Niki Lauda über WM-Chancen, Teamorder, Reifen für die kommende Saison und warum er die Turbo-Ära zu seiner aktiven Zeit "überhaupt nicht" mochte
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Den Weltmeistertitel hat Mercedes-Aufsichtsrat Niki Lauda für seine Mannschaft abgeschrieben. Die 48 Punkte von Lewis Hamilton auf Sebastian Vettel in der Fahrer- sowie die 69 Zähler Rückstand auf Red Bull in der Teamwertung sind eine Ansage. Dazu analysiert der 64-Jährige gegenüber 'auto motor und sport': "Red Bull ist im Gesamtpaket besser. Sie haben Strecken, wo sie alles gewinnen und welche, wo sie gegen uns ihre Aerodynamikvorteile nicht so ausspielen können, aber trotzdem dicht hinten dran sind."
Bei seinen Silberpfeilen macht der Österreicher "noch größere Schwankungen" aus. "Wir müssen auf den Rennstrecken zubeißen, wo Red Bull nicht ganz so gut ist. Davon wird alles abhängen. Wie viele Strecken im Restprogramm passen Red Bull und wie viele nicht? Vielleicht liegen Spa und Monza nicht auf ihrer Welle, aber dann werden ihre Hausstrecken wieder kommen", prophezeit er.
Doch nicht nur Mercedes möchte sich an Red Bull heran kämpfen, auch Ferrari (3./194 Punkte) und Lotus (4./183Punkte) mischen als ernstzunehmende Konkurrenten in der Teamwertung mit. Lauda sieht darin keinen Nachteil für sein Team. "Was die Konstrukteurs-Meisterschaft angeht", behauptet er, sei es "ein Vorteil". "Ferrari und Lotus wechseln sich ab. Wir sind mit unseren beiden Topfahrern konstant vorne dabei."
Noch ist von Teamorder nicht die Rede
Zuletzt äußerte sich Red-Bull-Motorsportkonsulent Helmut Marko, Mercedes setze im Saisonendspurt alles auf Hamilton und mache Rosberg zu dessen Gehilfen, um noch ein Wort um die Titelentscheidung mitreden zu können. Dem schiebt Lauda - wie bereits Ende Juni in einem Statement - zumindest vorerst den Riegel vor. "Bei uns gibt es eine klare Ansage: Jeder kann machen, was er will. In der Situation entscheiden zu müssen, sind wir noch bei weitem nicht." Man könne es "noch offen lassen", so Lauda, bis es die Situation zu einem späteren Zeitpunkt möglicherweise erfordert.
Angesprochen auf die Turbo-Ära ab der kommenden Saison lässt der Österreicher kein gutes Haar an den Motoren, die während seiner aktiven Zeit zum Einsatz kamen. Das habe ihm "überhaupt nicht" gefallen, sagt Lauda, "weil ich im Training einen Motor mit 1.200 PS fahren musste, der dann im Rennen nur noch 600 PS hatte". Darüber müssen sich die aktuellen Piloten jedoch keinen Kopf machen. "Das wird in Zukunft nicht mehr so sein. Die neuen Motoren werden im Training etwas mehr PS als im Rennen haben, dafür werden sich die Turbomotoren viel besser fahren lassen. Die Fahrer können sich freuen", sagt er.
Warnung von Lauda
Eine entscheidende Frage wird sein, wie Pirelli die Reifen gestalten wird: Breitere Reifen oder größerer Durchmesser? Für Lauda "eine ganz entscheidende Frage": "Charlie Whiting (Renndirektor und Sicherheitsbeauftragte der Formel 1; Anm. d. Red.) hat an alle Teams geschrieben, dass Pirelli beides will: Größere Durchmesser und breitere Reifen. So wie ich das verstehe, wird das jetzt von der FIA allein entscheiden. Die Teams da zu involvieren, halte ich für sinnlos, weil eh nichts dabei rauskommt", betont er und schiebt eine Warnung voraus.
"Wenn wir da Pirelli nicht lückenlos die Daten über die Motoren und Autos liefern, dürfen wir uns nicht wundern, wenn wir nächstes Jahr in Melbourne wieder dastehen und über die Reifen schimpfen. Das darf nicht noch einmal passieren. Pirelli soll ohne Einfluss der Teams festlegen, wie die nächstjährigen Reifen auszusehen haben. Sonst kann man ihnen keinen Vorwurf machen, wenn wir wieder in Probleme rutschen. Gerade mit den neuen Autos und Motoren ist es wichtig, dass wir stabile Reifen haben. Nur so können wir vernünftig testen", fordert der Österreicher.