige Österreicher, der es in seiner eigenen Formel-1-Karriere auf 50 Grand-Prix-Starts für Jaguar, Red Bull und HRT brachte, die 20-Sekunden-Zeitstrafe für Grosjean infolge der Kollision mit Button gerechtfertigt. "Er war ja schon vorbei und hatte keinen Grund, die Tür zuzuwerfen. Wenn er einfach in gerader Spur gebremst hätte, wäre Button niemals an ihm vorbeigekommen. Das war ein dummes Manöver und sehr schade, denn Grosjean war einer der schnellsten Fahrer auf der Strecke", so Klien in Anspielung auf die Szene bei der Anfahrt zur Schikane in Runde 24.
Zusammenfassend fällt Kliens Grosjean-Analyse wie folgt aus: "Mich erinnert er ein bisschen an Pastor Maldonado. Beide sind sehr, sehr schnelle Fahrer, denen aber das letzte Quäntchen Bewusstsein fehlt, wenn es darum geht, was um sie herum passiert."
Angesichts der Tatsache, dass Grosjean nach zehn von 19 Saisonrennen satte 85 WM-Punkte weniger als Teamkollege Kimi Räikkönen auf dem Konto hat, schließt Klein einen Fahrerwechsel bei Lotus nicht aus. "Für mich stellt sich schon die Frage, ob wir nicht in Zukunft Nico Hülkenberg oder Davide Valsecchi in diesem Auto sehen werden", so der Österreicher im Hinblick auf den E21 mit der Startnummer 8.